5.2.1 Anforderungen

Entscheidend ist, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem Ausbildungsgang zum Abschluss der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss in einem Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein kann. Dabei kommt es darauf an, ob der erste Abschluss integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs ist.[1]

Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn sie

  • einen engen sachlichen bzw. inhaltlichen Zusammenhang haben (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) und
  • die Durchführung in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt.

Sie müssen zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sein, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.[2]

Ein Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung muss aber nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein.

5.2.2 Beispiele für einheitliche mehraktige Erstausbildung

Bachelor und anschließender Master

Ein nachfolgender Studiengang ist dann Teil der Erstausbildung, wenn das Masterstudium zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist.[1]

Eine mehraktige Berufsausbildung liegt auch vor, wenn das Kind schon bei Aufnahme eines Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt hat, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, und es im Anschluss an den Abschluss des Bachelorstudiums ein Masterstudium aufnimmt, dessen erfolgreicher Abschluss Voraussetzung für die Erreichung dieses Berufsziels ist.[2]

Duales Studium

Der BFH sieht ein duales Hochschulstudium zum Bachelor im Studiengang Steuerrecht und eine studienintegrierte praktische Ausbildung zum Steuerfachangestellten als einheitliches Erststudium an.[3]

Laut BFH beendet ein Kind, das ein duales Studium durchführt, seine Erstausbildung noch nicht mit der erfolgreichen Absolvierung einer studienintegrierten praktischen Ausbildung in einem Lehrberuf. Die Erstausbildung dauert bis zum Abschluss des parallel durchgeführten Bachelorstudiums fort.[4] Dies betrifft z. B. ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik mit gleichzeitiger Ausbildung zum Fachinformatiker.

Referendariat unmittelbar nach dem ersten Staatsexamen

Mit dem ersten juristischen Staatsexamen ist die erstmalige Berufsausbildung grundsätzlich abgeschlossen. Ein in einem engen zeitlichen Zusammenhang aufgenommenes Referendariat zur Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen ist Teil der erstmaligen Berufsausbildung.

Parallele Studiengänge

Werden 2 Studiengänge parallel studiert, die zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen werden, ist der nach dem berufsqualifizierenden Abschluss eines der Studiengänge weiter fortgesetzte andere Studiengang kein Erststudium mehr ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des einen Studienganges. Etwas anderes gilt nur, wenn die Studiengänge in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen.

Erstausbildung bei mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen

Ein Kind, das von Anfang an den Abschluss als "geprüfter Immobilienfachwirt" anstrebt und dafür zunächst eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann macht, ist während der anschließenden berufsbegleitenden Weiterbildung der IHK zu berücksichtigen, auch wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden beträgt.[5]

Hingegen ist eine erstmalige Berufsausbildung mit dem Bestehen der Prüfung als Steuerfachangestellter abgeschlossen.[6] Dies gilt u. U. auch, wenn das volljährige Kind von Anfang an "Steuerberater" werden will und später eine Ausbildung zum "Steuerfachwirt" abschließt, wenn aber eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung frühestens 7 Jahre nach dem Abschluss als Steuerfachangestellter möglich ist.[7]

Das FG hat nicht hinreichend geprüft, ob das "Kind" mit der Aufnahme der Vollzeittätigkeit bereits in den von ihm angestrebten Beruf eintrat und die Ausbildung zum Steuerfachwirt nicht mehr im Rahmen einer einheitlichen Erstausbildung, sondern als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme absolvierte. Das FG muss im zweiten Rechtsgang der Frage nachgehen, ob die weitere Ausbildung eher dem Beschäftigungsverhältnis untergeordnet war oder umgekehrt das Beschäftigungsverhältnis der Ausbildung. Denn lt. BFH ist eine Erstausbildung nicht anzunehmen, wenn ein Kind nach Erlangung eines ersten Berufsabschlusses während einer beruflichen Weiterbildung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, die im Vergleich zur Weiterbildung als "Hauptsache" anzusehen ist.

Berufsbegleitendes Studium eines Verwaltungsfachangestellten zum Verwaltungsfachwirt

Bei der von vornherein angestrebten Weiterbildung eines Verwaltungsfachangestellten zum Verwaltungsfachwirt im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleiten...

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