Entscheidungsstichwort (Thema)

Ende des Garantiezeitraums zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zur gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung. Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens zur gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung. Mittelbare Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen, die sich im Erziehungsurlaub befinden. Haftung eines Mitgliedstaats bei Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht. Angleichung der Rechtsvorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers

 

Normenkette

EGV Art. 141; Richtlinie 80/987/EWG des Rates

 

Beteiligte

Mau

Karin Mau

Bundesanstalt für Arbeit

 

Verfahrensgang

SG Leipzig

 

Tenor

1. Die Artikel 3 Absatz 2 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sind dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung nationalen Rechts wie § 183 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches IIIentgegenstehen, in der der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers als der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nicht als der Zeitpunkt der Einreichung dieses Antrags definiert wird.

2. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses im Sinne der Artikel 3 und 4 der Richtlinie 80/987 ist dahin auszulegen, dass nur Zeiträume, die ihrer Natur nach zu nicht erfüllten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt führen können, erfasst werden. Ausgeschlossen ist daher ein Zeitraum, in dem das Arbeitsverhältnis wegen eines Erziehungsurlaubs ruht und in dem aus diesem Grund kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht.

 

Gründe

1.

Das Sozialgericht Leipzig hat mit Beschluss vom 30. März 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 12. April 2001, gemäß Artikel 234 EG sechs Fragen nach der Auslegung der Artikel 3 und 4 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23) sowie des Artikels 141 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Mau (im Folgenden: Klägerin) und der Bundesanstalt für Arbeit über die Zahlung von Insolvenzgeld.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrechtliche Regelung

3.

Die Richtlinie 80/987 soll den Arbeitnehmern bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers unbeschadet günstigerer Bestimmungen der Mitgliedstaaten auf Gemeinschaftsebene einen Mindestschutz gewährleisten. Zu diesem Zweck sieht sie insbesondere spezifische Garantien für die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt vor.

4.

Artikel 2 der Richtlinie 80/987 lautet:

(1)

Im Sinne dieser Richtlinie gilt ein Arbeitgeber als zahlungsunfähig,

  1. wenn die Eröffnung eines nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers zur gemeinschaftlichen Befriedigung seiner Gläubiger beantragt worden ist, das die Berücksichtigung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Ansprüche gestattet, und
  2. wenn die aufgrund der genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zuständige Behörde

    • entweder die Eröffnung des Verfahrens beschlossen hat
    • oder festgestellt hat, dass das Unternehmen oder der Betrieb des Arbeitgebers endgültig stillgelegt worden ist und die Vermögensmasse nicht ausreicht, um die Eröffnung des Verfahrens zu rechtfertigen.

(2)

Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte „Arbeitnehmer”, „Arbeitgeber”, „Arbeitsentgelt”, „erworbenes Recht” und „Anwartschaftsrecht” unberührt.

5.

Artikel 3 der Richtlinie 80/987 bestimmt:

(1)

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen.

(2)

Der in Absatz 1 genannte Zeitpunkt ist nach Wahl der Mitgliedstaaten

  • entweder der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers,
  • oder der Zeitpunkt der Kündigung zwecks Entlassung des betreffenden Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers,
  • oder der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers oder der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses des betreffenden Arbeitnehmers wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

6.

Artikel 4 der Richtlinie 80/987 sieht vor:

(1)

Die Mitgliedstaaten können die in Artikel 3 vorgesehene Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen.

(2)

Machen die Mitgliedstaaten von der Möglichkeit des Absatzes 1 Gebrauch, so müssen sie Folgendes sicherstellen:

  • in dem Fall des Artikels 3 Absatz 2 erster Gedankenstrich die Befriedigung der das Arbeitsentgelt betreffenden nich...

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