Entscheidungsstichwort (Thema)

Freier Dienstleistungsverkehr. Beschränkungen. Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen. Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge. Sozialer Schutz der Arbeitnehmer

 

Normenkette

EG Art. 49; Richtlinie 96/71/EG

 

Beteiligte

Rüffert

Dirk Rüffert als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Objekt und Bauregie GmbH & Co. KG

Land Niedersachsen

 

Tenor

Die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ausgelegt im Licht des Art. 49 EG, steht in einer Situation, wie sie dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, einer gesetzlichen Maßnahme eines Hoheitsträgers eines Mitgliedstaats entgegen, mit der dem öffentlichen Auftraggeber vorgeschrieben wird, Aufträge für Bauleistungen nur an solche Unternehmen zu vergeben, die sich bei der Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistungen mindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu zahlen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Oberlandesgericht Celle (Deutschland) mit Entscheidung vom 3. August 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 11. August 2006, in dem Verfahren

Dirk Rüffert als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Objekt und Bauregie GmbH & Co. KG

gegen

Land Niedersachsen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), der Richter J. Makarczyk, P. Kūris und J.-C. Bonichot sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Landes Niedersachsen, vertreten durch Rechtsanwalt R. Thode,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg als Bevollmächtigten,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und O. Christmann als Bevollmächtigte,
  • von Irland, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von N. Travers, BL, und B. O'Moore, SC,
  • der zyprischen Regierung, vertreten durch E. Neofitou als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka und M. Szymánska als Bevollmächtigte sowie durch A. Dziecięlak als Expertin,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch A. Eide und E. Sivertsen als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und C. Ladenburger als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. September 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 EG.

2 Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen Herrn Rüffert als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Objekt und Bauregie GmbH und Co. KG (im Folgenden: Objekt und Bauregie) und dem Land Niedersachsen über die Kündigung eines zwischen Objekt und Bauregie und dem Land Niedersachsen geschlossenen Werkvertrags.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Art. 1 („Anwendungsbereich”) der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1) bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie gilt für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

(3) Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

  1. einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht …

…”

4 Art. 3 („Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen”) der Richtlinie 96/71 sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Unternehmen den in ihr Hoheitsgebiet entsandten Arbeitnehmern bezüglich der nachstehenden Aspekte die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garantieren, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird,

  • durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften und/oder
  • durch für all...

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