Leitsatz (amtlich)

1. Bezüge, die der Arbeitgeber einem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer für die Zeit gewährt, in der dieser kein Krankengeld erhält - Karenztage - sind keine Zuschüsse zum Krankengeld iS des RVO § 189 Abs 1 S 3. Sie sind vielmehr Arbeitsentgelt, von dem Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten sind.

2. Die von einem Rentner im Dienste der Kanalgenossenschaft ausgeführte Tätigkeit als Schleusenwärter stellt eine abhängige Beschäftigung dar. Das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Schleusenwärter sich im Bedarfsfalle bei Bedienung der Schleuse durch Familienangehörige vertreten lassen kann und daß er von der Kanalgenossenschaft gepachtetes Land selbständig bewirtschaftet.

3. Bei schwankendem Entgelt und schwankender Arbeitszeit ist bei der nach RVO § 168 Abs 2 erforderlichen Beurteilung, ob die Beschäftigung nebenher gegen einen geringfügigen Entgelt ausgeübt wird, von der voraussichtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Die der Feststellung der Versicherungspflicht oder -freiheit zugrunde liegende vorausschauende Beurteilung (Schätzung) über Entgelt und Arbeitszeit bleibt - für die Vergangenheit - auch dann maßgebend, wenn die als solche richtige Schätzung infolge nicht sicher voraussehbarer Umstände mit dem tatsächlichen Ablauf des Arbeitsverhältnisses nicht übereinstimmt.

 

Leitsatz (redaktionell)

Soweit die Beurteilung der Versicherungspflicht von der Dauer der Arbeitszeit abhängt, müssen auch Zeiten einer echten Arbeitsbereitschaft berücksichtigt werden. Eine sogenannte "Rufbereitschaft" ist im Gegensatz zur echten Arbeitsbereitschaft nicht als Arbeitszeit anzusehen.

 

Normenkette

RVO § 160 Abs. 1 Fassung: 1941-07-01, § 165 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1949-06-17, § 168 Abs. 2 Fassung: 1945-03-17, § 189 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1930-07-26, § 383 Fassung: 1939-12-12; RAMErl 1943-11-02; RFM/RAMErl 1944-09-10

 

Tenor

1.) Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Celle vom 19. Dezember 1956 wird, soweit sie sich auf die Beitragsforderung zur Kranken-, Arbeiterrenten- und Arbeitslosenversicherung für die Krankenbezüge der Versicherten ... während der jeweils ersten drei Tage ihrer Arbeitsunfähigkeit bezieht, mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 27. Oktober 1955 insoweit nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen wird.

2.) Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Celle aufgehoben, soweit es die Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Arbeiterrentenversicherung aus dem Beschäftigungsverhältnis des Rentners ... für die Monate betrifft, in denen dessen Arbeitsentgelt 65,-- DM überstiegen hat.

3.) Auf die Revision der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung wird das Urteil des Landessozialgerichts Celle aufgehoben, soweit es die Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung des Rentners ... betrifft.

4.) Soweit das Urteil des Landessozialgerichts Celle aufgehoben ist, wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Klägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt innerhalb ihres Kanalbereichs mehrere Schleusen- und Brückenwärter. Auf Grund einer am 17. März 1954 vorgenommenen Betriebsprüfung beanstandete die beklagte Krankenkasse, daß die von der Klägerin an die bei ihr beschäftigten Versicherten ..., ... während der jeweils ersten drei Tage ihrer Arbeitsunfähigkeit gezahlten Bezüge nicht zum Entgelt gerechnet und bei Abführung der Sozialversicherungsbeiträge unberücksichtigt geblieben seien. Es handelt sich um Beiträge zwischen 1,78 DM und 4,74 DM, insgesamt 46,18 DM, die die beklagte Kasse für Krankheitszeiten zwischen dem 7. Januar 1952 und 12. August 1953 durch Beitragsbescheid vom 12. April 1954 von der Klägerin nachforderte. Ferner beanstandete die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), daß der für die Klägerin als Schleusenwärter tätige Rentner ... nicht zur Sozialversicherung angemeldet und für ihn keine Arbeitgeberanteile entrichtet worden seien. Sie berechnete für ... der im Jahre 1956 gestorben ist, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1952 = 62,96 DM und vom 1. Januar bis 31. Dezember 1953 = 90,70 DM Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung). Schließlich forderte sie in dem Beitragsbescheid vom 12. April 1954 für drei weitere als Schleusen- bzw. Brückenwärter beschäftigte Rentner Sozialversicherungsbeiträge. Der Gesamtbetrag der Nachforderung bezifferte sich auf 531,32 DM.

Gegen den Bescheid vom 12. April 1954 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, bei den Lohnfortzahlungen für die jeweils ersten drei Tage der Erkrankungen der acht oben genannten Versicherten habe es sich um Zuschüsse zum Krankengeld gehandelt, für die keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Sie trug ferner vor, die Dienstleistungen des Rentners ... seien nach § 168 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei, weil er als Schleusenwärter nur nebenberuflich und gegen ein geringes Entgelt beschäftigt worden sei. Auch die übrigen drei Rentner seien aus dem Gesichtspunkt der Nebenbeschäftigung nicht versicherungspflichtig ... bezog damals eine Rente aus der Arbeiterrentenversicherung in Höhe von monatlich 92,- DM und eine Kriegsbeschädigtenrente von monatlich 20,- DM. Er bewohnte eine Werkwohnung, die unmittelbar an der Schleuse liegt. Außerdem bewirtschaftete er damals 3 ha ihm von der Klägerin verpachtetes Land, auf dem er ein Pferd, drei Milchkühe, zwei Rinder und zwei Zuchtsauen hielt. Seine Tätigkeit für die Klägerin bestand darin, daß er durchkommende Schiffe durchzuschleusen hatte. Er erhielt im Durchschnitt für jedes Schiff 0,40 DM. Seine Einnahmen aus Schleusengeld hatten im Jahre 1953 insgesamt 907,01 DM betragen, und zwar

im Januar

44,65 DM

" Februar

51,16 "

" März

71,50 "

" April

59,37 "

" Mai

87,77 "

" Juni

143,32 "

" Juli

116,40 "

" August

53,77 "

" September

35,21 "

" Oktober

67,60 "

" November

86,77 "

" Dezember

89,49 "

zusammen:

907,01 DM

Sonstige Unterhaltungsarbeiten im Kanal und an der Schleuse verrichtete ... seit Gewährung der Altersinvalidenrente (1947) nicht mehr.

Der Beschwerdeausschuß der beklagten Kasse erkannte im Widerspruchsbescheid vom 6. August 1954 Versicherungsfreiheit des Rentners ... für das Jahr 1952 und der übrigen drei Rentner ohne zeitliche Beschränkung an; im übrigen wies er den Widerspruch der Klägerin gegen die Beitragsnachforderung in Höhe von 90,70 DM für die Beschäftigung des ... im Jahre 1953 und gegen die Nachforderung von 46,18 DM für die Krankenlöhne zurück. Er ermäßigte dementsprechend die Beitragsnachforderung auf 136,88 DM. Der Beschwerdeausschuß sah die Bezüge, die die Klägerin ihren Arbeitern nach § 15 der Tarifordnung B für Arbeiter im öffentlichen Dienst für die ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit gezahlt hatte, als Entgelt im Sinne des § 160 RVO an, das bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen sei. Für ... hätten 1953 die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gezahlt werden müssen, weil sein Verdienst in diesem Jahre die Grenze der Geringfügigkeit (§ 168 Abs. 2 RVO) überschritten habe. Auf § 172 Nr. 7 RVO könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese Vorschrift durch die Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 20 vom 1. Oktober 1946 (ArbBl f.d. brit. Zone 1947, 19) aufgehoben worden sei.

