1 Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld)

Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind die Agenturen für Arbeit und die Kommunen. Die Agenturen für Arbeit sind im Grundsatz zuständig für alle Leistungen zur beruflichen Eingliederung und die Zahlung von Bürgergeld (Regelbedarf, Mehrbedarfe), einschließlich der Sozialversicherung der Leistungsbezieher. Die übrigen Leistungen werden von kommunalen Trägern (d. h. von Landkreisen, kreisfreien Städten) erbracht. Sie übernehmen insbesondere die Leistungen für

  • Unterkunft und Heizung,
  • Kinderbetreuung und Pflege,
  • weitere Betreuung und Beratung sowie
  • Bildung und Teilhabe.

Im Grundfall arbeiten die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger in einer "gemeinsamen Einrichtung" (gE)[1] zusammen und erbringen damit die Leistungen des SGB II aus einer Hand. Daneben sieht das SGB II das sog. Optionsmodell vor, nach dem kreisfreie Städte und Landkreise die Grundsicherung für Arbeitsuchende in alleiniger Zuständigkeit durchführen können, d. h. auch die Aufgaben der Agenturen für Arbeit übernehmen. Derzeit machen 106 kommunale Träger von dieser Möglichkeit Gebrauch (das Optionsmodell ist max. auf 1/4 der Grundsicherungsträger begrenzt). Alle Träger führen einheitlich die Bezeichnung "Jobcenter".

Personen, die Bürgergeld aufstockend zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung beziehen, werden in der Zuständigkeit der Agenturen für Arbeit betreut und erhalten Leistungen zur Eingliederung nach dem System der Arbeitsförderung.[2] Die Jobcenter bleiben in diesen Fällen lediglich für die Zahlung des Bürgergeldes und ggf. für die Leistungsgewährung an Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft des Beziehers von Bürgergeld zuständig.

2 Anspruchsvoraussetzungen

Anspruch auf Bürgergeld haben erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Das sind Personen, die

  • das 15. Lebensjahr vollendet, aber noch nicht die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht haben[1],
  • erwerbsfähig sind,
  • hilfebedürftig sind und
  • ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.[2]

Nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten ebenfalls Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe haben.

Darüber hinaus müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte für das Jobcenter erreichbar sein.[3] Erreichbar ist, wer sich im näheren Bereich des Jobcenters aufhält und werktäglich Mitteilungen und Aufforderungen des Jobcenters zur Kenntnis nehmen kann. Der nähere Bereich ist der Umkreis des Jobcenters, in dem man es innerhalb von zweieinhalb Stunden erreichen kann.[4]

 
Hinweis

Verweis auf eine vorgezogene Altersrente bis zum 31.12.2026 ausgesetzt

Bezieher von Bürgergeld sind grundsätzlich verpflichtet, eine vorgezogene Altersrente (mit Abschlägen) zu beantragen, um damit ihren Sozialversicherungsanspruch geltend zu machen sowie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu vermeiden. Diese Pflicht ist aber bis zum 31.12.2026 ausgesetzt.

[1] Seit dem Jahr 2012 vom 65. auf das 67. Lebensjahr steigend; § 35 i. V. m. § 235 SGB VI.

2.1 Besondere Personengruppen

2.1.1 Auszubildende

Auszubildende, die eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine betriebliche Berufsausbildung absolvieren, können ergänzend zur Ausbildungsvergütung und ggf. zu einem Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe Bürgergeld erhalten.[1]

2.1.2 Schüler/Studenten

Auch Schüler und Studenten, die im Haushalt der Eltern leben, haben Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie BAföG-Leistungen erhalten oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten. Hingegen haben Auszubildende, die während der Ausbildung in einem Internat/Wohnheim oder beim Ausbildenden mit voller Verpflegung leben sowie Studenten und Schüler, die nicht im Haushalt der Eltern leben, keinen Anspruch auf Bürgergeld. Sie können jedoch ergänzende Leistungen in Form von Mehrbedarfen oder auch, wenn eine besondere Härte vorliegt, weitere Leistungen als Darlehen erhalten.[1]

2.1.3 Ausländer

Für Ausländer gelten Begrenzungen für den Zugang zum Bürgergeld. Sie haben grundsätzlich nur dann Anspruch auf Leistungen, wenn sie sich gewöhnlich (d. h. nicht nur kurzfristig) und rechtmäßig in Deutschland aufhalten und ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Weitere Voraussetzung ist, dass sie entweder als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger erwerbstätig sind oder bereits länger als 3 Monate in Deutschland sind. Von den Leistungen ausgenommen sind grundsätzlich Ausländer und ihre Familienangehörigen, die kein Aufenthaltsrecht haben oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.[1]

 
Praxis-Beispiel

Leistungsausschluss auch für EU-Bürger

Während der ersten 3 Monate nach einer Einreise nach Deutschland gilt damit ein grundsätzlicher Leistungsausschluss für Ausländer und deren Familienangehörige. Dies gilt auch für EU-Bürger, di...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge