Mit der Frage nach der Gestaltung effektiver Organisationen und wirksamer Personalarbeit beschäftigen sich Wissenschaftler und Praktiker seit über 100 Jahren. Dabei ging es immer auch um die Erhebung und Analyse von HR-Kennzahlen und Identifikation von Wirkzusammenhängen. Mit dem Einzug von Big Data und Workforce Analytics in die Personalbereiche eröffnen sich völlig neue Potenziale und Chancen, aber auch Risiken.

Scientific Management und Industrial and Organizational Psychology

Das Interesse an Personalkennzahlen und die Auseinandersetzung mit der Effektivität von Organisationen ist natürlich nicht neu. Mit der Entstehung des Scientific Management (Taylor F., The Principles of Scientific Management, 1911) und der Industrial and Organizational Psychology (Munsterberg H.: Psychology and industrial efficiency, 1913) wurden zunehmend quantitative Analysemethoden zur Entscheidungsfindung herangezogen. Zahlreiche HR-Kennzahlen wurden nach dem zweiten Weltkrieg, in den Jahren des industriellen Wachstums entwickelt (z. B. Hawk R. H.: The Recruitment Function, 1967).

HR Benchmarking

Viele der heute am häufigsten verwendeten HR-Kennzahlen gehen auf die Pionierarbeit von Jac Fitz-enz und seine frühen Benchmarking-Aktivitäten am Saratoga Institute zurück (Fitz-enz J.: How to Measure Human Resources Management, 1984). Gemeinsam mit der American Society for Personnel Administration, der Vorgängerorganisation der heutigen Society for Human Resource Management, hat Fitz-enz ein Set von 30 HR Metrics entwickelt, das zur Grundlage des HRM Benchmarking-Programms des Saratoga Institute wurde.

Humankapital-Bilanzierung

Die Bedeutung immaterieller Ressourcen und damit des intellektuellen Kapitals (Humankapital, Forschung und Entwicklung, Software, Marken usw.) steigt. Das Human Capital ist Bestandteil dieses immateriellen/intellektuellen Kapitals und repräsentiert somit einen wesentlichen Teil der zunehmenden Lücke zwischen dem Markt- und Buchwert von Unternehmen. Aufgrund der stringenten Regelung bezüglich der Kapitalisierung immaterieller Vermögenswerte sind die traditionellen Finanzbilanzen immer weniger im Stande, jene Werte abzubilden, durch die in Zukunft Wertschöpfung entsteht. Die daraus resultierenden Informationsasymmetrien auf dem Kapitalmarkt haben eine Vielzahl an internationalen und nationalen Initiativen hervorgerufen, die sich der Konzeption geeigneter Bewertungsmethoden und Berichtssysteme verschrieben haben. Dazu zählen Marktwert- und Accountingorientierte Ansätze, Indikatorenbasierte Ansätze, Added Value Ansätze sowie Ertragswertorientierte Ansätze. Wenngleich sich bislang keiner der Ansätze in der Praxis durchsetzen konnte, wird allseits empfohlen, sich mit den unterschiedlichen Ansätzen auseinanderzusetzen.

Balanced Scorecard

Kaplan und Norton’s Einführung der Balanced Scorecard hat das Denken in Kennzahlen in eine neue Richtung gelenkt (Kaplan R. S. & Norton D. P.: The Balanced Scorecard – Translating Strategy Into Action, 1996). Die Balanced Scorecard tritt der einseitigen Fokussierung auf vergangenheitsorientierte finanzielle Leistungsindikatoren entgegen. Sie liefert "Leading Indicators" der zukünftigen Performance und erweitert die Finanzperspektive um die Kunden-, Prozess- und Mitarbeiterperspektiven.

HR Scorecard

Becker, Huselid und Ulrich führten den Gedanken der Balanced Scorecard fort und entwickelten die HR Scorecard (Becker B. E., Huselid M. A. & Ulrich D.: The HR Scorecard: Linking people, strategy and performance, 2001). Durch die Verknüpfung von HR-Programmen und Maßnahmen mit den Unternehmensstrategien und -programmen rückten die Wertschöpfung und Effektivität der Personalarbeit stärker in den Vordergrund.

HR Analytics

In den letzten 30 Jahren haben die meisten mittelgroßen und großen Unternehmen in der einen oder anderen Form die Funktion des Personalcontrollings etabliert und eine Vielzahl von Kennzahlen erhoben sowie intern wie extern verglichen und berichtet. Dies geschah mehr oder weniger systematisch und oft nur für ausgewählte HR Prozesse. Während sich die IT-Infrastruktur der Personalbereiche in den letzten 20 Jahren deutlich verändert hat, haben sich die HR Controlling- und Kennzahlensysteme in ihrem Wesen kaum verändert. Sie liefern lediglich einen Blick in den Rückspiegel, Wirkungsanalysen finden kaum statt und Prognosen werden seit einigen Jahren allenfalls im Rahmen der strategischen Personalplanung vorsichtig getestet. Mit der rasanten Zunahme der globalen Digitalisierung aller Lebensbereiche entstehen derzeit völlig neue Geschäftsmodelle, gigantische Datenvolumen und Speichertechnologien sowie völlig neue Möglichkeiten, diese Daten zu analysieren und in verwertbare Informationen zu verwandeln.

Während einerseits die Personaler heute noch weit davon entfernt sind, die Erwartungen ihrer Stakeholder zu erfüllen und die Wirksamkeit ihrer Strategien, Programme und Maßnahmen stärker mit Fakten, Wirkzusammenhängen und Prognosen zu untermauern, wird andererseits davon ausgegangen, dass Big Data u...

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