Gegen den am 10. August 1954 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 3. September 1954 Anfechtungsklage beim Sozialgericht (SG) Osnabrück. Sie machte geltend: Die nach § 15 der Tarifordnung B gezahlten Krankenbezüge, die zusammen mit den Barleistungen der Kasse 90 % des Nettolohnes erreichten, seien einheitliche Krankenzuschüsse vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an für deren ganze Dauer. Zwischen der Karenzzeit, während der die Krankenkasse keine Barleistungen zahle, und der Zeit, in der die Kasse Barleistungen gewähre, dürfe nicht unterschieden werden, so daß auch der für die Karenzzeit gezahlte Betrag kein Arbeitsentgelt darstelle.

Gegenüber der Beitragsnachforderung für ... führte die Klägerin aus, er stehe zu ihr in keinem Arbeitnehmerverhältnis, sei vielmehr selbständig. Die Höhe seines Einkommens richte sich nur nach der Zahl der durchlaufenden Schiffe. Wenn die Kanäle zugefroren seien, erhalte er zB überhaupt nichts. Er könne sich jederzeit durch Familienangehörige oder andere Personen vertreten lassen. Im übrigen sei er mit Rücksicht auf die geringe Höhe seines Einkommens nach § 168 Abs. 2 RVO versicherungsfrei. Endlich ergebe sich die Versicherungsfreiheit für ihn auch aus § 172 Abs. 1 Nr. 7 RVO (idF der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung - 1. VereinfVO vom 17. März 1945), wonach Rentner, die u.a. eine Invalidenrente aus der Arbeiterrentenversicherung beziehen, versicherungsfrei seien, sofern sie eine unter die §§ 165 bis 168 RVO fallende Tätigkeit ausübten.

Das SG hat durch Urteil vom 27. Oktober. 1955 den Widerspruchsbescheid vom 6. August 1954, soweit er ... für das Jahr 1953 für versicherungspflichtig erklärte, dahin abgeändert, daß die beklagte Kasse die Krankenversicherungsbeiträge nur für die Monate berechnen dürfe, in denen das Arbeitsentgelt 65,- DM überstiegen habe. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, daß ... zur Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und daß sein Einkommen hieraus im Jahre 1953 die Einkommensgrenze des § 168 Abs. 2 RVO überstiegen habe. Für seine persönliche Abhängigkeit spreche vor allem, daß er seit 1910 bei der Klägerin tätig sei, eine Werkwohnung inne habe und von der Klägerin ein nicht unerhebliches Stück Land gepachtet habe. Seine Unselbständigkeit werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß er nur in einem zeitlich sehr beschränktem Umfange tätig und an Arbeitsstunden nicht gebunden gewesen sei. Auch eine nur "nebenher" verrichtete Tätigkeit im Sinne des § 168 Abs. 2 RVO liege nicht vor, weil das durch die Schleusenwärtertätigkeit erzielte Einkommen des ... im Hinblick auf seine geringen Rentenbezüge für ihn von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen sei. Der Entgelt sei auch deshalb nicht geringfügig, weil er im Jahre 1953 im Monatsdurchschnitt 75,78 DM betragen und damit 1/5 des Gesamteinkommens überstiegen habe. Für die Frage der Versicherungsfreiheit sei jedoch nicht auf das jährliche Einkommen, sondern auf die jeweiligen wöchentlichen oder monatlichen Bezüge abzustellen. Beitragspflicht bestehe deshalb nur, soweit die monatlichen Bezüge die Grenze von 65,- DM überstiegen hätten.

Die Krankenbezüge während der Karenztage hat das SG als Arbeitslohn und damit als Entgelt im Sinne des § 160 RVO angesehen. Wenn die betreffenden Arbeitnehmer nach § 15 der Tarifordnung B während der ersten drei Tage ihrer Arbeitsunfähigkeit 90 % ihres Barlohns erhalten hätten, so handele es sich nicht mehr um Zuschüsse im Sinne des § 189 Abs. 1 Satz 3 RVO, sondern um Arbeitsentgelt ... Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 8. November 1955 zugestellt worden ist, hat diese am 6. Dezember 1955 Berufung eingelegt mit dem Antrag, unter Abänderung des Urteils des SG den Widerspruchsbescheid vom 6. August 1954, soweit darin dem Widerspruch vom 22. April 1954 nicht abgeholfen worden ist, aufzuheben und dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. April 1954 in vollem Umfang stattzugeben.

Die beklagte Krankenkasse hat um Zurückweisung der Berufung gebeten.

Das Landessozialgericht (LSG) hat zunächst durch Beschluß vom 5. Februar 1956 die Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover und die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) beigeladen, weil ihre rechtlichen Interessen durch die Entscheidung in diesem Verfahren berührt würden. Der Beschluß wurde den Beteiligten am 15. bzw. 16. Februar 1956 zugestellt.

Durch Beschluß vom 6. November 1956 hat das LSG den Beiladungsbeschluß vom 9. Februar 1956 wieder aufgehoben und in der Begründung ausgeführt: In Beitragsstreitigkeiten zwischen dem Unternehmer und der zuständigen Krankenkasse würden die Träger der Renten- und der Arbeitslosenversicherung nach § 12 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zur Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (2. LAV) vom 15. Juni 1952 (BGBl I, 403) durch die Träger der Krankenversicherung vertreten. Damit entfalle die Möglichkeit einer Beiladung nach § 75 Abs. 1 oder 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Soweit die übrigen Versicherungsträger eine Vertretung durch die Krankenkasse nicht wünschten, sondern ihre Rechte selbst wahrnehmen wollten, werde ihnen aufgegeben, dies zu den Gerichtsakten anzuzeigen. Daraufhin erklärte der Präsident des Landesarbeitsamts Niedersachsen mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1956, daß die BfArb das Verfahren als Beklagte aufnehme. Er beantragte, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Zugleich legte er Anschlußberufung ein mit dem Antrag, "unter Abänderung des Urteils des SG Osnabrück vom 27. Oktober 1955 die gegen die BfArb gerichtete Klage auch insoweit abzuweisen, als eine Verurteilung erfolgt ist."

Zur Begründung dieser Anträge führte die BfArb aus: Angefochten sei der von der beklagten AOK erlassene Verwaltungsakt über die Nachentrichtung der Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge, nicht aber ein Verwaltungsakt der BfArb. Die beklagte Kasse sei als Einzugsstelle zur Geltendmachung einer einheitlichen, sämtliche Versicherungszweige umfassenden Beitragsforderung, also zur Wahrnehmung fremder Rechte im eigenen Namen legitimiert und handele daher nicht in fremdem Namen nur als Bevollmächtigte der übrigen Versicherungsträger. Auch das Vorverfahren sei nur von der Widerspruchsstelle der beklagten AOK durchgeführt worden. Eine gegen die BfArb gerichtete Klage müßte daher schon wegen einer fehlenden Prozeßvoraussetzung, nämlich der Durchführung des Vorverfahrens, abgewiesen werden. Die BfArb könne in einem Beitragsstreit nur als Beigeladene am Verfahren beteiligt sein. Der die Beiladung aufhebende Beschluß sei daher unzutreffend. Da die erste Instanz bereits eine Teilverurteilung der Beklagten ausgesprochen habe, sei die Einlegung der Anschlußberufung erforderlich. Insoweit könne das ergangene Urteil gegenüber der BfArb ohne Rücksicht auf seine gegenüber der beklagten AOK etwa bestehende sachliche Richtigkeit nicht aufrechterhalten werden.

Die beklagte Krankenkasse hat beantragt, die Berufung der klagenden ... "teils als unzulässig zu verwerfen, teils zurückzuweisen". Die LVA hat sich diesem Antrag angeschlossen.

Das LSG hat durch Urteil vom 19. Dezember 1956, in dessen Rubrum die LVA Hannover als Beklagte zu 2) und die BfArb als Beklagte zu 3) bezeichnet sind, die Berufung der klagenden ... gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 27. Oktober 1955 insoweit als unzulässig verworfen, "als es sich darum handelt, daß für die Arbeitnehmer ... für die jeweils ersten drei Tage ihrer Arbeitsunfähigkeit, während der sie von der Klägerin entlohnt worden sind, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind."

Im übrigen hat es die Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung der BfArb zurückgewiesen. Die Revision wurde zugelassen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG folgendes ausgeführt:

Die Berufung der Klägerin sei unzulässig, soweit es sich darum handele, ob für die Versicherten ... usw. für die jeweils drei ersten Tage ihrer Arbeitsunfähigkeit, während der sie von der Klägerin weiterhin entlohnt wurden, Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Dies ergebe sich aus § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG, weil es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen handele.

Soweit sich die Klägerin gegen die Beitragspflicht für ... für das Jahr 1953 wende, sei die Berufung sachlich nicht begründet. Auf Grund der SVD Nr. 20 vom 1. Oktober 1946 (ArbBl f.d. brit. Zone 1947; 19) sei die Befreiungsvorschrift des § 172 Abs. 1 Nr. 7 RVO (idF der 1. Vereinf. VO vom 17.3.1945) mit der Maßgabe aufgehoben worden, daß nur die in einem an sich sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Rentner von der Entrichtung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung befreit würden, nicht dagegen die Arbeitgeber von ihren Anteilen. Die beklagte Kasse verlange mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auch nur die Arbeitgeberanteile für ... zur Kranken-, Arbeiterrenten- und Arbeitslosenversicherung. Diese Beitragsforderung sei nach der SVD Nr. 20 in Verbindung mit §§ 165, 1226 RVO (aF) und § 69 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) - aF - berechtigt. Das SG habe mit Recht ausgeführt, daß ... zwar zeitlich nur noch in sehr beschränktem Umfange, gleichwohl aber in abhängiger Stellung für die Klägerin beschäftigt gewesen sei. Dafür spreche vor allem, daß er allein für sie und nicht noch für andere Arbeitgeber gegen Entgelt gearbeitet habe. Außerdem habe er von ihr eine Werkwohnung und Pachtland zu günstigen Bedingungen erhalten. Dabei brauche nicht darauf eingegangen zu werden, ob nicht schon darin, daß ihm diese Werkwohnung und das Pachtland zu einem günstigen Preis zur Verfügung gestellt worden sei, eine feste Vergütung erblickt werden müsse. ... sei bei seiner Tätigkeit als Schleusenwärter an die Weisungen und Richtlinien der Klägerin gebunden und somit persönlich abhängig gewesen. Daß er sich notfalls durch Familienangehörige oder Dritte habe vertreten lassen können, sei unerheblich. Dies finde man auch bei anderen Arbeitnehmern, zB bei Zeitungsausträgern. Es sei auch nicht entscheidend, daß er kein festes Entgelt, sondern für jedes von ihm durchgeschleuste Schiff einen Betrag von 0,40 DM erhalten habe; dafür habe er nur eine sogenannte Invalidenbeschäftigung ausgeführt. Die Behauptung, ... sei an keine Arbeitszeit gebunden und völlig frei gewesen, treffe nicht zu. Er habe zwar nicht den ganzen Tag zu arbeiten brauchen, aber doch stets bereit sein müssen, durchkommende Schiffe durchzuschleusen. Für diese Tätigkeit sei er der Klägerin verantwortlich gewesen. Da ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe, komme Versicherungsfreiheit nur nach § 168 Abs. 2 RVO in Betracht, während Abs. 3 dieser Vorschrift schon deshalb ausscheide, weil ... zu keinem anderen Arbeitgeber in einem regelmäßigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Er habe seine Schleusenwärtertätigkeit nicht "nebenher" ausgeübt, denn seine Tätigkeit sei sowohl wegen der sich daraus ergebenden Bareinnahmen als auch wegen der damit verbundenen Werkwohnung und dem Pachtland für ihn als Invaliden mit einem bescheidenen Renteneinkommen von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Ferner habe er im Jahre 1953 mit einem Jahreseinkommen aus seiner Tätigkeit als Schleusenwärter in Höhe von 907,01 DM die Grenzen des geringfügigen Entgelts wesentlich überschritten, denn sein Durchschnittsverdienst habe die Monatsgrenze von 65,- DM überstiegen, sein Monatsverdienst habe sein monatliches Renteneinkommen erreicht und sei zeitweise sogar höher gewesen. Ob die Auffassung des SG zutreffe, daß für Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteile) nur in den Monaten zu entrichten seien, in denen sein Entgelt 65,- DM überstiegen hat, oder ob nicht vielmehr die Verpflichtung zur Entrichtung der Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Invaliden- und Arbeitslosenversicherung für das ganze Jahr 1953 bestanden habe, könne dahinstehen, weil die beklagte Kasse und die LVA das Urteil des SG nicht angefochten hätten und die Klägerin durch die Auffassung des SG nicht beschwert werde.

