Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 07.04.1986)

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.01.1983)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. April 1986 wie folgt abgeändert:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 14. Januar 1983 aufgehoben, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1982 auch für die Zeit vom 16. bis 31. Juli 1981 aufgehoben hat. In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 7/8 der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger wendet sich gegen eine teilweise Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).

Der am 10. März 1930 geborene Kläger war vom 1. September 1951 bis zum 3. Juli 1981 bei der Firma Metallbau L. GmbH (Fa. M.) in O. beschäftigt, zuletzt als Betriebsleiter. Die Fa. M. kündigte das Arbeitsverhältnis am 3. Juli 1981 fristlos. Auf die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage erging am 27. Oktober 1981 durch das Arbeitsgericht Frankfurt am Main folgendes Urteil:

  1. „Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 3. Juli 1981 nicht aufgelöst worden ist.
  2. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wird mit dem 3. Juli 1981 aufgelöst.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Abfindung gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz 82.500,– DM zu zahlen.”

In dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 1981 vor dem Arbeitsgericht heißt es ua:

„Die Parteien erklären übereinstimmend, daß sie einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustimmen gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe des Höchstbetrages gem. § 10 KSchG von 82.500,– DM. Der Kläger ist ferner einverstanden, daß dieser Betrag in drei gleichen monatlichen Raten, von denen die erste sofort, die zweite am 31.12.1981 und die dritte am 28.2.1982 fällig wird.

Das Gericht erklärt, daß nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung das Arbeitsverhältnis bei Erfolg des Feststellungsantrags zum 3.7.1981 durch Gestaltungsurteil aufgelöst werden müßte.

Falls ein ähnlicher Beendigungszeitpunkt oder der 30.6.1981 als Beendigungszeitpunkt durch Vergleich vereinbart wird, sei zu befürchten, daß das Arbeitsamt gem. § 117 AFG Ansprüche bezüglich der Abfindung geltend macht. Dies kann nur dann vermieden werden, wenn das Gericht durch Urteil entscheidet.

Die Parteien erklären übereinstimmend, daß sie gem. § 313a ZPO auf Tatbestand und Entscheidungsgründe eines verkündeten Urteils verzichten und im übrigen auf ein Rechtsmittel gegen ein Urteil bereits jetzt verzichten.”

Am 16. Juli 1981 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte Alg ab 1. August 1981 (Verfügung vom 10. August 1981). Sie teilte dem Kläger dazu im Bescheid vom 25. August 1981 mit, daß sein Anspruch wegen Eintritts einer Sperrzeit von vier Wochen (4. Juli bis 31. Juli 1981) gemäß § 119 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ruhe. In einem weiteren Schreiben vom 25. August 1981 wies sie darauf hin, daß der Anspruch auf Alg möglicherweise gemäß § 117 AFG ruhe. Die Zahlung von Alg ab 1. August 1981 erfolge deshalb nach Maßgabe von § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG auch in der Ruhenszeit, jedoch gehe der Anspruch auf die aus dem Arbeitsverhältnis geschuldeten Bezüge in Höhe des während des Ruhenszeitraumes gezahlten Alg auf die Beklagte über; diese Beträge habe der frühere Arbeitgeber an die Beklagte auszuzahlen. Ein dementsprechendes Schreiben richtete die Beklagte ebenfalls unter dem 25. August 1981 auch an die Fa. M. Unter dem 19. November 1981 begehrte die Beklagte von dem früheren Arbeitgeber des Klägers wegen des auf sie gem § 117 Abs. 4 AFG übergegangenen Anspruchs die Zahlung von 11.529,28 DM. Der Arbeitgeber zahlte daraufhin 1981 an den Kläger nur die um diesen Betrag verminderte Abfindung aus. Im Schreiben vom 7. September 1981 erhob der Kläger unter Hinweis auf einen Bewilligungsbescheid vom 12. August 1981 und das an ihn gerichtete Schreiben vom 25. August 1981 Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid vom 25. August 1981.

Unter dem 10. Februar 1982 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, der den Hinweis enthielt, daß er gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Darin teilte sie dem Kläger unter näherer Darlegung mit, daß sein Anspruch auf Alg gemäß § 117 Abs. 2 und 3 AFG wegen der ihm zustehenden Abfindung in Höhe von 82.500,– DM vom 4. Juli bis 13. November 1981 ruhe; seinem Antrag auf Alg könne insoweit nicht entsprochen werden.

Aufgrund des Widerspruchs des Klägers hob die Beklagte zwar den Bescheid vom 25. August 1981 hinsichtlich der Sperrzeit auf; hinsichtlich des Bescheides vom 10. Februar 1982 wies sie den Widerspruch jedoch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. März 1982). Die gegen die Fa. M. aufgrund § 117 Abs. 4 AFG erhobenen Forderungen auf Erstattung von Alg und Beiträgen zur Sozialversicherung nahm die Beklagte später zurück, ebenso eine deswegen erhobene Klage zum Arbeitsgericht Frankfurt, nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die der Alg-Zahlung entsprechenden Abfindungsbeträge (letztlich 7.173,– DM) im Einvernehmen mit der Beklagten von der Fa. M. zur treuhänderischen Verwaltung erhalten hatte.

Durch Urteil vom 14. Januar 1983 hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auch für die Zeit vom 16. Juli bis 13. November 1981 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Das SG war der Auffassung, daß § 117 Abs. 2 und 3 AFG in Fällen der Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses durch Gestaltungsurteil nicht anwendbar sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. April 1986). Es hat dazu ausgeführt, daß die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien. § 117 Abs. 2 AFG ordne bei vorzeitiger Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung das Ruhen des Alg-Anspruchs unabhängig davon an, auf welche Weise die Beendigung erfolgt sei, also auch bei Beendigung durch ein arbeitsgerichtliches Gestaltungsurteil. Nur diese Betrachtung werde dem Zweck der Vorschrift gerecht, den Doppelbezug von Alg und Arbeitsentgelten zu vermeiden. Die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers habe hier sechs Monate zum Quartalsschluß betragen; diese Kündigung hätte deshalb frühestens zum 31. März 1982 erfolgen können. Zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil und der Abfindung von 82.500,– DM bestehe auch ein ursächlicher Zusammenhang. Schließlich habe die Beklagte den Ruhenszeitraum richtig gemäß § 117 Abs. 3 AFG berechnet. Da der Kläger zusammenhängend 29 Jahre bei der Fa. M. beschäftigt gewesen sei, betrage der zu berücksichtigende Teil der Abfindung 30 vH. Wegen des Alters des Klägers seien 40 vH vom grundsätzlich anzurechnenden Anteil (70 vH) abzuziehen, so daß sich ein Anrechnungsbetrag von 24.750,– DM ergebe. Der Gehaltsanspruch des Klägers von 5.559,– DM im letzten Lohnabrechnungszeitraum entspreche einem täglichen Arbeitslohn von 185,30 DM, woraus sich (24.750: 185,30) 133 Ruhenstage errechneten, dh ein Ruhenszeitraum bis zum 13. November 1981. Eine Begrenzung des Ruhenszeitraumes gemäß § 117 Abs. 3 Nr. 3 AFG sei nicht eingetreten. Anhaltspunkte dafür, daß die frühere Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist im Sinne dieser Vorschrift hätte kündigen können, seien nicht gegeben; sie habe im arbeitsgerichtlichen Verfahren die gegen den Kläger früher erhobenen Vorwürfe zurückgenommen und ihm Weiterbeschäftigung angeboten.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 117 AFG und trägt dazu mit näheren Ausführungen vor: § 117 AFG finde in Fällen vorzeitiger Auflösung von Arbeitsverhältnissen durch Gestaltungsurteile keine Anwendung. Dies folge aus Sinn und Zweck der Vorschrift, Doppelleistungen und Manipulationen zum Nachteil der Versichertengemeinschaft zu vermeiden. Auch die Rechtsentwicklung der Vorschrift und die zu ihr ergangene Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), erwiesen, daß ihre geltende Fassung nur für Gestaltungen gedacht sei, die von den Parteien des Arbeitsvertrages beeinflußt werden könnten. Gestaltungen durch Urteile seien zudem deshalb nicht betroffen, weil die Abfindungen hier kein Arbeitsentgelt enthielten. Dasselbe Ergebnis erweise das Verhältnis von § 117 Abs. 1 zu Abs. 2 AFG. Die Ruhenswirkung nach Absatz 1 wegen Anspruchs auf Entgelt setze dessen Feststellung durch Urteil oder Vergleich voraus. Aus dem arbeitsgerichtlichen Gestaltungsurteil folge hingegen, daß Ansprüche nicht mehr vorhanden seien, so daß § 117 Abs. 1 AFG entfalle. Deshalb bleibe dann auch kein Raum mehr für die Anwendung von § 117 Abs. 2 AFG, da Umgehungsmöglichkeiten fehlten. Die bei Gestaltungsurteilen festzusetzende Abfindungssumme orientiere sich an den im Gesetz vorgegebenen Kriterien.

Der Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG auf Gestaltungsurteile stünden ferner verfassungsrechtliche Gründe entgegen. So habe das BVerfG im Beschluß vom 12. Mai 1976 ausgeführt, daß ua bei einem Auflösungsurteil (Gestaltungsurteil) gemäß §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) die Nichtanrechenbarkeit von Abfindungen auf Alg in Betracht zu ziehen sei, weil hier bei der richterlichen Festsetzung der Abfindung eher der soziale Besitzstand als der Ausfall von Arbeitsentgelt berücksichtigt werde. Zudem würde eine andere Auslegung zu einer Ungleichbehandlung derjenigen Arbeitnehmer führen, denen zu Unrecht fristlos gekündigt worden sei. Deren Abfindung würde den Alg-Anspruch berühren, was bei zu Recht fristlos Gekündigten nicht der Fall sei, wie aus § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG folge. Wenn aber eine Anrechnung der Abfindung bei berechtigter fristloser Kündigung des Arbeitgebers nicht in Betracht komme, so müsse das gleiche Recht dem Arbeitnehmer zustehen, dem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach einer unberechtigten fristlosen Kündigung nicht mehr zumutbar sei.

Im übrigen könne der angefochtene Bescheid nicht als Erstattungsbescheid angesehen werden. Er enthalte auch nicht die Aufhebung des früheren Bewilligungsbescheides, zumal es dafür an den Voraussetzungen nach §§ 45 ff des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB 10) fehlen würde. Die Beklagte habe jedenfalls für die Zeit vom 1. August 1981 bis 13. November 1981 rechtmäßig Alg bewilligt. Insoweit sei allerdings für seinen prozessualen Leistungsantrag kein Raum. Der Kläger erklärt deshalb, daß er sein Leistungsbegehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg auf den Zeitraum vom 16. Juli bis 31. Juli 1981 beschränke.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt vom 14. Januar 1983 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für richtig und weist ergänzend darauf hin, daß die Auffassung des LSG mit der in den Motiven zum 4. AFG-Änderungsgesetz verlautbarten Absicht des Gesetzgebers zur Anwendung des § 117 übereinstimme. Außerdem habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden, daß § 117 Abs. 2 und 3 AFG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei. Einer Aufhebung der Bewilligung von Alg ab 1. August 1981 habe es nicht bedurft; denn Streitgegenstand sei nur die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung des Ruhens des Anspruchs („Ruhensbescheid”). Dem stehe das Fehlen einer Verfügung über die Erstattungspflicht des Klägers durch Verwaltungsakt nicht entgegen, nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers den inzwischen eingezogenen Erstattungsbetrag mit Einverständnis der Beklagten treuhänderisch verwalte.

Die Beteiligten haben erklärt, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden sind (§ 124 Abs. 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist im wesentlichen begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist nur noch der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1982. Den Sperrzeitbescheid vom 25. August 1981 hat die Beklagte aufgehoben. Die Klage auf Leistungen zum Ausgleich des von ihr an den Kläger bis zum 13. November 1981 gezahlten Alg gegen die Fa. M. hat die Beklagte zurückgenommen. Selbst wenn der Kläger die Mitteilung der Beklagten vom möglichen Übergang dieses Teils seiner Abfindungsansprüche gegen die Fa. M. im Schreiben vom 25. August 1981 angefochten haben sollte, hat sich das Verfahren deshalb auch insoweit erledigt. Es ist nach dem Vorbringen des Klägers jedenfalls davon auszugehen, daß seine Klage sich nicht (mehr) gegen den oa Sperrzeitbescheid und das oa Schreiben richtet. Ob es sich bei, dem letzteren überhaupt um einen anfechtbaren Verwaltungsakt gehandelt hat, kann folglich offen bleiben.

Der Bescheid vom 10. Februar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1982 ist teilweise rechtswidrig. In beiden Bescheiden hat die Beklagte ausgeführt, daß ein Anspruch des Klägers auf Alg als Folge der ihm zugebilligten Abfindung für die Zeit vom 4. Juli bis 13. November 1981 gemäß § 117 AFG ruhe, so daß sein Alg-Antrag für die Zeit bis 13. November 1981 abzulehnen sei. Von diesem Inhalt des Bescheides ist für die Prüfung auszugehen, ob es sich um einen rechtmäßigen oder rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt. Maßgebend für den Inhalt der von einer Behörde in Form des Verwaltungsaktes getroffenen Regelung iS von § 31 Satz 1 SGB 10 (Verfügungssatz) ist nämlich die darin abgegebene Erklärung und der aus dem Inhalt ersichtliche Erklärungswille in der Gestalt, wie beides für den Adressaten der Erklärung erkennbar geworden ist (vgl. ua BSGE 48, 56, 59 = SozR 2200 § 368a Nr. 5; Meyer-Ladewig, Komm z SGG, Anhang nach § 54 RdNr. 3a mwN). Der so ermittelte Verfügungssatz bestimmt den Inhalt des Verwaltungsaktes (BSGE 60, 287, 288 = SozR 1300 § 48 Nr. 29).

Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides ist nach seinem Wortlaut die Entscheidung der Beklagten, den Antrag des Klägers auf Alg für die Zeit vom 16. Juli bis 13. November 1981 abzulehnen. Dieser Erklärungswille ist auch nach dem übrigen Inhalt des Bescheides und den Umständen des Falles eindeutig. Die Beklagte hat damit ihrem gesetzlichen Auftrag entsprochen, über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden (§ 146 AFG). Soweit in dem Bescheid Ausführungen zum Ruhen des Alg-Anspruchs enthalten sind, handelt es sich um die Begründung für die oa Entscheidung der Beklagten über den Alg-Antrag des Klägers. Insoweit trifft die Beklagte nämlich keine Regelung; vielmehr wendet sie gesetzliche Rechtsfolgen auf einen bestimmten Sachverhalt an, die (nur) die Grundlage für ihre Entscheidung über den Antrag (Anspruch) bilden sollen und können. Es ist deshalb mißverständlich, wenn derartige Bescheide, wie hier, mit „Ruhen des Anspruchs” überschrieben oder als „Ruhensbescheid” bezeichnet werden. Es mag Sachverhalte geben, in denen Anlaß für einen in bezug auf diesen oder andere Tatbestände lediglich feststellenden Verwaltungsakt besteht. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn über einen konkreten Leistungsantrag in bezug auf einen konkreten Leistungsanspruch zu befinden ist. Aufgabe der Verwaltung ist es hier allein, über den Antrag zu entscheiden, ganz oder teilweise stattgebend oder ablehnend. Im vorliegenden Fall hat sie den Antrag in der oa Weise abgelehnt.

Zu dieser Ablehnung war die Beklagte nur in bezug auf die Zeit vom 16. bis 31. Juli 1981 berechtigt. Aus den Feststellungen des LSG folgt, daß der Kläger aufgrund seiner Antragstellung vom 16. Juli 1981 dem Grunde nach einen Anspruch auf Alg besaß; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Dieser Anspruch war jedoch gemäß § 117 Abs. 2 und 3 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557 – 4. AFG-ÄndG –) mit der Rechtsfolge des Ruhens in bestimmtem Umfange belastet.

Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG (idF des 4. AFG-ÄndG) ruht der Anspruch auf Alg vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis (längstens) zu dem Tage, an dem es bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ua eine Abfindung erhalten hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Die Frage, wie im Einzelfall die „der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechende Frist” hinsichtlich ihres Beginns zu bestimmen ist, regelt § 117 Abs. 2 Satz 2 AFG. Danach beginnt sie mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorangegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen diese Voraussetzungen für ein Ruhen des Alg-Anspruchs des Klägers seit seiner Entstehung vor. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist die fristlose Kündigung der Fa. M. vom 3. Juli 1981 vorausgegangen. An diesem Tage (§ 117 Abs. 2 Satz 2 AFG) hätte der Arbeitgeber frühestens zum 31. März 1982 ordentlich kündigen können. Gründe für eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grunde lagen nicht vor, so daß eine dementsprechende Begrenzung des Ruhenszeitraumes iS von § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG ausscheidet. Die vom Arbeitsgericht rechtskräftig vorgenommene Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem 3. Juli 1981 erfolgte somit ohne die erforderliche Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers iS von § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG. Die Abfindung wurde dem Kläger ferner wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeräumt.

Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß von der dem Kläger zustehenden Abfindung in Höhe von 82.500,– DM nur 30 vH, dh 24.700,– DM, den Ruhenszeitraum bestimmen. Gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AFG wirken sich in jedem Falle höchstens 70 vH einer Abfindung auf das Ruhen eines Alg-Anspruchs aus. Ein Anteil von 30 vH wird stets als Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes angesehen. Dieser Anteil erhöht sich durch entsprechende Verminderung des grundsätzlich anrechenbaren Wertes von 70 vH um je weitere 5 vH der Abfindung für je fünf Jahre der Betriebszugehörigkeit und je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres (§ 117 Abs. 3 Satz 3 AFG). Im Falle des Klägers ergibt sich daraus ein weiterer anrechnungsfreier Anteil von 40 vH der Abfindung, woraus der oa anrechenbare Wert von 30 vH folgt. Aus dem vom LSG festgestellten maßgeblichen Bemessungsentgelt von 5.559,– DM ist das Berufungsgericht rechnerisch zutreffend zu einem Ruhenszeitraum von 133 Tagen gelangt, der gemäß § 117 Abs. 2 Sätze 1 und 2 die Zeit vom 4. Juli bis 13. November 1981 umfaßt, was grundsätzlich das Ruhen des am 16. Juli 1981 entstandenen Alg-Anspruchs bis zum 13. November 1981 zur Folge hatte.

Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Ruhen des Alg-Anspruchs nicht entgegen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst worden ist. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Fälle der vorzeitigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch arbeitsgerichtliche Gestaltungsurteile nicht von der Regelung des § 117 Abs. 2 AFG ausgenommen. § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG differenziert insoweit nicht zwischen verschiedenen Rechtshandlungen oder Rechtsakten. Soweit der Kläger vorträgt, § 117 Abs. 2 AFG sehe das Ruhen nur vor, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch Vergleich oder Aufhebungsvertrag gelöst wurde, irrt er. § 117 Abs. 2 AFG idF des 4. AFG-ÄndG enthält diese Einschränkung nicht. Lediglich in der hier nicht mehr anzuwendenden Vorläuferregelung waren Beendigungstatbestände dieser Art. aufgeführt. Dort war jedoch ausdrücklich auch das Ruhen angeordnet, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig nach einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen unbegründeten außerordentlichen Kündigung gegen Abfindung durch Urteil nach den Regeln des KSchG beendet worden ist (vgl. § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 – BGBl I 582). § 117 Abs. 2 AFG aF nahm mithin nur die Fälle aus, in denen eine Abfindung gezahlt wurde, obwohl der Arbeitgeber berechtigterweise fristlos gekündigt hatte; im Ergebnis ist dies auch seit der Gesetzesänderung durch das 4. AFG-ÄndG nicht anders (§ 117 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 AFG; vgl. dazu BSG SozR 4100 § 117 Nr. 14). Hier unterstellt das Gesetz, daß die Abfindung ausschließlich aus sozialen Gründen und nicht mehr zur Abgeltung von Entgeltansprüchen erfolgt.

An diesem Ergebnis ändert nichts der Wortlaut von § 117 Abs. 2 Satz 2 AFG, worauf das SG seine Entscheidung gestützt hat. Wie schon ausgeführt wurde, regelt diese Vorschrift lediglich, wann der Ruhenszeitraum bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im konkreten Einzelfall beginnt. Sie knüpft insoweit an den Tag der Kündigung, bei deren Fehlen an den Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Für die Erwähnung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil bestand kein Bedürfnis; denn dieses kommt nur in Betracht, wenn eine Kündigung ausgesprochen (und angefochten) worden ist (vgl. §§ 9, 13 KSchG). Aus dem Fehlen eines Hinweises auf derartige Gestaltungsurteile in § 117 Abs. 2 Satz 2 AFG rechtfertigt sich deshalb keine Schlußfolgerung auf den Inhalt des § 117 Abs. 2 Satz 1 AFG.

Der dargestellte Inhalt des § 117 Abs. 2 AFG folgt nicht nur aus Rechtsentwicklung und Wortlaut, sondern entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers. So ist in der Regierungsbegründung zur Änderung des § 117 AFG durch das 4. AFG-ÄndG ausgeführt, daß der Anspruch auf Alg künftig immer dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist. Eine Ausnahme soll allein dann gelten, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis hätte fristlos kündigen können, weil in diesen Fällen eine etwa gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (vgl. BT-Drucks 8/857, Begründung zu Nr. 8 des Gesetzesentwurfs –S 9–). Der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat die Regelung ausdrücklich einhellig begrüßt (vgl. BT-Drucks 8/1053, Bericht des Abgeordneten Müller-Remscheid – unter I Ziffer 2).

Es ist schließlich kein vernünftiger Grund ersichtlich, Abfindungen aufgrund von arbeitsgerichtlichen Gestaltungsurteilen im Anschluß an eine unbegründete fristlose (außerordentliche) Kündigung von der Ruhenswirkung des § 117 Abs. 2 AFG auszunehmen. Zweck des § 117 Abs. 2 AFG ist es in erster Linie, den Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Alg zu verhindern; der Inhalt seiner Regelung soll zugleich Manipulationen zur Umgehung dieses Zweckes erschweren (vgl. BSGE 46, 20, 29 ff = SozR 4100 § 117 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 117 Nr. 17). Unter anderem drückt sich dies darin aus, daß § 117 Abs. 2 und 3 AFG die unwiderlegbare Vermutung aufstellen, daß in den wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährten Abfindungen, Entschädigungen und ähnlichen Leistungen in pauschaliertem Umfang auch Arbeitsentgeltteile enthalten sind (vgl. BSG SozR 4100 § 117 Nr. 13).

Eine solche Sachlage ist aber gerade bei Abfindungen aufgrund von Gestaltungsurteilen im Anschluß an eine unbegründete fristlose Kündigung gegeben. Löst das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis wegen einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung auf, weil dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist (§ 9 Abs. 1 KSchG), so erfolgt dies zu dem Zeitpunkt, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte (§ 9 Abs. 2 KSchG). Die dem Arbeitnehmer in diesen Fällen zugesprochene Abfindung (§ 9 Abs. 1 iVm § 10 KSchG) enthält folglich keine Arbeitsentgeltanteile, sondern dient voll dem Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes (vgl. BSGE 52, 47, 50 = SozR 4100 § 117 Nr. 7 mwN; ebenso Herschel/Löwisch, Komm z KSchG, 6. Aufl, RdNr. 1 zu § 9, RdNrn 11, 12 zu § 10). § 117 Abs. 2 AFG nimmt darauf Bedacht; denn da hier das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers aufgelöst wurde, tritt keine Ruhenswirkung in bezug auf einen anschließenden Alg-Anspruch ein (§ 117 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AFG).

Anders verhält es sich bei Auflösungen durch Urteil im Anschluß an eine unbegründete außerordentliche Kündigung. Ergibt sich auf Klage hier, daß dem Arbeitnehmer trotz Unbegründetheit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist, hat das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem es bei begründeter außerordentlicher Kündigung geendet hätte (§ 13 Abs. 1 KSchG iVm § 9 Abs. 2 KSchG; vgl. auch hierzu BSGE 52, 47, 50 = SozR 4100 § 117 Nr. 7 mwN, ebenso Herschel/Löwisch, aaO, RdNr. 21 zu § 13). Daraus folgt zugleich, daß die in diesen Fällen festzusetzende Abfindung in aller Regel das dem Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist entgangene Arbeitsentgelt enthält (BSG aaO; Herschel/Löwisch aaO). Folglich besteht für die Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG in solchen Fällen guter Grund.

Der Einwand des Klägers, § 117 Abs. 2 AFG sei hier deshalb nicht heranzuziehen, weil bei Gestaltungsurteilen dieser Art. Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen seien, greift demgegenüber nicht durch. Abgesehen davon, daß die Verhinderung von Manipulationen nur ein Ziel des § 117 Abs. 2 AFG ist, widerlegt der vorliegende Fall die Auffassung des Klägers. Ausweislich des Protokolls der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 27. Oktober 1981 beendeten die Parteien das Arbeitsverhältnis nur deshalb nicht einvernehmlich, weil sie die Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG umgehen wollten. Daß hieran, wenn auch rechtsirrig, sogar das Arbeitsgericht mitwirkte, ändert nichts an der auch zur Herbeiführung solcher Gestaltungsurteile vorhandenen Manipulationsmöglichkeit, im Gegenteil.

Schließlich macht der Kläger ohne Erfolg geltend, die Anwendung des § 117 Abs. 2 AFG auf Fälle der vorliegenden Art. verstoße gegen das Grundgesetz. Auf die Entscheidung des BVerfG vom 12. Mai 1976 – 1 BvL 31/73 – (BVerfGE 42, 176 = SozR 4100 § 117 Nr. 1) beruft er sich zu Unrecht. Die dortigen Ausführungen des BVerfG, daß der Arbeitsrichter bei der Festsetzung der Abfindung nach § 9 KSchG eher den sozialen Besitzstand des Arbeitnehmers als den Ausfall seines Arbeitsentgelts berücksichtigen wird, betreffen ersichtlich nicht Abfindungen aufgrund Entscheidungen nach § 13 Abs. 1 KSchG, um die es hier geht. Im übrigen hat das BVerfG inzwischen entschieden, daß die Vorschriften des § 117 Abs. 2 und 3 AFG idF des 4. AFG-ÄndG nicht verfassungswidrig sind (Beschluß vom 14. Dezember 1981 – 1 BvL 1011/81 – SozR 4100 § 117 Nr. 8). Dem entspricht die Rechtsprechung des Senats (BSGE 46, 20, 25 = SozR 4100 § 117 Nr. 2). Das gilt auch für die Einbeziehung solcher Abfindungen in den Regelungsgehalt des § 117 Abs. 2 AFG, die aufgrund von Gestaltungsurteilen nach § 13 Abs. 1 KSchG zustehen. Soweit der Kläger es als eine den Art. 3 GG verletzende Ungleichbehandlung ansieht, daß Abfindungen nach einer unbegründeten fristlosen Kündigung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Ruhen von Alg-Ansprüchen auslösen können, Abfindungen nach einer berechtigten fristlosen Kündigung hingegen nicht, hat er nicht beachtet, daß es sich insoweit auch um unterschiedliche Sachverhalte handelt. Art. 3 GG verbietet jedoch nicht unterschiedliche rechtliche Lösungen für verschiedene Sachverhalte. Dies gilt bei ähnlichen Sachverhalten um so mehr, wenn für die unterschiedliche Behandlung sachgerechte Gründe vorliegen, wie es für § 117 Abs. 2 und 3 AFG der Fall ist.

Obwohl sonach der Anspruch des Klägers vom 16. Juli 1981 an gem § 117 Abs. 2 AFG ruhte, erweist sich die darauf gestützte Ablehnung des Alg-Antrags des Klägers in dem angefochtenen Bescheid nur für die Zeit bis 31. Juli 1981 als rechtmäßig. An sich stand dem Kläger ursprünglich das Recht zu, von der Beklagten schon ab Antragstellung Alg zu erhalten. Dies folgt aus § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG. Nach dieser Vorschrift wird das Alg auch in der Zeit gewährt, in der der Anspruch ruht, soweit der Arbeitslose die in § 117 Abs. 1 und 2 genannten Leistungen tatsächlich nicht erhält (vgl. dazu BSGE 60, 168 = SozR 4100 § 117 Nr. 16; Urteil des Senats vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 16/85 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Auf diese Vorschrift stützt sich denn auch zu Recht die Bewilligung von Alg an den Kläger ab 1. August 1981. Da die Beklagte für die Zeit vom 16. bis 31. Juli 1981 eine solche Bewilligung bisher nicht ausgesprochen hatte, weil sie ursprünglich vom Eintritt einer diesen Zeitraum erfassenden Sperrzeit ausgegangen war, durfte sie den Antrag des Klägers in dem angefochtenen Bescheid insoweit ablehnen. Inzwischen hatte der Kläger nämlich aus der ihm zugebilligten Abfindung wenigstens rund 70.000,– DM erhalten. Auch wegen dieses Betrages war jedenfalls für den genannten Zeitraum eine Ruhenswirkung gemäß § 117 Abs. 2 AFG eingetreten, durch dessen Zufluß an den Kläger aber die Voraussetzungen der Leistungspflicht der Beklagten nach § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG entfallen. Die Klage auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist für die darin ausgesprochene Ablehnung des Antrags auf Alg für die Zeit vom 16. bis 31 c Juli 1981 deshalb unbegründet. Dasselbe gilt für das zulässige Begehren des Klägers, die Beklagte insoweit zur Leistung zu verurteilen.

Hinsichtlich der Zeit vom 1. August bis 13. November 1981 ist die Anfechtungsklage hingegen begründet. Die insoweit erhobene Leistungsklage hat der Kläger im Revisionsverfahren in zulässiger Weise zurückgenommen (vgl. BSG SozR SGG § 102 Nrn 3 und 4). Der Rechtsstreit ist insoweit in der Hauptsache erledigt (§ 102 Satz 2 SGG), die entsprechende Verurteilung der Beklagten durch das SG ist wirkungslos (vgl. Meyer-Ladewig, Komm z SGG, RdNr. 9 zu § 102; Hennig/Danckwerts/König, Komm z SGG, Erl 4.1. zu § 102).

Dem Recht der Beklagten, den Alg-Antrag des Klägers für die Zeit vom 1. August bis 13. November 1981 abzulehnen, stand die Bindungswirkung der früheren Bewilligung von Alg ua für diesen Zeitraum aufgrund der Verfügung vom 10. August 1981 entgegen. Aus § 77 SGG folgt, daß die in einem nicht angefochtenen Verwaltungsakt getroffene Regelung (auch) in ihrem materiellen Gehalt für alle Beteiligten verbindlich ist (vgl. Meyer-Ladewig, aaO, RdNr. 7 zu § 77; Hennig/Danckwerts/König, aaO, Erl 3 zu § 77, jeweils mwN). Solange die frühere Bewilligung von Alg iS von § 77 SGG Bestand hat, war jede davon nachteilig abweichende neue Entscheidung der Beklagten deshalb von vornherein rechtswidrig, ohne daß es insoweit auf die materielle Rechtslage ankommt. Das würde selbst dann gelten, wenn man mit der Beklagten der Auffassung sein wollte, sie habe in dem angefochtenen Bescheid über den Leistungsantrag des Klägers überhaupt nichts entschieden, sondern lediglich ein Ruhen des Anspruchs festgestellt; denn auch die von der Beklagten mit einer solchen Feststellung beabsichtigten Rechtsfolgen ständen im Widerspruch zur bindenden Alg-Bewilligung ab 1. August 1981.

Allerdings steht die Bindungswirkung eines begünstigenden Verwaltungsaktes nicht grundsätzlich seiner Aufhebung entgegen; die Bindung reicht nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 77 letzter Halbsatz SGG). Bestimmungen über die Aufhebung von bindenden Verwaltungsakten sind in §§ 45 ff SGB 10 zu finden. Deren Anwendung setzt zunächst voraus, daß der angefochtene Bescheid überhaupt als eine Aufhebung der früheren Alg-Bewilligung in dem streitigen Umfang angesehen werden kann. Obwohl dies weder der Bescheid vom 10. Februar 1982 noch der Widerspruchsbescheid vom 26. März 1982 zum Ausdruck bringen, könnte diesen Bescheiden ein dahingehender Inhalt durch Umdeutung iS von § 43 SGB 10 beigelegt werden. Indessen bedarf dies keiner abschließenden Entscheidung; denn selbst bei Annahme eines solchen Inhalts wäre eine Aufhebung der früheren Alg-Bewilligung für die Zeit vom 1. August bis 13. November 1981 rechtswidrig.

§ 45 SGB 10 erlaubt die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes nur, wenn er von Anfang an rechtswidrig war. § 48 SGB 10 verlangt dafür eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen. An beiden Voraussetzungen fehlt es hier. Als die Beklagte dem Kläger mittels der Verfügung vom 10. August 1981 Alg ab 1. August 1981 bewilligte, war sie hierzu ungeachtet des Ruhens des Anspruchs nach § 117 Abs. 2 AFG gemäß § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG verpflichtet; sie hatte dies auch erkannt. Ihre Entscheidung war deshalb von Anfang an rechtmäßig. Sie wurde auch nicht durch die Auszahlung von Teilen der Abfindung an den Kläger nach Abschluß des Arbeitsgerichtsverfahrens nachträglich rechtswidrig; diese Auszahlung erfolgte erst nach dem 13. November 1981 und vermochte deshalb für die Zeit bis dahin nichts an der Voraussetzung des § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG für die Leistungspflicht der Beklagten zu ändern. Wie der Senat im übrigen schon entschieden hat, wird das Alg aufgrund § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG nicht etwa vorbehaltlich der Arbeitsentgeltzahlung iS von § 117 Abs. 1 oder 2 AFG gewährt, sondern endgültig. Die Gewährung bleibt rechtmäßig, auch wenn der Arbeitslose später die an sich zum Ruhen führenden Leistungen nach § 117 Abs. 1 oder 2 AFG erhält; denn die Zahlung des Arbeitgebers wirkt nicht auf die Zeit der Gleichwohl-Gewährung von Alg zurück (BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr. 16). In solchen Fällen kommt deshalb eine rückwirkende Aufhebung der früheren Alg-Bewilligung nicht in Betracht. Vielmehr ist die Beklagte darauf verwiesen, vom Arbeitgeber, ggf vom Arbeitslosen diejenigen Beträge zu verlangen, die sie gemäß § 117 Abs. 4 Satz 1 SGG an den Arbeitslosen zu erbringen hatte (BSG aaO; § 115 SGB 10 und § 117 Abs. 4 Satz 2 AFG).

So hätte die Beklagte auch hier verfahren müssen. Das hat sie jedoch nicht getan. Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinngehalt des angefochtenen Bescheides hat die Beklagte verfügt, daß der Kläger eine bestimmte Summe aus der ihm zustehenden Abfindung an sie zu zahlen habe. Ein solcher Inhalt kann dem Bescheid schon wegen der gegenüber einer Antragsablehnung oder gegenüber einer Bescheidaufhebung anderen Zielrichtung eines Zahlungsbegehrens nicht durch Umdeutung beigelegt werden (§ 43 Abs. 1 SGB 10). Im übrigen widerspräche dies der erkennbaren Absicht der Beklagten, wie aus ihrem Revisionsvorbringen zum Inhalt des Bescheides folgt (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB 10).

Auf die Revision ist deshalb das Urteil des LSG aufzuheben, soweit es unter vollständiger Aufhebung des SG-Urteils die Klage in vollem Umfang abgewiesen hat. Die Berufung der Beklagten konnte lediglich zur Aufhebung des SG-Urteils und zur Klageabweisung führen, soweit der angefochtene Bescheid die Zeit vom 16. bis 31. Juli 1981 betrifft. Im übrigen, dh hinsichtlich der Zeit vom 1. August bis 13. November 1981 mußte die Berufung der Beklagten erfolglos bleiben; denn insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und vom SG im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden.

Die Revision des Klägers muß hingegen erfolglos bleiben, soweit er damit erreichen möchte, daß es auch für die Zeit vom 16. bis 31. Juli 1981 bei der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alg durch das SG verbleibt; sie ist insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI921558

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