Rz. 93

Wird in einer Familie das gesamte Familieneinkommen von einer Person erzielt, muss diese allein ihre Einkünfte versteuern, bei Ehegatten ergibt sich allenfalls ein Vorteil aus der Anwendung des Splittingverfahrens. Besteht die Familie z. B. aus 5 Köpfen, wäre eine mehr oder weniger gleichmäßige Verteilung auf alle Köpfe steuerlich günstiger, da regelmäßig eine Progressionskappung eintritt, das Existenzminimum mehrfach in Anspruch genommen werden kann, wie auch andere Freibeträge, z. B. der Sparer-Pauschbetrag. Aus diesen Gründen drängt sich eine Verlagerung von Einkünften auf Ehegatten oder Kinder geradezu auf ("Familiensplitting").

 

Rz. 94

Unproblematisch ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung die Übertragung des der Einkunftserzielung dienenden Vermögens auf einzelne Kinder, z. B. die Schenkung des vermieteten Hauses oder des Wertpapierdepots, da nunmehr die Kinder die Einkünfte erzielen. Der Nachteil ist naturgemäß, dass damit das zivilrechtliche Eigentum verloren geht und Einflussmöglichkeiten hierauf schwinden. Dies wird vermieden bei der Bestellung von dinglichen oder schuldrechtlichen Nutzungsrechten, z. B. den Nießbrauch (§ 21 EStG Rz. 63ff.).

Bei den übrigen Einkunftsarten, bei denen die entgeltliche Tätigkeit am Markt im Vordergrund steht, ist eine solche Vermögens- und damit Einkunftsübertragung nicht möglich. Hier kommt allein die Gründung einer Gesellschaft infrage, in der das Familienmitglied Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative entfalten muss sowie die Begründung von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und/oder Kindern. Regelmäßig wird das für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils erforderliche Kapital geschenkt. Eine Übertragung von Einkünften auf nahe Familienangehörige ist in verschiedenen Gestaltungen möglich:

  • Die Gründung von "Familiengesellschaften",

    • wie Mitunternehmerschaften,
    • typisch stille Gesellschaften,
    • Unterbeteiligungen,
    • Kapitalgesellschaften,
  • Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten und/oder Kindern,
  • Darlehensverträge,
  • Kapitalanlage zugunsten Dritter,
  • Bestellung von Nutzungsrechten wie Nießbrauch u. a.
 

Rz. 95

Grundsätzlich sind vertragliche Gestaltungen zwischen nahen Familienangehörigen (§ 19 EStG Rz. 52c) anzuerkennen, da sie nicht gegenüber Verträgen zwischen fremden Dritten schlechter behandelt werden dürfen. Dabei steht es Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig sind. Dies gebietet Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG.[1]

Rspr. und Verwaltung stehen solchen Verträgen aber mit – nicht unberechtigter – Skepsis gegenüber, da Vereinbarungen im Familienverband regelmäßig nicht wie unter fremden Dritten ausgehandelt werden, weil es innerhalb eines Familienverbunds regelmäßig an einem Interessengegensatz fehlt, und bei Vereinbarungen Eltern – Kinder die Vermutung naheliegt, dass nicht abziehbarer Unterhalt (§ 12 Nr. 2 EStG) oder sonstige Einkommensverwendung in eine steuerbare Sphäre verlagert werden soll.[2]

 

Rz. 96

Verträge zwischen nahen Familienangehörigen werden nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt, wenn sie eindeutig und ernstlich vereinbart, zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind und entsprechend dieser Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt werden; sog. Fremdvergleich.[3] An den Beweis für die Ernstlichkeit und die tatsächliche Durchführung sind strenge Anforderungen zu stellen. Dieses ist verfassungsrechtlich unbedenklich.[4] Das BVerfG hat aber im Beschluss v. 7.11.1995[5] beanstandet, dass die Rspr. einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung allein aufgrund eines einzigen Indizes versagt hat, ohne eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen. Danach ist die Überweisung des Lohns des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein "Oder-Konto" dann nicht schädlich, wenn aufgrund aller anderen Beweise feststeht, dass das Arbeitsverhältnis eindeutig und ernstlich vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden ist. Der BFH hat hieraus gefolgert, dass die besonderen Anforderungen der Rspr. lediglich Beweisanzeichen (Indizien) sind, und für die Entscheidung, ob die Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Erzielen von Einnahmen stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich (§ 12 EStG) zugehörig sind, eine Gesamtbetrachtung von den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz vorzunehmen ist.[6] Revisionsrechtlich kann diese Gesamtwürdigung nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen einbezogen und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat.[7] Die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertrags[8], ist aber ein besonderes Indiz gegen den Bindungswillen der Beteiligten, das zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung führen kann[9]; die fehlende Besicherung eines Darlehens[10] oder die Vereinbarung eines unüblich niedrigen Kaufpreises[11] stehen der steuerlichen Anerkennung für sich allein nicht entgegen.

 

Rz. 97

Im Einzelnen müssen folgende V...

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