Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin macht einen Anspruch wegen verspäteter Überweisung von Beiträgen zur Rentenversicherung der Angestellten geltend.

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der Allgemeinen Ortskrankenkasse Wiesbaden Rheingau/Taunus (im folgenden: AOK). In der Zeit bis März 1990 erhielt die AOK über 16 Geldinstitute Überweisungen von mehreren tausend Arbeitgebern und etwa 5.200 freiwillig Versicherten. Sie leitete als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die von den Arbeitgebern ihres Zuständigkeitsbereichs gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten an die klagende Bundesversicherungsanstalt für Angestellte weiter. Die Beiträge wurden mit dem vom AOK-Bundesverband betreuten Datenverarbeitungssystem IDVS-II gebucht. Der Ablauf bei Eingang und Weiterleitung der Beiträge bei der AOK gestaltete sich über vier Arbeitstage hinweg im einzelnen wie folgt: Am ersten Tag erfolgte die Wertstellung der Beitragszahlungen der Arbeitgeber zugunsten der AOK bei deren Banken. Am zweiten Tag erreichten die AOK morgens bis 10 Uhr die Gutschriftanzeigen, die manuell vorgeprüft und dann an eine externe Datenerfassungsstelle weitergeleitet wurden. Dort wurden die Belege bis 18 Uhr erfaßt und in einem Stapellauf während der Nachtstunden (18 Uhr bis 7 Uhr des folgenden Tages) komplett verarbeitet („Batch-Verfahren”). Am dritten Tag standen der AOK ab 7. Uhr die Ergebnisse der Datenverarbeitung zur Verfügung. Ihre Finanzabteilung erhielt bis 9 Uhr eine Liste mit den Beiträgen für die Rentenversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit. Nach dem ab 10 Uhr feststand, welche ihrer bei den verschiedenen Geldinstituten bestehenden Konten genügend Deckung aufwiesen, wurden die Überweisungsträger für die begünstigten Versicherungsträger – u.a. die Klägerin – erstellt und den Geldinstituten per, Boten übermittelt. Dort lagen sie im Regelfall erst nach dem sog. Buchungsschnitt (bei den meisten Instituten 11 Uhr) vor und wurden nicht mehr an diesem Tag weitergeleitet. Am vierten Tag wurden die den begünstigten Versicherungsträgern zustehenden Beiträge auf deren Konten, auch auf die Konten der Klägerin, weitergeleitet und dort am selben Tag gutgeschrieben. Die Klägerin hatte wieder holt die ihrer Ansicht nach verspäteten Überweisungen durch die AOK gerügt.

Mit ihrer im Februar 1991 erhobenen Klage hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Berlin wegen schuldhaft nicht rechtzeitiger Weiterleitung von Beiträgen zur Angestelltenversicherung den Betrag von (berichtigt) 53.448, 58 DM geltend gemacht. Davon entfielen 23.578, 80 DM auf die Zeit vor 1989, (berichtigt) 29.415, 74 DM auf die Zeit von Juli 1989 bis März 1990 und 454, 04 DM auf die verspätete Weiterleitung einiger hoher Einzelbeträge.

Wegen des gleichen Sachverhalts haben auch die Landesversicherungsanstalt Hessen und die Bundesanstalt für Arbeit beim SG Frankfurt am Main und beim SG Nürnberg Klagen erhoben. Das SG Nürnberg hat ein Gutachten des Diplom-Betriebswirts (FH) K. vom 30. September 1991 zu den technischen Möglichkeiten der Beitragsweiterleitung eingeholt. Dieses Gutachten hat das SG Berlin im vorliegenden Verfahren beigezogen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 1. April 1993). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 13. Dezember 1995 der Klage hinsichtlich der Ansprüche wegen verspäteter Weiterleitung in der Zeit ab Juli 1989 und bei den Einzelbeträgen stattgegeben. Im übrigen (für die Zeit vor 1989) hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Soweit das LSG der Klage stattgegeben hat, hat es im wesentlichen ausgeführt, daß sich der Anspruch aus § 28r Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) i.V.m. § 28k Abs. 1 SGB IV ergebe. Die Einzugsstellen seien nach § 28k Abs. 1 SGB IV verpflichtet, den Trägern der Rentenversicherungen deren Beiträge „arbeitstäglich” und mit einer hohen Priorität im Vergleich zu den sonstigen Aufgaben der Krankenkassen weiterzuleiten. Damit sei der Funktionsfähigkeit und Finanzierung der großen Versicherungssysteme Renten- und Arbeitslosenversicherung hohes Gewicht eingeräumt und eine besondere Anstrengung der Einzugsstellen gefordert. Den Einzugsstellen werde nichts Unmögliches abgefordert, wenn sie die Beiträge bis zum Bankannahmeschluß des dritten Tages den Geldinstituten zur Überweisung vorlegen müßten. In der Literatur werde die Pflicht zur arbeitstäglichen Weiterleitung dahin verstanden, daß der Überweisungsauftrag an dem Tag, an dem die Buchung erfolge, von der Einzugsstelle dem Geldinstitut zu übergeben oder zu übersenden sei, damit er am nächsten Arbeitstag ausgeführt werden könne. Dieses ergebe sich für die Zeit ab 1. Juli 1989 unmittelbar aus § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Beitragszahlungsverordnung vom 22. Mai 1989 (BGBl. I S. 990 – BeitrZV). Danach hätte vorliegend von der AOK alles für die Überweisung Erforderliche bereits am selben Tag, nämlich am zweiten Tag zeitgleich mit der Buchung des Geldeingangs erledigt werden müssen. Wenn die Klägerin auch Rücksicht auf das Einschalten des Datenverarbeitungssystems nehme, was wegen seiner nächtlichen Batch-Arbeitsweise zu einer Zeitverzögerung führe, und den Einzugsstellen Teile eines weiteren Arbeitstages für die Bearbeitung zubillige, so sei es doch nicht zu beanstanden, daß sie verlange, die Überweisungsaufträge müßten jeweils vor dem Bankannahmeschluß des dritten Tages bei den Geldinstituten vorliegen. Aufgrund des Vorbringens der Klägerin. sei davon auszugehen, daß sich alle anderen Einzugsstellen im Ortskrankenkassenbereich entsprechend ihren Pflichten verhalten hätten. Allein dies zeige, daß es bei entsprechenden Anstrengungen technisch möglich sei, die Überweisungen zeitgerecht vorzunehmen. Die Beklagte habe selbst keine weiteren Einzugsstellen benennen können, die die Beitragsweiterleitung mit dem gleichen zeitlichen Ablauf handhabten wie sie. Die AOK habe bei der verspäteten Weiterleitung die ihr obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt.

Gegen das Urteil hat nur die Beklagte Revision eingelegt. Im Revisionsverfahren haben sich die Beteiligten wegen des Betrages von 454, 04 DM (verspätete Einzelüberweisungen) verglichen. Hinsichtlich des hiernach noch streitigen Betrages von 29.415, 74 DM rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 28k und 28r SGB IV. Sie ist der Ansicht, daß für die arbeitstägliche Weiterleitung der Beiträge nach § 28k SGB IV den Einzugsstellen ein voller Arbeitstag (der dritte Tag) für die Hingabe der Überweisungsträger an die Geldinstitute zur Verfügung stehe. Die Umstellung von der früher nur mindestens zweimal wöchentlich vorgeschriebenen Weiterleitung auf das arbeitstägliche Abführungsintervall habe bei den Einzugsstellen einen immensen verwaltungsmäßigen Mehraufwand verursacht. Der Arbeitstag könne nicht auf die Stunden vor Buchungsschnitt bei den Banken eingeschränkt werden. Die Beklagte rügt auch eine Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß alle anderen Einzugsstellen im Ortskrankenkassenbereich sich den Anforderungen der Klägerin entsprechend verhalten hätten. Das LSG habe sich auf das Vorbringen der Klägerin gestützt und trotz Bestreitens durch die Beklagte nicht für eine Aufklärung des Sachverhalts gesorgt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG vom 13. Dezember 1995 insoweit aufzuheben, als die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 29.415, 74 DM zu zahlen und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 1. April 1993 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Im Revisionsverfahren ist nur über die Forderung in Höhe von 29.415, 74 DM für die Zeit von Juli 1989 bis März 1990 zu entscheiden. Über die weiteren ursprünglich mit der Klage erhobenen Anspruch ist rechtskräftig entschieden oder der Vergleich geschlossen.

II.

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die AOK in der Zeit von Juli 1989 bis März 1990 schuldhaft die ihr nach § 28k Abs. 1 Satz 1 SGB IV obliegende Pflicht verletzt hat, die gezahlten Beiträge arbeitstäglich an die Klägerin als Träger der Rentenversicherung weiterzuleiten und deshalb der Klägerin nach § 28r SGB IV ersatzpflichtig ist. Diese Entscheidung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Seit dem 1. Januar 1989 werden die Aufgaben und Verpflichtungen der Einzugsstellen gegenüber den Trägern der Rentenversicherung im Zusammenhang mit der Einziehung und der Weiterleitung von Fremdbeiträgen im wesentlichen durch die §§ 28h bis 28r SGB IV i.d.F. des Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in das SGB IV vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2330) geregelt. Die AOK war Einzugsstelle, an die nach § 28h Abs. 1 SGB IV der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) zu zahlen war. Sie hatte die für die Klägerin gezahlten Beitrage nach Maßgabe des § 28k SGB IV weiterzuleiten. Bei schuldhafter Verletzung ihrer Pflicht zur rechtzeitigen Weiterleitung der Beiträge hat die Einzugsstelle nach § 28r Abs. 2 SGB IV Zinsen in Höhe von zwei vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu zahlen.

§ 28k Abs. 1 Satz 1 SGB IV schreibt u.a. vor, daß die Einzugsstelle dem zuständigen Träger der Rentenversicherung die für diesen gezahlten Beiträge arbeitstäglich weiterleitet. Ergänzend sehen § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BeitrZV vor, daß die Einzugsstelle an jedem Arbeitstag Aufträge zur Überweisung der nach § 28k Abs. 1 SGB IV weiterzuleitenden Beiträge zu erteilen hat und in die Aufträge jeweils die an diesem Arbeitstag bei der Einzugsstelle gebuchten Beiträge zu übernehmen sind. Das LSG hat die AOK aufgrund dieser Vorschriften für verpflichtet gehalten, die Überweisungsaufträge für die gebuchten Beiträge jedenfalls bis zum Buchungsschnitt am dritten Tag ihren Banken einzureichen. Soweit ihnen die AOK die Aufträge erst später vorgelegt habe, sei sie wegen schuldhaft nicht rechtzeitiger Weiterleitung ersatzpflichtig.

Das LSG hat damit die sich aus § 28k Abs. 1 Satz 1 SGB IV ergebenden Pflichten der AOK nicht verkannt. Mit der Verpflichtung zur arbeitstäglichen Weiterleitung der eingezogenen Beiträge wollte der Gesetzgeber den Rentenversicherungsträgern und der Bundesanstalt für Arbeit eine umgehende und gegenüber dem früher bestehenden Rechtszustand beschleunigte Verfügung über ihre Beiträge ermöglichen. Bis zum Inkrafttreten von § 28k SGB IV bestimmten die §§ 1433, 1435 der Reichsversicherungsordnung und die §§ 155, 157 des Angestelltenversicherungsgesetzes, daß die Einzugsstellen die eingezogenen Beiträge den Rentenversicherungsträgern unverzüglich, mindestens zweimal in der Woche, abzuführen hatten. Die Weiterleitungspraxis der Einzugsstellen an nur zwei Tagen in der Woche führte bei den Rentenversicherungsträgern zu beachtlichen Einnahmeausfällen durch Zinsverluste (vgl. Bericht des Bundesrechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 1988 unter 65.5, S. 139; S. auch Grintsch/Neidert, Deutsche Rentenversicherung 1989, S. 72, 82). Wenn der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften über die Weiterleitung der Beiträge eine schnellere Überweisung als die früher „unverzügliche” Überweisung an die Rentenversicherungsträger anordnete, so folgt daraus die Pflicht der Einzugsstellen, alle Bearbeitungsschritte bei der Weiterleitung der Beiträge möglichst rasch vorzunehmen. Dem entspricht es, wenn in § 3 Abs. 1 Satz 2 BeitrZV vorgeschrieben ist, daß in die Überweisungsaufträge jeweils die am Arbeitstag gebuchten Beiträge zu übernehmen sind. Soweit in der Verordnung die Pflicht zur Erteilung der Überweisungsaufträge auf den Buchungstag festgelegt wird, bedeutet dies nicht, daß die Einzugsstelle den jeweiligen Buchungstag verzögern dürfte. Der Pflicht zur arbeitstäglichen Weiterleitung der Beiträge entspricht eine Pflicht zur arbeitstäglichen Bearbeitung (Buchung) der eingegangenen und der ausgehenden Beiträge. Daraus folgt, daß die Buchungen unverzüglich nach Eingang der Beiträge (Eingang der Gutschriftanzeigen am Morgen des zweiten Tages) vorzunehmen sind. Bei der Verfahrensweise der AOK, bei der eine Buchung ausnahmslos nicht an diesem zweiten Tag, sondern alle Buchungen erst im Laufe des dritten Tages abgeschlossen wurden, war die AOK jedenfalls verpflichtet, eine dadurch eingetretene Verzögerung der Bearbeitung nicht zu Lasten der Klägerin wirken zu lassen. Die AOK war vielmehr als Einzugsstelle verpflichtet, die Verzögerungen durch die zeitaufwendige Datenverarbeitung soweit wie möglich auszugleichen. Im Ergebnis brauchte die Verfahrensweise der AOK nicht zu verzögerten Gutschriften bei der Klägerin führen, wenn die AOK die Bankaufträge am Tag der abschließenden Bearbeitung rechtzeitig, d.h. vor dem Buchungsschnitt, abgab. Das LSG hat dazu festgestellt, daß es der AOK möglich gewesen wäre, die Überweisungsaufträge am dritten Tag vor dem Buchungsschnitt den Banken zu übermitteln, so daß die Beiträge noch an diesem Tag der Klägerin gutgeschrieben worden wären. Dies war der AOK nach den Feststellungen des LSG auch mit einem zumutbaren Arbeitsaufwand möglich. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die AOK habe nicht schuldhaft gehandelt, weil sie nur für die Sorgfalt einzustehen habe, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege. Eine Begrenzung des Haftungsmaßstabs auf diesen Sorgfaltsmaßstab ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Beklagte bzw. die AOK hat entsprechend § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Die Tatbestände in denen das Gesetz den Haftungsmaßstab auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten beschränkt – unentgeltliche Verwahrung (§ 690 BGB), Gesellschafter untereinander (§ 708 BGB), Ehegatten (§ 1359 BGB), Eltern gegenüber Kindern (§ 1664 BGB) und Vorerben gegenüber Nacherben (§ 2131 BGB) – sind abschließend geregelt und mit dem Verhältnis der Einzugsstelle zum Rentenversicherungsträger nicht vergleichbar. Letzteres ist ein Treuhandverhältnis, das ähnlich einer entgeltlichen Geschäftsbesorgung ausgestaltet ist (vgl. für die Rechtslage bis 1988 ausdrücklich BSGE 73, 106, 110 = SozR 3-2200 § 1436 Nr. 1). Außerdem ist hier nicht die von der Beklagten bzw. der AOK bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beachtende Sorgfalt streitig. Das LSG hat vielmehr eine Pflicht der AOK angenommen, die wegen des Batch-Verfahrens zeitverzögert zugänglichen Daten vordringlich zugunsten der Klägerin zu bearbeiten. Diese Pflicht erscheint schon deshalb als begründet, weil der AOK durch diese Aufgabenverteilung keine Nachteile – etwa in Form von Zinsverlusten – entstanden. Ohne Erfolg sind auch die Angriffe gegen die Annahme des LSG, die Weiterleitung der Beiträge noch vor dem Buchungsschnitt der Banken sei der AOK tatsächlich möglich und auch vom Arbeitseinsatz her zumutbar gewesen. Dieses hat das LSG im wesentlichen darauf gestützt, daß alle anderen Ortskrankenkassen, die alte dasselbe Datenverarbeitungssystem wie die Klägerin benutzen, entsprechend verfahren sind. Damit hat das LSG zu Recht schon aus tatsächlichen Gründen die Ansicht als widerlegt angesehen, die im beigezogenen Gutachten vertreten wird. Danach soll es der Beklagten wegen ihres Dienstleistungsspektrums und mit Rücksicht auf ihre Wettbewerbsstellung nicht zumutbar sein, die Gutschriftanzeigen zugunsten der Fremdversicherungsträger vorrangig zu bearbeiten. Dienstleistungsspektrum und Wettbewerbsstellung der einzelnen Ortskrankenkassen sind miteinander vergleichbar. Wenn die anderen Ortskrankenkassen eine zeitgerechte Bearbeitung für zumutbar gehalten und ihre Arbeitsweise entsprechend gestaltet haben, galt dies auch für die AOK.

Unbegründet ist die Rüge, das LSG habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen, soweit es Feststellungen zur Verfahrensweise der anderen Ortskrankenkassen getroffen hat. Insbesondere kann die Beklagte nicht einwenden, sie selbst habe über die Verfahrensweisen der anderen Ortskrankenkassen keine Kenntnis; das LSG habe von daher selbst Ermittlungen zur Verfahrensweise der anderen Ortskrankenkassen anstellen müssen. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin aller früheren Ortskrankenkassen des Landes Hessen. Seit der Vereinigung dieser Ortskrankenkassen zum 1. Oktober 1993 war es der Beklagten möglich, die Praxis alter Ortskrankenkassen des Landes Hessen hinsichtlich der Weiterleitung von Beiträgen an, die Klägerin vor dem 1. Oktober 1993 und damit auch in der Zeit von Juli 1989 bis März 1990 zu überprüfen und mit der der AOK zu vergleichen. Wenn die Beklagte gleichwohl trotz ausdrücklicher Aufforderung dem LSG keine Krankenkasse benennen konnte, die so wie die AOK verfahren ist, bestand für das LSG keine Pflicht zur weiteren Aufklärung der Verfahrensweise bei anderen Krankenkassen. Das LSG konnte vielmehr dem Vortrag der Klägerin folgen, ihr sei keine andere AOK bekannt die die Beiträge in gleicher Weise verzögert weitergeleitet habe, und daraus die Überzeugung gewinnen, die anderen Krankenkassen hätten die Beiträge tatsächlich nicht zeitverzögert weitergeleitet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 605820

Breith. 1997, 668

SozSi 1997, 435

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge