BMF, 8.3.1995, IV B 6 - S 2352 - 8/95

Bezug: Besprechung mit den obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. bis 25. Januar 1995 (LSt I/95, TOP 6 und 7)

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90 (BStBl 1995 II S. 180) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung eines nicht verheirateten Arbeitnehmers nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG nicht mehr davon abhängig gemacht, daß im eigenen Hausstand des Arbeitnehmers von ihm finanziell abhängige Angehörige leben. Im BFH-Urteil vom 6. Oktober 1994 VI R 136/89 (BStBl 1995 II S. 184) ist bei verheirateten Arbeitnehmern für jeden Ehegatten eine doppelte Haushaltsführung anerkannt worden, wenn die Ehegatten außerhalb des Ortes ihres gemeinsamen Hausstands beschäftigt sind und am jeweiligen Beschäftigungsort wohnen. Im letztgenannten Urteil hat der BFH zudem die geltende Regelung zur pauschalen Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung in Frage gestellt.

Zur Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgendes:

  1. Die Umsetzung der vom Bundesfinanzhof zur Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung angestellten Überlegungen erfordert grundlegende Änderungen der Lohnsteuer-Richtlinien, die nicht kurzfristig getroffen werden können. Abschnitt 43 Abs. 8 LStR ist deshalb weiterhin anzuwenden.
  2. Bei einem nicht verheirateten Arbeitnehmer ist ein eigener Hausstand im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG anzuerkennen, wenn er eine eingerichtete, seinen Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung hat,

    • die er aus eigenem Recht, z. B. als Eigentümer oder Mieter nutzt, wobei auch ein gemeinsames oder abgeleitetes Nutzungsrecht ausreichen kann,

      und

    • in der er einen Haushalt unterhält, d. h. die Haushaltsführung bestimmt oder wesentlich mitbestimmt; wer z. B. in den Haushalt der Eltern eingegliedert ist oder ein Zimmer in der Wohnung der Eltern bewohnt - wenn auch gegen Kostenbeteiligung -, hat keinen eigenen Hausstand,

      und

    • die den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers darstellt und nicht nur gelegentlich zu Besuchszwecken oder für Urlaubsaufenthalte vorgehalten wird; Abschnitt 42 Abs. 3 Satz 6 bis 8 LStR ist anzuwenden.

    Bei einem eigenen Hausstand können die notwendigen Mehraufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung nach Maßgabe des Abschnitts 43 Abs. 6 bis 9 LStR berücksichtigt werden. Die Erstattung der Mehraufwendungen durch den Arbeitgeber ist bei einem nicht verheirateten Arbeitnehmer weiterhin nur nach Maßgabe des Abschnitts 43 Abs. 5 LStR steuerfrei, weil dem Arbeitgeber die Feststellung der vorstehenden Voraussetzungen nicht auferlegt werden kann.

  3. Bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand ist weiterhin eine zeitlich beschränkte doppelte Haushaltsführung nach Abschnitt 43 Abs. 5 LStR anzuerkennen, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen (Abschnitt 42 Abs. 3 Satz 6 bis 8 LStR) mit ihrer Wohnung am bisherigen Wohnort beibehalten (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Oktober 1994 VI R 39/93 - BStBl II 1995 S. 186).
  4. Im BFH-Urteil vom 6. Oktober 1994 VI R 136/89 (a. a. O.) ist bei einer doppelten Haushaltsführung von beiderseits berufstätigen Ehegatten jedem Ehegatten die Geltendmachung von Verpflegungsmehraufwendungen zugebilligt worden. Danach sind für jeden Ehegatten Verpflegungsmehraufwendungen nach Abschnitt 43 Abs. 8 LStR anzuerkennen. Wenn die Ehegatten am Beschäftigungsort zusammenwohnen, können für die Folgezeit i. S. des Abschnitts 43 Abs. 8 Nr. 2 LStR für jeden Ehegatten Verpflegungsmehraufwendungen ohne Einzelnachweis pauschal nur mit 8 DM täglich anerkannt werden, weil bei den Ehegatten keine getrennte Haushaltsführung vorliegt.
  5. Da es nach dem BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 (a. a. O.) nicht mehr darauf ankommt, daß am Ort des eigenen Hausstands hauswirtschaftliches Leben herrscht, kann eine doppelte Haushaltsführung auch dann anerkannt werden, wenn der berufstätige Ehegatte seinen nicht berufstätigen Ehegatten in die Zweitwohnung mitgenommen hat. In diesem Fall können die Aufwendungen für die Zweitwohnung nur insoweit als notwendig anerkannt werden, wie sie für den berufstätigen Ehegatten allein angemessen sind. Für den berufstätigen Ehegatten sind Verpflegungsmehraufwendungen nach Abschnitt 43 Abs. 8 LStR anzuerkennen.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1

 

Fundstellen

BStBl I, 1995, 168

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