Soweit sich die BfArb dagegen wende, daß sie überhaupt Partei des Rechtsstreits sei, habe sie zunächst nicht berücksichtigt, daß es nicht ihrer Entscheidung überlassen sei, ob sie Partei, nämlich Beklagte, oder Beigeladene sei. Das hänge ausschließlich davon ab, ob die Klage gegen sie ebenfalls erhoben worden sei, richte sich aber auch danach, ob die Klägerin sich auch gegen ihre Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung wende. Außerdem habe sich die BfArb insoweit zu ihrem eigenen Verhalten im Rechtsstreit in Widerspruch gesetzt. Sie habe, ebenso wie die LVA, ausdrücklich erklärt, daß sie ihre Rechte selbst wahrnehmen wolle und einen Sachantrag gestellt, darin liege auf jeden Fall ihr Eintritt als Streitgenossin nach § 74 SGG in Verbindung mit §§ 59 ff der Zivilprozeßordnung (ZPO). Der Standpunkt der BfArb, daß sie nicht Beklagte sein könne, sei auch sachlich nicht richtig. Die Anschlußberufung der BfArb sei nach § 74 SGG in Verbindung mit § 63 ZPO zulässig, das Rechtsmittel betreffe jedoch nur die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, da die BfArb im Beitragsstreit nur ihre eigene Beitragsforderung verfolgen könne. Die Berufung der BfArb könne aber schon aus einem formalen Rechtsgrund keinen Erfolg haben. Die Beklagte habe beantragt, die Klage, soweit sie gegen die BfArb gerichtet sei, auch insoweit abzuweisen, als eine Verurteilung erfolgt sei. Die BfArb sei jedoch vom SG zu keiner Leistung verurteilt worden, vielmehr habe das Urteil nur den Widerspruchsbescheid vom 6. August 1954 dahin abgeändert, daß die Krankenkasse die Sozialversicherungsbeiträge, demnach also auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, für ... nur für die Monate des Jahres 1953 erheben dürfe, in denen das Arbeitsentgelt 65,- DM überstiegen habe. Obwohl der BfArb in der mündlichen Verhandlung vorgehalten worden sei, daß sie durch das Urteil des SG nicht zu einer Leistung verurteilt worden sei und daß damit ihr Antrag gegenstandslos sei, habe sie sich nicht bereitgefunden, einen der Sachlage entsprechenden Antrag zu stellen. Über den ausdrücklichen Antrag der Beklagten habe sich das Gericht nicht hinwegsetzen können, so daß die Anschlußberufung ohne sachliche Prüfung als gegenstandslos habe zurückgewiesen werden müssen.

Gegen dieses Urteil, das allen Beteiligten am 24. Januar 1957 zugestellt worden ist, haben die BfArb und die klagende ... am 21. bzw. 22. Februar 1957 Revision eingelegt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des SG Osnabrück vom 27. Oktober 1955 und des Urteils des LSG Celle vom 19. Dezember 1956 den Widerspruchsbescheid der beklagten Krankenkasse vom 6. August 1954, insoweit mit ihm ihrem Widerspruch vom 22. April 1955 nicht abgeholfen worden ist, aufzuheben und dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 12. April 1954 in vollem Umfang stattzugeben.

In ihrer am 21. März 1957 heim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Revisionsbegründung rügt sie, soweit es sich um die Beitragspflicht für die Versicherten ... usw. für die ihnen während der drei Karenztage gewährten Bezüge handele, habe das SG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zulassen müssen. Die den acht Versicherten nach § 15 der Tarifordnung B gezahlten Beträge seien auch in den ersten drei Tagen der Arbeitsunfähigkeit als Zuschuß zum Krankengeld und nicht als Arbeitsentgelt anzusehen. Auch die Nachforderung der Arbeitgeberanteile für den Rentner ... sei unbegründet. ... habe nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis gestanden. Aus der Befugnis, auch andere Personen zu beauftragen, ergebe sich, daß er selbständig gewesen sei. ... habe im wesentlichen eine Tätigkeit als selbständiger Landwirt ausgeübt, er habe bei Beginn des Verfahrens noch weiteres, von anderer Seite gepachtetes Land in Bewirtschaftung gehabt. Auf den Umfang dieser Pachtung habe die Klägerin keinen Einfluß gehabt, weil ihr ... nicht seine volle Arbeitskraft habe zur Verfügung stellen müssen, sondern nur nebenher im Sinne des § 168 Abs. 2 RVO tätig gewesen sei. Die Tätigkeit als Schleusenwärter habe ihn nicht daran gehindert, einen landwirtschaftlichen Betrieb in beliebiger Größe zu haben.

Die BfArb beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Urteils des SG Osnabrück vom 27. Oktober 1955 die Klage abzuweisen.

Sie rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht, das LSG habe den Beiladungsbeschluß nicht widerrufen dürfen. Da die Beiladung notwendig gewesen sei und im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden könne, würden durch die Aufhebung des Beiladungsbeschlusses die berechtigten Interessen der BfArb berührt. Sie habe auch vor Aufhebung der Beiladung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Das Berufungsgericht habe die BfArb zu Unrecht als Beklagte in das Verfahren eingeführt. Die Klage habe sich allein gegen die beklagte Kasse gerichtet. Die Einführung einer neuen Partei als Beklagte in das eingeleitete Verfahren sei aber ohne entsprechende Prozeßhandlung der Beteiligten nicht möglich. Eine solche Prozeßhandlung liege aber nicht vor, da die Klägerin ihre Klage nicht auf die BfArb erstreckt habe. Wenn die BfArb tatsächlich die richtige Beklagte gewesen wäre, so hätte das Gericht die Klägerin nach § 106 SGG zur Stellung entsprechender Anträge veranlassen müssen und bei Unterlassung eines solchen Antrags die Klage zumindest hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als unbegründet abweisen müssen. Die Einführung der BfArb als Beklagte sei auch ohne ihre Zustimmung nicht möglich gewesen. Sie habe aber der Parteiänderung ausdrücklich mit dem Hinweis widersprochen, daß sie sich nicht als die richtige Beklagte betrachte. Streitig sei die Rechtmäßigkeit des von der AOK gesetzten Verwaltungsakts. Soweit es sich um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung handele, ergebe sich die Berechtigung der AOK zur Erhebung der Beiträge aus § 145 AVAVG aF. Über die Erhebung der Beiträge ergehe ein einheitlicher Bescheid der zuständigen AOK. Anfechtungsgegner im Verwaltungsstreitverfahren könne daher nur die Stelle sein, die den Verwaltungsakt erlassen habe. Dabei sei es unerheblich, ob die Krankenkasse die Beiträge im eigenen Namen oder in Vertretung eines anderen Versicherungsträgers einziehe. Gehe man aber von dem Rechtsstandpunkt des LSG aus, so habe der von der BfArb im Berufungsverfahren gestellte Antrag der Prozeßlage entsprochen. Da die Klägerin in erster Instanz teilweise obgesiegt habe (Beitragsfreiheit im Falle des Rentners ... für die Monate, in denen sein Entgelt 65,- DM nicht überschritten habe), liege auch insoweit eine teilweise Verurteilung der beklagten BfArb vor, als der AOK die Einziehung von Beiträgen für die BfArb verwehrt werde. Sei aber durch die Verurteilung der AOK auch eine Verurteilung der BfArb ausgesprochen, so sei der in der Berufungsinstanz gestellte Antrag zulässig und sachdienlich gewesen.

Der Antrag sei auch begründet gewesen. ... habe die Tätigkeit als Schleusenwärter nicht nur vorübergehend ausgeübt. Die Frage der Versicherungspflicht oder -freiheit sei nach dem Gesamtbild der Beschäftigung zu beurteilen. Bei Schwankungen des Arbeitsentgelts müsse eine Durchschnittsberechnung vorgenommen werden, was sich auch aus dem Wortlaut des § 168 Abs. 2 RVO ergebe. Sei nach den Gesamtumständen eine Beschäftigung als geringfügig im Sinne des § 75 a AVAVG aF oder des § 168 Abs. 2 RVO bzw. als nicht geringfügig anzusehen, so bleibt sie es auch dann, wenn der Arbeitsentgelt in einer Kalenderwoche gelegentlich und unerheblich die festgelegte Grenze überschreite bzw. unterschreite. ... sei daher unter Berücksichtigung des Gesamtbildes seiner Beschäftigung auch in den Monaten versicherungspflichtig gewesen, in denen er mit seinem Einkommen die in § 168 Abs. 2 RVO festgesetzte Grenze nicht erreicht habe.

II

Die Revisionen der Klägerin und der im angefochtenen Urteil als Beklagte bezeichneten BfArb sind frist- und formgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.

1.) Soweit der Rechtsstreit die Beitragsnachforderung für die während der ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit gezahlten Krankenbezüge betrifft, hat das LSG die Berufung der Klägerin zu Unrecht als unzulässig angesehen. Beiträge zur Sozialversicherung gehören nicht zu den "Leistungen" im Sinne des § 144 SGG. Unter Leistungen im Sinne dieser Vorschrift sind vielmehr die vom Staat oder von öffentlichen Körperschaften zu gewährenden Leistungen zu verstehen (vgl. BSG 6, 47, 50 mit weiteren Nachweisen). Für Streitigkeiten über Beitragsansprüche gilt daher nicht der Ausschluß der Berufung nach § 144 SGG; sie sind nach § 143 SGG uneingeschränkt berufungsfähig. Das LSG hätte mithin - soweit es sich um die Beitragsforderung für die Karenztage handelt - kein Prozeßurteil erlassen dürfen, sondern sachlich prüfen müssen, ob die Beitragsnachforderung der beklagten Kasse begründet ist.

Diese Beitragsnachforderung betrifft Beiträge zur Kranken-, Arbeiterrenten- und Arbeitslosenversicherung für Bezüge, die die Klägerin acht arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern für Krankheitszeiten zwischen dem 7. Januar 1952 und 12. August 1953 jeweils in den ersten drei Tagen der Arbeitsunfähigkeit nach § 15 der Tarifordnung B gewährt hat. Nach § 15 Abs. 1 der Tarifordnung B erhielten nämlich Arbeiter im öffentlichen Dienst bei jeder durch Erkrankung oder Unfall hervorgerufenen Dienstunfähigkeit Krankenzuschüsse vom ersten Tag an, an dem eine volle Dienstschicht versäumt wurde. Diese Krankenbezüge wurden, wenn eine Krankenhausbehandlung nicht vorlag, so bemessen, daß sie 90 v.H. des Netto-Zeitverdienstes ausmachten, den der Arbeiter in der Zeit, für die ihm Krankenbezüge zustehen (§ 15 Abs. 5 der Tarifordnung B) erhalten hätte, wenn er während dieser Zeit gearbeitet hätte.

Nach § 383 Abs. 1 Satz 1 RVO sind bei Arbeitsunfähigkeit für die Dauer der Krankenhilfe keine Beiträge zu entrichten. Dies gilt nach Satz 2 nicht, wenn und solange der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält (§ 189 RVO). § 383 Abs. 1 RVO ist durch den Erlaß des Reichsarbeitsministers über Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 2. November 1943 (AN 1943, 485) unter Abschn. I Ziff. 6 wie folgt ergänzt worden:

"Bei Arbeitsunfähigkeit sind während der ersten drei Tage der Arbeitsunfähigkeit und so lange keine Beiträge zu entrichten, als die Kasse dem Versicherten Krankengeld zu gewähren hat oder Krankenhauspflege gewährt. Dies gilt nicht, wenn und solange der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält (§ 189 RVO)."

Satz 3 des § 189 Abs. 1 RVO, der von dem Ruhen des Anspruchs auf Kranken- und Hausgeld während des Bezugs von Arbeitsentgelt handelt, lautete in der hier maßgebenden Zeit (1952 und 1953 - also vor der Änderung durch § 8 Nr. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 26.6.1957, BGBl I, 649 -): "Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kranken- oder Hausgeld gelten auch dann nicht als Arbeitsentgelt, wenn sie auf einer Verpflichtung beruhen."

Die Beitragspflicht für die Krankenbezüge, die auf Grund von § 15 der Tarifordnung B während der damals krankengeldfreien drei Tage (vgl. § 182 Abs. 1. Nr. 2 RVO idF der Notverordnung vom 26.7.1930 - RGBl I, 311 -) gezahlt wurden, hängt also davon ab, ob diese Bezüge als Arbeitsentgelt im Sinne des § 160 RVO oder als Zuschüsse zum Krankengeld im Sinne des § 189 Abs. 1 Satz 3 RVO aF anzusehen sind.

Ein Zuschuß zum Krankengeld liegt aber schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jedenfalls dann nicht vor, wenn der Versicherte für die Zeit, für die ihm vom Arbeitgeber eine Vergütung gewährt wird, überhaupt keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Entscheidend für die Frage, ob die Krankenbezüge während der Karenztage Arbeitsentgelt darstellen, sind jedoch die Bestimmungen des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers über weitere Vereinfachung des Lohnabzugs vom 10. September 1944 (AN 1944, 281), wonach die Beiträge zur Sozialversicherung grundsätzlich von dem für die Lohnsteuer maßgebenden Betrag zu berechnen sind (vgl. BSG 6, 47, 51 f). Nach Abschn. 2 Abs. 1 Nr. 2 dieses Erlasses ist aber Lohnsteuer nicht von denjenigen Bezügen zu erheben, die der Arbeitgeber einem erkrankten Arbeitnehmer für die Zeit gewährt, in der der Arbeitnehmer Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhält. Hingegen sind Bezüge, die der Arbeitgeber einem erkrankten Arbeitnehmer für die Zeit gewährt, in der der Arbeitnehmer aus der gesetzlichen Krankenversicherung Krankengeld nicht erhält, nach den genannten Bestimmung grundsätzlich lohnsteuerpflichtig. Die den Arbeitnehmern der Klägerin auf Grund von § 15 der Tarifordnung B in den ersten drei Tagen der Arbeitsunfähigkeit gezahlten Krankenbezüge unterliegen danach der Lohnsteuerpflicht und damit grundsätzlich auch der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Die Beitragsnachforderung der beklagten Kasse für die Krankenbezüge während der Karenztage ist daher nicht zu beanstanden, so daß unter Änderung des vom LSG erlassenen Prozeßurteils die Revision der Klägerin insoweit mit der Maßgabe zurückzuweisen ist, daß ihre Berufung gegen das Urteil des SG als unbegründet zurückgewiesen wird.

2.) Die Klägerin rügt ferner, das LSG habe zu Unrecht angenommen, daß der Rentner ... im Jahre 1953 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe.

