Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen. Für den Erwerber und für den Veräußerer geltende Kollektivverträge. Den gekündigten Arbeitnehmern gewährte zusätzliche Kündigungsfrist. Berücksichtigung der beim Veräußerer zurückgelegten Beschäftigungszeiten

 

Normenkette

Richtlinie 2001/23/EG Art. 3

 

Beteiligte

Unionen

Unionen

Almega Tjänsteförbunden

ISS Facility Services AB

 

Tenor

Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass der Erwerber unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens bei der Kündigung eines Arbeitnehmers, die mehr als ein Jahr nach dem Übergang des Unternehmens erfolgt, in die Berechnung der Beschäftigungszeiten des betreffenden Arbeitnehmers, die für die Bestimmung der ihm zustehenden Kündigungsfrist maßgeblich sind, die Beschäftigungszeiten einzubeziehen hat, die dieser Arbeitnehmer beim Veräußerer zurückgelegt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Arbetsdomstolen (Arbeitsgerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 1. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juli 2015, in dem Verfahren

Unionen

gegen

Almega Tjänsteförbunden,

ISS Facility Services AB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zehnten Kammer sowie der Richter E. Levits (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Unionen, vertreten durch U. Dalén, S. Forssman, M. Wulkan und D. Hellman,
  • von Almega Tjänsteförbunden und der ISS Facility Services AB, vertreten durch J. Stenmo und J. Hettne,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Februar 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Unionen, einer Gewerkschaft, einerseits, und Almega Tjänsteförbunden, einem Arbeitgeberverband (im Folgenden: Almega), und der ISS Facility Services AB, einer Gesellschaft schwedischen Rechts (im Folgenden: ISS), andererseits, weil die von vier Arbeitnehmern bei Veräußerern zurückgelegten Beschäftigungszeiten im Anschluss an Unternehmensübergänge nicht berücksichtigt wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/23 sieht vor:

„Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.”

Rz. 4

In Art. 3 der Richtlinie heißt es:

„1. Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.

3. Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw[.] bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren.

Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, allerdings darf dieser nicht weniger als ein Jahr betragen.

…”

Schwedisches Recht

Rz. 5

Nach § 6b Lagen (1982:80) om anställningsskydd (Gesetz [1982:80] betreffend den Schutz des Arbeitsplatzes) gehen beim Übergang eines Unternehmens, eines Betriebs oder eines Teils eines Betriebs von einem Arbeitgeber auf einen anderen auch die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen auf den neuen Arbeitgeber über.

Rz. 6

Mit § 28 Lagen (1976:580) om medbestämmande i arbetslivet (Gesetz [1976:580] über die Mitbestimmung im Arbeitsleben) wird Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/23 wie folgt in schwedisches Recht umgesetzt:

„Geht ein Unternehmen, ein Betrieb oder ein Teil eines Betriebs von einem durch einen Kollektivvertrag gebundenen Arbeitgeber im Wege eines Übergangs im Sinne von § 6b des Gesetzes (1982:80) … auf einen neuen Arbeitgeber ü...

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