Revision auf Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen (BFH VIII R 16/23)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt des Zuflusses von Betriebseinnahmen beim beherrschenden GmbH-Gesellschafter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem beherrschenden GmbH-Gesellschafter fließen Beträge, die die Gesellschaft ihm eindeutig und unbestritten schuldet, bereits mit deren Fälligkeit i.S.v. § 11 EStG zu, sofern sich die Forderung auf die Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt hat und die Gesellschaft zahlungsfähig ist.

2. Ein mit nicht mehr als 50 % an der GmbH beteiligter Gesellschafter kann bei Zusammenwirken mit anderen Gesellschaftern im gleichgerichteten wirtschaftlichen Interesse als einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt angesehen werden.

3. Der Zufluss ist in Höhe des Bruttobetrages der Forderung zu fingieren.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3, § 11 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist der Zeitpunkt des Zuflusses von Betriebseinnahmen.

Die Kläger sind Ehegatten, die in den Jahren 2011 bis 2013 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in den Streitjahren u.a. mit dem Betrieb eines Ingenieurbüros Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.

In den Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2011 vom 14.02.2011 (Bl. 41 ESt-Akte), für das Jahr 2012 vom 04.12.2013 (Bl. 80 ESt-Akte) und für das Jahr 2013 vom 29.07.2015 (Bl. 114 ESt-Akte) wurden die Gewinne erklärungsgemäß mit 189.160 € in 2011, mit 663.770 € in 2012 und mit 394.290 € in 2013 berücksichtigt. Die Einkommensteuer wurde auf 59.386 € für das Jahr 2011, auf 256.748 € für das Jahr 2012 und auf 153.480 € für das Jahr 2013 festgesetzt. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Der Kläger war zudem neben Herrn B., Dipl. Ing. für Architektur, Gesellschafter der A. Architekten- und Ingenieurgesellschaft mbH (im Folgenden A GmbH). Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft war die Durchführung aller Architekten- und Ingenieursaufgaben, die zu den Berufsaufgaben der freiberuflich (unabhängig und eigenverantwortlich) tätigen Architekten und Ingenieure im Bauwesen gehören, insbesondere alle baulichen Planungs- und Beratungsaufgaben sowie die Leistung und Beaufsichtigung von Baumaßnahmen. Ausgeschlossen waren die gewerblichen Ausführungen von Bauten und die Übernahme von Bauträger- und Baubetreuungsaufgaben sowie die Vermittlung von Grundstücken und die Finanzierung von Bauvorhaben (Handelsregisterauszug Bl. 92 Gerichtsakte). Am Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 100.000 DM waren der Kläger mit einem Geschäftsanteil von 49.000 DM und der Mitgesellschafter B. mit einem Geschäftsanteil von 51.000 DM beteiligt. Zu Geschäftsführern der Gesellschaft waren in den Streitjahren der Kläger und der Mitgesellschafter B. bestellt. Die Gesellschaft wird nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag durch beide Geschäftsführer gemeinsam vertreten. Den Geschäftsführern ist es gestattet, mit sich in eigenem Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft abzuschließen.

Im Rahmen einer beim Kläger im Jahr 2015 für die Jahre 2011 bis 2013 durchgeführten Außenprüfung (vgl. Außenprüfungsbericht vom 14.12.2015) wurde u.a. festgestellt, dass der Kläger in den Streitjahren jeweils kurz vor Jahresende an die A GmbH folgende Rechnungen über erbrachte Leistungen gestellt hatte (Bl. 39 ff. Gerichtsakte), die jeweils erst im Folgejahr beglichen wurden:

Rechnung vom 14.12.2011 Projekt …

A-Nr. …

Netto

80.903,11 €

USt

15.371,59 €

Brutto

96.274,70 €

Rechnung vom 14.12.2011 Projekt …

A-Nr. …

Netto

82.029,67 €

USt

15.585,64 €

Brutto

97.615,31 €

Rechnung vom 18.12.2012 Projekt …

A-Nr. …

Netto

33.000,00 €

USt

6.270,00 €

Brutto

39.270,00 €

Rechnung vom 19.12.2013 Projekt …

A-Nr. …

Netto

74.685,21 €

USt

14.190,19 €

Brutto

88.875,40 €

Rechnung vom 19.12.2013 Projekt …

A-Nr. …

Netto

21.270,26 €

USt

4.041,34 €

Brutto

25.311,60 €

Rechnung vom 19.12.2013 Projekt …

A-Nr. …

Netto

59.391,89 €

USt

11.284,46 €

Brutto

70.676,35 €

Auch durch den Mitgesellschafter B. waren jeweils kurz vor Jahresende folgende Rechnungen an die A GmbH gestellt worden, die ebenfalls erst im Folgejahr beglichen wurden:

Rechnung vom 28.12.2011 Projekt …

Netto

54.612,99 €

USt

10.376,47 €

Brutto

64.989,46 €

Rechnung vom 28.12.2011 Projekt …

Netto

48.176,16 €

USt

9.153,47 €

Brutto

57.329,63 €

Rechnung vom 17.12.2012 Projekt …

Netto

1.571,00 €

USt

298,49 €

Brutto

1.869,49 €

Rechnung vom 20.12.2012 Projekt …

Netto

15.400,75 €

USt

2.926,14 €

Brutto

18.326,89 €

Rechnung vom 19.12.2013 Projekt …

Netto

62.567,11 €

USt

11.887,75 €

Brutto

74.454,86 €

Rechnung vom 19.12.2013 Projekt …

Netto

40.092,01 €

USt

7.617,48 €

Brutto

47.709,49 €

Die in Rechnung gestellten Beträge wurden durch den Kläger bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung für die Streitjahre 2011 bis 2013 jeweils im Jahr der Zahlung (Folgejahr) als Betriebseinnahmen berücksichtigt.

Die vom Kläger und dem Mitgesellschafter B. im Dezemb...

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