Nach § 172 Abs. 1 Nr. 7 RVO in der Fassung der 1. VereinfVO vom 17. März 1945 (RGBl I, 41) - diese Nr. ist durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes über Krankenversicherung der Rentner (KVdR) vom 12. Juni 1956 (BGBl I, 500) gestrichen worden - waren Rentner, die eine Invalidenrente (Ruhegeld) oder eine Witwenrente aus der Invalidenversicherung oder Angestelltenversicherung oder eine Knappschaftsrente aus der Knappschaftsrentenversicherung bezogen, versicherungsfrei in der Krankenversicherung, sofern sie eine unter die §§ 165 bis 168 RVO fallende Tätigkeit ausübten. Diese Vorschrift über die Versicherungsfreiheit der Rentner war, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, in der ehemaligen britischen Zone nach der SVD Nr. 20 vom 1. Oktober 1946 (ArbBl f.d.brit. Zone 1947, 19) mit der Maßgabe anzuwenden, daß nur der auf den beschäftigten Rentenempfänger entfallende Anteil an den Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht zu entrichten war, der auf den Arbeitgeber entfallende Anteil jedoch weiterhin gezahlt werden mußte. Voraussetzung für die Entrichtung der Arbeitgeberanteile war das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Als entscheidend für die Annahme eines solchen Beschäftigungsverhältnisses hat das Berufungsgericht angesehen, daß ... nur für die klagende ... und nicht noch für andere Arbeitgeber gegen Entgelt gearbeitet hat, daß er ferner bei seiner Tätigkeit als Schleusenwärter an die Weisungen und Richtlinien der Klägerin gebunden und somit persönlich abhängig war. Die von der Revision gegen die Rechtsauffassung des LSG erhobenen Bedenken sind nicht begründet. Wesentliches Merkmal eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ist die Verpflichtung des Beschäftigten, im Rahmen des Direktionsrechts den Weisungen des Unternehmers (Arbeitgebers) über die Ausführung der Arbeit zu folgen. Ein solches Weisungsrecht ergibt sich in der Regel aus der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb und der damit gegebenen Bindung an einzelne Weisungen des Betriebsinhabers (vgl. BSG in SozR RVO § 165 Bl. Aa 3 Nr. 6, Aa 6 Nr. 8 und Aa 22 Nr. 22). Der Rentner ... hatte eine zum Kanalbereich der Klägerin gehörige Schleuse zu bedienen und war nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG bei Ausübung dieser Tätigkeit - ebenso wie bei der gleichen Arbeit vor der Invalidisierung - an die Weisungen der Klägerin gebunden. Der Umstand, daß ... sich im Bedarfsfalle durch einen Familienangehörigen oder einen Dritten vertreten lassen konnte, steht der Annahme eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses nicht entgegen. Zwar hat der Arbeitnehmer die von ihm zu verrichtende Arbeit in der Regel in Person zu leisten. Die Möglichkeit, sich - wie das LSG festgestellt hat - "notfalls" durch Familienangehörige oder Dritte vertreten zu lassen, schließt aber das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht schlechthin aus. Derartige Möglichkeiten finden sich - worauf die BfArb mit Recht hinweist - auch bei anderen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen es nicht unbedingt auf die individuelle Arbeitsleistung ankommt, wie zB bei Zeitungsausträgern, Hauswarten und Heizern, deren Arbeitnehmereigenschaft nie ernstlich in Zweifel gezogen worden ist (vgl. auch § 613 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-, wonach die Dienste "im Zweifel" in Person zu leisten sind, dazu Nikisch, Arbeitsrecht, 3. Aufl., Erster Band S. 284, Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 6. Aufl., Erster Band S. 181). Auch der Umstand, daß ... auf dem von der Klägerin gepachteten Gelände als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig gewesen ist und daß er seinen landwirtschaftlichen Betrieb trotz der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit durch Pachtung weiterer Ländereien hätte erweitern können, steht der Annahme, daß er zur Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, nicht entgegen.

Die von dem Beigeladenen ... ausgeübte Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer ist allerdings von Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei der Beschäftigung als Schleusenwärter um eine versicherungsfreie Nebenbeschäftigung im Sinne der §§ 168 Abs. 2, 1226 Nr. 1 RVO in der Fassung der 1. VereinfVO gehandelt hat. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Februar 1961 (BSG 14, 29 = SozR RVO § 168 Bl. Aa 4 Nr. 4) ausgesprochen hat, sind die Dienstleistungen einer sonst berufsmäßig nicht als Arbeitnehmer tätigen Person, die nur in einem zeitlich geringen Umfang verrichtet werden, nach § 168 Abs. 2 RVO versicherungsfrei, wenn das durch diese Dienstleistungen erzielte Entgelt den Betrag von 15,- DM wöchentlich (65,- DM monatlich) nicht übersteigt, wobei es auf die wirtschaftliche Bedeutung des Entgelts für den Beschäftigten nicht ankommt.

Der Senat ist in dieser Entscheidung davon ausgegangen, daß bei unselbständig Beschäftigten eine nur "nebenher" ausgeübte Dienstleistung grundsätzlich immer schon dann vorliegt, wenn sie den Beschäftigten zeitlich in so geringem Maße in Anspruch nimmt, daß er daneben noch eine andere Tätigkeit berufsmäßig (als "Hauptberuf") verrichten könnte. Dagegen kann, wie in der genannten Entscheidung dargelegt ist, von einer nur "nebenher" verrichteten Dienstleistung im Sinne des § 168 Abs. 2 RVO dann nicht mehr gesprochen werden, wenn dem Dienstleistenden für eine andere hauptberufliche Beschäftigung keine ausreichende Zeit verbleibt, wie es bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 20 Stunden wöchentlich in der Regel zutreffen wird. Über die zeitliche Inanspruchnahme des ... durch die Beschäftigung als Schleusenwärter hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Dies war auch von seinem Standpunkt aus nicht erforderlich, weil es davon ausgegangen ist, daß die von der BfArb eingelegte Anschlußberufung aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückzuweisen sei und weil das von der beklagten Kasse und der LVA nicht angefochtene Urteil des SG die Beitragspflicht nur in den Monaten des Jahres 1953 bejaht hatte, in denen der von ... erzielte Entgelt 65,- DM überstieg.

Die rückschauende Beurteilung der für die Versicherungspflicht maßgebenden Verhältnisse begegnet jedoch erheblichen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hatte in der Klageschrift ausgeführt, ... habe an Wärtervergütung im Jahresdurchschnitt monatlich erhalten:

1949 = 43,10 DM, 1950 = 62,36 DM, 1951 = 41,03 DM, 1952 = 52,46 DM und 1953 = 75,58 DM. Die nach § 168 Abs. 2 RVO maßgebende Grenze von 65,- DM monatlich war also nach der Darstellung der Klägerin in den Jahren 1949 bis 1952 nicht erreicht. Sie wurde nach den Feststellungen des LSG im Jahre 1953 erstmalig im Monat März überschritten (71,50 DM). Die Vergütung sank im April wieder auf 59,37 DM, überstieg im Mai (87,77 DM), Juni (143,32 DM) und Juli (116,40 DM) die Grenze, sank im August (53,77 DM) und September (35,21 DM) wieder unter die Grenze, und überschritt sie abermals im November (86,77 DM) und Dezember (89,49 DM). Es handelte sich also um ein der Höhe nach schwankendes Entgelt, das sich nach der Zahl der die Schleuse passierenden Schiffe richtete und das die Verdienstgrenze des § 168 Abs. 2 Satz 2 RVO in den einzelnen Monaten des Jahres 1953 teils nicht erreichte, teils überschritt.

Wie der 7. Senat in seiner zu § 75 a AVAVG ergangenen Entscheidung vom 20. Oktober 1960 (BSG 13, 98 = SozR AVAVG § 75 a aF Bl. Ba 1 Nr. 1) im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts -RVA- (GE Nr. 4722 = AN 1934, 24 und GE Nr. 4734 = AN 1934, 34) ausgesprochen hat, ist für die Beurteilung der Geringfügigkeit einer Beschäftigung grundsätzlich die voraussichtliche Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend. Auch bei Prüfung der Frage, ob eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 168 Abs. 2 RVO vorliegt, muß grundsätzlich von der voraussichtlichen Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen werden, denn eine rückwirkende Betrachtungsweise ist mit dem Wesen der Sozialversicherung nicht vereinbar. Es ist im Interesse aller Beteiligten, und zwar nicht nur des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers, sondern auch des Versicherungsträgers, notwendig, die Frage der Versicherungspflicht oder -freiheit schon bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und bei Eintritt späterer Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse zu klären, weil dies nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflicht insbesondere der Krankenkasse von entscheidender Bedeutung ist. Sind Arbeitszeit und Entgelt schwankend, dann ist die Frage der Versicherungspflicht oder -freiheit nach der voraussichtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses etwa durch Vergleich mit ähnlichen Arbeitsverhältnissen zu beurteilen. Die der Feststellung der Versicherungspflicht oder -freiheit zugrunde liegende vorausschauende Beurteilung über Entgelt und Arbeitszeit bleibt - für die Vergangenheit - auch dann maßgebend, wenn die als solche richtige Schätzung infolge nicht sicher voraussehbarer Umstände mit dem tatsächlichen Ablauf des Arbeitsverhältnisses nicht übereinstimmt (vgl. zu dem ähnlichen Fall der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes - JAV - bei Angestellten, deren voraussichtliche Einnahmen nicht von vornherein feststehen-§ 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO - die GE Nr. 2043 in AN 1915, 575). Tatsächliche Gestaltungen, die von der Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses bei seinem Beginn abweichen, zwingen allerdings zu einer neuen Prüfung der künftigen Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht. Konnte man bei Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses im Hinblick auf das voraussichtlich erzielte Entgelt und die voraussichtliche Arbeitszeit von seiner Geringfügigkeit ausgehen, nimmt das Beschäftigungsverhältnis den Arbeitnehmer später aber zeitlich stärker in Anspruch oder übersteigt das Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze, so hängt die Frage, ob die Versicherungspflicht nunmehr für die Zukunft zu bejahen ist, davon ab, ob es sich bei den mit der ursprünglichen Schätzung nicht mehr übereinstimmenden Sachverhalt um vorübergehende, mehr zufällige Abweichungen handelt, oder ob hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß die bisher die Versicherungsfreiheit bewirkenden Umstände sich nicht nur vorübergehend geändert haben. Trifft die Behauptung der Klägerin zu, daß die Einkünfte des Rentners ... in den Jahren 1949 bis 1952 die Grenze des § 168 Abs. 2 Satz 2 RVO nicht überstiegen haben, so rechtfertigt der Umstand allein, daß diese Grenze in einigen Monaten des Jahres 1953 überschritten worden ist, noch nicht den Schluß, daß es sich hier um eine Änderung auf längere Sicht gehandelt hat, zumal die Einkünfte in späteren Monaten (so im August und September) nicht unwesentlich unter der Grenze des § 168 Abs. 2 Satz 2 RVO gelegen haben. Es hätte vielmehr ermittelt werden müssen, auf welchen Umständen die Schwankungen beruhen, ob der größere Schiffsverkehr, der sich auf das Schleusengeld auswirkte, etwa eine besondere Ursache hatte, mit deren Wiederholung grundsätzlich nicht gerechnet werden konnte, oder ob aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen eine länger anhaltende Steigerung des Schiffsverkehrs auf dem hier in Betracht kommenden Wasserweg zu erwarten war oder welche sonstigen Gründe dafür sprachen, daß das an ... gezahlte Schleusengeld die für die Versicherungsfreiheit maßgebende Verdienstgrenze nicht nur vorübergehend überschreiten werde. Es hätte ferner geprüft werden müssen, von welchem Zeitpunkt an vorausschauend mit einer nicht nur vorübergehenden Überschreitung der maßgebenden Verdienstgrenze gerechnet werden konnte. Wird - unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte - die Verdienstgrenze nicht überschritten, so wird das Beschäftigungsverhältnis in der Regel nach § 168 Abs. 2 RVO versicherungsfrei sein. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn - wie oben dargelegt - die Beschäftigung den Dienstleistenden zeitlich so stark in Anspruch nimmt, daß er daneben eine andere unselbständige Tätigkeit berufsmäßig (als "Hauptberuf") nicht mehr verrichten könnte.

Soweit die Beurteilung der Versicherungspflicht von der Dauer der Arbeitszeit abhängt, ist ferner zu beachten, daß dabei auch Zeiten einer echten Arbeitsbereitschaft zu berücksichtigen sind. Das LSG hat ausgeführt, daß ... für die Klägerin zeitlich nur noch in sehr beschränktem Umfange tätig gewesen sei, daß er jedoch stets habe bereit sein müssen, durchkommende Schiffe durchzuschleusen. ... selbst hatte angegeben, daß die Schleuse durchschnittlich von zwei bis drei Schiffen täglich passiert werde, daß die Schiffe bei ihrer Annäherung Signale gäben und daß er, da er in der Nähe wohne, dann das Durchschleusen veranlasse. Die Angabe, daß er im Durchschnitt täglich nur zwei bis drei Schiffe durchgeschleust habe, dürfte auf einem Irrtum beruhen, weil sich, auch wenn der Schiffsverkehr am Sonntag nicht geruht hat, bei 90 durchgeschleusten Schiffen im Monat und einem Schleusengeld von 0,40 DM je Schiff nur ein Entgelt von monatlich 36,- DM ergeben würde. Dies steht aber mit der Aufstellung über das im Jahre 1953 erzielte Schleusengeld, wenn man vom Monat September absieht, nicht im Einklang. Den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils ist auch nicht zu entnehmen, welche Zeit das Durchschleusen eines Schiffes beanspruchte. Da die Schiffe beim Annähern Signale geben, erscheint es auch zweifelhaft, ob sich ... ständig in der Nähe der Schleuse aufhalten mußte. War ... in der Lage, seine Arbeiten in der eigenen Landwirtschaft ohne wesentliche Behinderung durch die Schleusenwärtertätigkeit zu verrichten und konnte er sich im Hinblick auf das möglicherweise weit hörbare Signal herannahender Schiffe auch in größerer Entfernung von der Schleuse aufhalten, so dürfte keine echte Arbeitsbereitschaft, sondern nur eine Rufbereitschaft vorgelegen haben, die nicht als Arbeitszeit anzusehen wäre (vgl. Nikisch aaO S. 290; Frey, Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst, 1960, S. 23 ff; Danecke , Kommentar zur Arbeitszeitordnung, 4. Aufl. S. 82).

Da das LSG die Vorschrift des § 168 Abs. 2 RVO nicht zutreffend angewendet hat, muß das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin insoweit aufgehoben werden, als es die Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Arbeiterrentenversicherung aus dem Beschäftigungsverhältnis des Rentners ... für die Monate betrifft, in denen dessen Arbeitsentgelt 65,- DM überstiegen hat. Das LSG wird insoweit die noch fehlenden Feststellungen nach Maßgabe der vorstehenden Urteilsgründe zu treffen haben. Bei der neuen Entscheidung ist jedoch zu beachten, daß eine Änderung des Urteils des SG, soweit es sich auf die Beitragsanteile zur Kranken- und zur Arbeiterrentenversicherung bezieht, zu Ungunsten der Klägerin nicht zulässig ist, weil die beklagte Krankenkasse und die LVA dieses Urteil nicht angefochten haben.

3.) Auch die von der BfArb eingelegte Revision ist begründet. Die Auffassung des LSG, die Träger der Renten- und der Arbeitslosenversicherung könnten in einem gegen die Krankenkasse als Einzugsstelle anhängigen Beitragsstreit nicht beigeladen werden, weil sie durch die Krankenkasse nach § 12 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (DurchfVO) zur 2. LAV vom 25. Juni 1942 (RGBl I, 403) vertreten würden, trifft für die BfArb schon deshalb nicht zu, weil sich die genannte Bestimmung nur auf die Rentenversicherung bezieht. Abgesehen davon zog die Krankenkasse die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung schon vor Inkrafttreten der nunmehr für das Einzugsverfahren maßgebenden Vorschriften (§ 1399 RVO, § 160 AVAVG nF) nicht im fremden, sondern im eigenen Namen ein, sie handelte also als Treuhänderin der Träger der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nur im Innenverhältnis gegenüber den Trägern der Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt die Beitragsforderung aber für die Einzugsstelle ein fremdes Recht. Demgemäß hatte die Krankenkasse als Einzugsstelle auch den Beitragsbescheid und den Widerspruchsbescheid erlassen, dessen Aufhebung durch die Klage erstrebt wird. Da die gegen den Widerspruchsbescheid der Einzugsstelle gerichtete Anfechtungsklage nur gegen die Krankenkasse erhoben wird, die Entscheidung aber gegenüber allen von dem Beitragsstreit betroffenen Versicherungsträgern nur einheitlich ergehen kann, waren diese zum Verfahren nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen. Der Beiladungsbeschluß hätte aber auch, was die BfArb mit Recht rügt, nicht ohne vorherige Anhörung der Beteiligten aufgehoben werden dürfen (§ 62 SGG). Schließlich hätte die BfArb nicht ohne einen entsprechenden Antrag der Klägerin, der aus den Akten nicht ersichtlich ist, neben der Krankenkasse, gegen die sich die Klage allein gerichtet hatte, als weitere Beklagte in den Rechtsstreit eingeführt werden dürfen (vgl. Stein/Jonas/Schönke, Komm. zur ZPO, 18. Aufl., § 268 Anm. II; siehe auch BSG 3, 30, 43). Trotz dieser Verfahrensmängel ist die BfArb in ihren Rechten jedoch nicht beschwert, weil sie als Beklagte in gleicher Weise wie als notwendig Beigeladene berechtigt war, alle Verfahrenshandlungen wirksam vorzunehmen und auch abweichende Sachanträge zu stellen (§ 75 Abs. 4 SGG).

Das LSG hat die von der BfArb mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1956 eingelegte Anschlußberufung mit Recht als zulässig angesehen (BSG 2, 229, 234). Seine Auffassung, der in diesem Schriftsatz enthaltene, in der mündlichen Verhandlung wiederholte Antrag der BfArb entspreche nicht der Sachlage und sei, da ihn die BfArb trotz Vorhalts nicht geändert habe, als gegenstandslos anzusehen, ist jedoch rechtlich nicht haltbar. Die Formulierung des Antrags war zwar nicht besonders glücklich; er hätte besser auf Aufhebung des Urteils des SG - soweit es die Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung des Rentners ... betrifft - und auf Abweisung der insoweit gegen den Widerspruchsbescheid gerichteten Klage lauten sollen. Die Begründung des Antrags ließ aber erkennen, daß die BfArb die Beitragsnachforderung - soweit es sich um die Arbeitslosenversicherung handelt - in vollem Umfang als berechtigt angesehen hat und daß sie die Abweisung der Klage auch insoweit erstrebte, als sie durch das Urteil des SG beschwert war. Eine solche Beschwer lag vor, weil das SG den Widerspruchsbescheid vom 6. August 1954, der die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mitumfaßte, dahin abgeändert hatte, daß für ... Beiträge nur für die Monate des Jahres 1953 zu berechnen seien, in denen das Arbeitsentgelt 65,- DM überstieg. Der Anspruch auf Beiträge für die übrigen Monate des Jahres 1953 war mithin durch das Urteil des SG "aberkannt" worden. Wenn der Vertreter der BfArb es abgelehnt hat, einen "der Sachlage entsprechenden Antrag zu stellen", so hätte dies nicht zur Zurückverweisung der Anschlußberufung "aus einem formellen Rechtsgrund" führen dürfen, denn das LSG war an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 123 SGG). Wenn die BfArb im Berufungsverfahren beantragte, die Klage, soweit sie gegen die BfArb gerichtet ist, auch insoweit abzuweisen, "als eine Verurteilung erfolgt ist", so brachte sie damit nicht - wie das LSG meint - zum Ausdruck, daß sie zu einer Leistung verurteilt worden war. Die Aberkennung eines Anspruchs oder die teilweise Aufhebung des Verwaltungsakts, der eine Beitragsforderung betrifft, stellt in seiner Wirkung eine "Verurteilung" des Versicherungsträgers dar, dem dieser Beitrag zusteht. In diesem Sinne war der Antrag der BfArb gemeint und auch zu verstehen.

Das LSG hätte daher auf die Anschlußberufung der BfArb eine Sachentscheidung über die Frage treffen müssen, ob auch in den Monaten, in denen ... im Jahre 1953 weniger als 65,- DM verdient hat, eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung hinsichtlich der Arbeitgeberanteile bestand. Die Entscheidung dieser Frage hängt - falls die Tätigkeit des ... nicht bereits nach § 69 AVAVG aF in Verbindung mit § 168 Abs. 2 RVO versicherungsfrei gewesen ist - nach § 75a AVAVG aF von der Dauer der Arbeitszeit des Schleusenwärters ... ab. Sie ist nach den gleichen Gesichtspunkten festzustellen, die oben unter Ziff. 2 für die nach § 168 Abs. 2 RVO maßgebende Arbeitszeit dargelegt sind.

Da die hiernach erforderlichen Feststellungen über die Arbeitszeit fehlen, muß das angefochtene Urteil, soweit es die Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung des Rentners ... betrifft, aufgehoben werden. Soweit das Urteil aufgehoben ist, muß der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 674126

NJW 1962, 1174

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