Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt Erstattung der Kosten für die Anschaffung und Aufstellung eines Geräteschrankes (Container-Box) zur Unterstellung eines Elektrorollstuhls des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen.

Den Rollstuhl hat die Beklagte dem Beigeladenen wegen seiner Gehbehinderung zur Verfügung gestellt. Sie hat ihm zum Schutz vor Witterungseinflüssen auch eine Plane zum Abdecken des Rollstuhls gewährt. Im Januar 1988 bat der Beigeladene beim Sozialamt der Stadt Mannheim um Übernahme der Kosten für die Lieferung und Aufstellung eines Geräteschrankes für den Rollstuhl. Er gab dazu an, der Rollstuhl könne wegen seines Gewichts und seiner Breite sowie der baulichen Beschaffenheit des Treppenhauses nicht im Keller des Mehrfamilienhauses, in dem er wohne, untergestellt werden. Wegen der Abstellung des Rollstuhls im Freien nahe beim Hauseingang sei es zum Ärger mit Hausbewohnern gekommen. Das Fahrzeug werde oft beschädigt. Nachdem die Beklagte eine Übernahme der Kosten für den Geräteschrank abgelehnt hatte, stellte der Kläger diesen zur Verfügung.

Seine Klage auf Zahlung von 2.111, 50 DM Zug um Zug gegen die Übereignung des Geräteschrankes hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Versicherte habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung des Geräteschrankes gehabt. Zwar umfasse die Pflicht der Krankenkasse zur Gewährung von Hilfsmitteln auch die Erhaltung im gebrauchsfähigen Zustand. Weitere Vorrichtungen, die beim Einsatz des Gerätes aufgrund der besonderen sozialen oder Wohnverhältnisse des Versicherten erforderlich werden, könnten von dieser Verpflichtung jedoch nicht erfaßt sein. Insoweit bestehe kein unmittelbarer Bezug zum Ausgleich der Behinderung. Der Rollstuhl des Beigeladenen werde durch die Abdeckplane im gebrauchsfähigen Zustand gehalten, nämlich vor Witterungseinflüssen geschützt. Den Geräteschrank benötige der Beigeladene aufgrund seiner besonderen sozialen und Wohnverhältnisse.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, der Geräteschrank sei ein Zubehör des Rollstuhls und als solches von der Beklagten zu gewähren. Der Schrank sei für die Erhaltung der Funktions- und Gebrauchsfähigkeit des Rollstuhls notwendig.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. August 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn (Kläger) 2.111, 50 DM Zug um Zug gegen die Übereignung des Geräteschrankes zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Rollstuhl funktioniere auch ohne den Geräteschrank. Schutzvorrichtungen gegen vorsätzliche Beschädigungen von Hilfsmitteln gehörten nicht zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen, denn der Hilfsmittelbegriff laute nur auf die Bereitstellung des funktionsfähigen Hilfsmittels. Für die Umstände des sozialen Umfelds des Versicherten seien die Krankenkassen nicht verantwortlich.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger steht wegen der Kosten des Geräteschrankes kein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Als Grundlage für den Anspruch des Klägers kommt nur § 104 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) in Betracht. Der Beigeladene - Berechtigter i.S. des § 104 Abs. 1 SGB X - hat aber keinen vorrangigen Anspruch gegen die Beklagte. Nach § 182b Reichsversicherungsordnung (RVO) hat der Versicherte Anspruch auf Ausstattung mit Hilfsmitteln; der Anspruch umfaßt auch die notwendige Instandsetzung und Ersatzbeschaffung der Hilfsmittel. Indessen liegen die Voraussetzungen des § 182b RVO hier nicht vor.

Der Geräteschrank ist kein Hilfsmittel. Auch richtet sich das Begehren des Klägers nicht auf die Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung eines Hilfsmittels, nämlich des Rollstuhls.

Die Lieferung des Geräteschrankes gehörte auch nicht zu einer das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Ausstattung mit dem Hilfsmittel. Zwar war die Verpflichtung der Beklagten nach § 182b RVO nicht auf die Gewährung des Rollstuhls beschränkt. Die Ausstattung mit dem Hilfsmittel umfaßt vielmehr auch dessen Erhaltung in gebrauchsfähigem Zustand (BSG SozR 2200 § 182b Nr. 11 S. 34; BSGE 51, 206, 208 = SozR a.a.O. Nr. 19 S. 53). Daraus kann sich ausnahmsweise die Pflicht der Krankenkasse zu Schutzmaßnahmen gegen Beschädigungen des Hilfsmittels ergeben.

Allerdings fällt die ordnungsgemäße Behandlung und Pflege des Hilfsmittels in den Verantwortungsbereich des Versicherten. Dazu gehört auch ein Schutz vor Beschädigungen und vor dem Verlust des Gerätes. Es liegt im eigenen Interesse des Versicherten, das Hilfsmittel ordnungsgemäß zu behandeln und zu pflegen sowie vor Beschädigungen durch Dritte zu schützen. Er kann nicht erwarten und verlangen, daß die Krankenkasse ihm diese Aufgabe abnimmt. Damit wird aber nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse eingeschränkt (BSG a.a.O.). Wenn das Hilfsmittel beschädigt und unbrauchbar wird, hat der Versicherte den Anspruch gegen die Krankenkasse auf Instandsetzung oder Ersatzbeschaffung. Dem Anspruch steht nicht entgegen, daß der Versicherte das Hilfsmittel nicht ordnungsgemäß behandelt oder mangelhaft gepflegt hat. Sein Verschulden ist jedenfalls dann unerheblich, wenn ihm nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann (BSG SozR 2200 § 182g Nr. 2 S. 10). Im Hinblick auf die Pflicht der Krankenkasse zur Instandsetzung und Ersatzbeschaffung der Hilfsmittel kann es auch für sie wirtschaftlich und zweckmäßig sein, das Hilfsmittel durch geeignete Maßnahmen gegen Beschädigungen oder Verlust zu schützen. Eine Pflicht der Krankenkasse, solche Maßnahmen zu treffen, und ein entsprechender Anspruch des Versicherten ergibt sich daraus aber nicht.

Die Gefahr von Beschädigungen oder Verlust des Hilfsmittels kann jedoch ein derartiges Ausmaß annehmen, daß der Anspruch auf Ausstattung mit dem Hilfsmittel berührt wird. Je nach Art des Hilfsmittels werden mehr oder minder häufige Reparaturen notwendig sein. Der Versicherte muß in Kauf nehmen, daß er das Hilfsmittel deshalb gelegentlich für kürzere Zeit nicht benutzen kann. Ob die Krankenkasse ihm in solchen Fällen vorübergehend ein Ersatzgerät zur Verfügung stellen muß, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Beeinträchtigungen im Gebrauch lassen sich aber auch trotz Ersatzbeschaffung nicht vermeiden. Wenn indessen das Hilfsmittel sehr häufig beschädigt wird, kann es für den Versicherten unzumutbar sein, immer wieder auf das Gerät zu verzichten. Die Krankenkasse mag zwar in der Lage sein, ihm immer wieder für die Reparaturzeit ein Ersatzgerät zu liefern. Jedoch schließt der Anspruch auf Ausstattung mit einem Hilfsmittel ein, daß es dem Versicherten im Rahmen des Notwendigen (§ 182 Abs. 2 RVO) grundsätzlich jederzeit zur Verfügung steht. Daraus kann sich bei einem Rollstuhl, den der Versicherte außerhalb des Hauses benutzen soll, die Pflicht der Krankenkasse ergeben, ihm eine Vorrichtung zum Schutz des Gerätes zu gewähren. Der Anspruch setzt aber den Nachweis der ernsthaften Gefahr von häufigen, die Benutzung des Gerätes ausschließenden Beschädigungen voraus mit Ausfällen des Hilfsmittels, die dessen bedarfsgerechte Verfügbarkeit erheblich beeinträchtigen und sich nicht in zumutbarer Weise ausgleichen lassen. Dafür ist dem vorliegenden Sachverhalt nichts zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518183

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge