Beteiligte

…Kläger und Beschwerdegegner

Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für das Saarland, Saarbrücken 3, Heinestraße 2 - 4, Beklagte und Beschwerdeführerin

 

Tatbestand

G r ü n d e :

Der 81 Jahre alte Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Beiträgen zur gesetzlichen Unfallversicherung durch die beklagte landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Ihm gehört ein etwa 0,8 ha großes Grundstück. Es besteht Streit, ob 0,35 ha hiervon landwirtschaftlich genutzt werden. Hierbei handelt es sich um ein Wiesengrundstück, auf dem sieben Obstbäume stehen. Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat die gegen die Heranziehungsbescheide erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 9. April 1987). Das Landessozialgericht für das Saarland (LSG) hat die Bescheide aufgehoben (Urteil vom 21. März 1989). Es ist zu der Feststellung gelangt, daß es sich um ein verwahrlostes Baumgrundstück handele mit einem Unterwuchs aus Unkräutern, Heilkräutern und Wiesengras, das hin und wieder von dem 15-jährigen Enkelsohn des Klägers gemäht werde. Die auf dieser Wiese stehenden Obstbäume seien "Baumruinen" von etwa 40 bis 50 Jahren in einem über Jahre hinweg ungepflegten Zustand, von denen der Kläger hin und wieder wilde Triebe entferne. Das gelegentliche Mähen des Grases, ohne daß das Gras einer weiteren Nutzung zugeführt werde, sei keine landwirtschaftlich unternehmerische Tätigkeit. Ebensowenig finde eine Bodenpflege zur Förderung des Obstanbaus statt.

Zur Begründung ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Beklagte geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Der Begriff der versicherten Aberntung beim Abmähen einer Wiesenfläche mit unterschiedlicher Zweckgestaltung sei klärungsbedürftig. Ferner weiche das angefochtene Urteil von Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) ab (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung hat das angestrebte Revisionsverfahren, wenn der Rechtsstreit sich in seiner Bedeutung nicht in diesem Einzelfall erschöpft, sondern zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird (Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, RdNr 84 mwN). Unter Berücksichtigung insbesondere der von der Beschwerdeführerin selbst angeführten Entscheidungen des BSG sind diese Voraussetzungen bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung des LSG nicht gegeben.

Zu Recht weist die Beschwerdeführerin zwar darauf hin, daß es für die Frage, wann ein der Unfallversicherung unterliegendes landwirtschaftliches Unternehmen betrieben wird, nicht auf die Motivation ankommt (Beschluß des Senats vom 14. Juni 1938 - 2 BU 30/88). Es ist auch richtig, daß die landwirtschaftliche Unfallversicherung selbst Zwergbetriebe oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze erfaßt (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 494e mwN), wobei die Grenze vor allem von dem Arbeitsaufwand der Bodenbewirtschaftung bestimmt wird, dagegen nicht von der Größe der landwirtschaftlichen Nutzfläche (BSGE 64, 252, 253). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin fehlt es aber nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG an dem für eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung erforderlichen Mindestarbeitsaufwand. Das gelegentliche Mähen der Wiese durch den Enkelsohn des Klägers zur Abwehr eventueller Beschwerden der Nachbarn über Unkrautsamenflug) ohne weitere Nutzung des abgemähten Grases (s BSGE 32, 211) ist von seinen geringen Umfang her nicht geeignet, ein landwirtschaftliches Unternehmen zu begründen. Die Frage ob das Abmähen von Gras auf einer Wiese für sich allein eine landwirtschaftliche unternehmerische Tätigkeit darstellt, ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, weil entsprechend den tatsächlichen Feststellungen des LSG bereits der Arbeitsaufwand zur "Bewirtschaftung" als extrem gering anzusehen ist.

Nichts anderes gilt für die "Bearbeitung" der sieben Obstbäume des Klägers. Dazu hat das LSG festgestellt, daß der Kläger an diesen Bäumen hin und wieder wilde Triebe entfernt. Dem angefochtenen Urteil ist hingegen nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, eine Pflege der Bäume "in dem dafür noch erforderlichen Umfang" zu entnehmen.

Aus diesen Gründen liegt auch eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu den Entscheidungen des BSG (Beschluß des Senats vom 18. Juni 1988 aaO und Urteil des Senats vom 31. Januar 1989, BSGE 64, 252) nicht vor. Ohne von den oben dargelegten Aussagen des BSG in diesen Entscheidungen abzuweichen, hat das LSG vielmehr in diesem besonders gelagerten Einzelfall eine planvolle Betriebstätigkeit des Klägers, der schon seit über 20 Jahren keine landwirtschaftliche Tätigkeit mehr ausübt, als nicht gegeben erachtet. Auch insoweit ist der Urteilsbegründung eindeutig zu entnehmen, daß die vorgenommenen Verrichtungen vom Umfang her nicht geeignet sind, ein versicherungspflichtiges landwirtschaftliches Unternehmen zu begründen.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Bundessozialgericht

2 BU 99/89

Beschluß

 

Fundstellen

Dokument-Index HI517956

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