Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Zwillinge. Verzicht beider Partner auf Erwerbstätigkeit. Anspruch für jeden einzelnen Zwilling

 

Orientierungssatz

1. Elterngeld steht bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 1 BEEG den Eltern für den Fall, dass beide Partner auf Erwerbstätigkeit verzichten, für jeden der beiden Zwillinge zu.

2. Unabhängig davon, ob das Wort "ein" in § 1 Abs 1 BEEG als Zahlwort oder als unbestimmter Artikel gebraucht wird, lässt sich dem Wortlaut des § 1 Abs 1 BEEG nicht entnehmen, dass bei zwei oder mehr Kindern der Anspruch auf Elterngeld nur einmal besteht. Vielmehr bezieht sich der Anspruch des Berechtigten auf Elterngeld bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 auf ein bestimmtes (namentlich zu benennendes) Kind.

3. Eine Auslegung des § 1 Abs 1 BEEG iVm § 2 Abs 6 BEEG dergestalt, dass auch bei gleichzeitigem Verzicht auf Erwerbstätigkeit durch beide Elternteile der Anspruch auf Elterngeld für Mehrlinge den Eltern nur einmal zusteht, ist dem Wortlaut der Bestimmungen nicht zu entnehmen und würde nach Überzeugung des erkennenden Senats auch gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstoßen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2013; Aktenzeichen B 10 EG 3/12 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 14. April 2008 und der Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2007 abgeändert und der Beklagte zur Bewilligung von weiteren sechs Monaten Elterngeld für das Kind E. (7. bis 12. Lebensmonat) verpflichtet.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat der Klägerin 3/4 der außergerichtlichen Kosten des Klage- sowie des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind noch die Bezugsdauer sowie die Höhe des der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zustehenden Elterngeldes für das Kind E.

Die Klägerin und ihr Ehemann sind Eltern der am 9.2.2007 geborenen Zwillinge E. und R. Beide Elternteile waren bis zur Geburt der Kinder voll erwerbstätig. Der gemeinsame Dienstherr (Freistaat Bayern) bewilligte der Klägerin ab dem Ende des Mutterschutzes (9.2. bis 22.6.07) vom 25.6.2007 bis 11.4.2008 und dem Ehemann der Klägerin vom 12.3.2007 bis 20.03.2008 Elternzeit (ohne Teilzeitbeschäftigung).

Vom 12.4.2008 bis 8.6.2008 brachte die Klägerin ihren Resturlaub aus Vollzeittätigkeit ein, ab dem 9.6.2008 bis 31.3.2009 bewilligte der Dienstherr wiederum Elternzeit mit Teilzeitbeschäftigung in Höhe von 0,5 der regelmäßigen Arbeitszeit. Der Ehemann der Klägerin arbeitete ab dem 21.03.2008 wieder in Vollzeit.

Mit Schreiben vom 12.4.2007 beantragten beide Eltern Elterngeld wie folgt: Die Klägerin begehrte für die Tochter E. Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat (unter Anrechnung der Bezüge während Mutterschutz) und für ihren Sohn R. Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat. Der Vater begehrte für die Tochter E. Elterngeld für den 13. bis 14. Lebensmonat und für seinen Sohn R. Elterngeld für den 2. bis 12. Lebensmonat. Die Anrechnung der Bezüge während Mutterschutz sei bereits bei seiner Frau für das Kind E. erfolgt.

Nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, dass das Elterngeld insgesamt nicht für mehr als 14 Lebensmonate beansprucht und dass bei Mehrlingsgeburten nur einmal Elterngeld gewährt werden könne, beantragten die Klägerin und ihr Ehemann mit Schreiben vom 19.5.2007 hilfsweise die Aufteilung des Elterngeldes wie folgt: Klägerin Lebensmonat 1-6, Ehemann Lebensmonate 2-9, hielten jedoch an ihrem ursprünglichen Antrag ausdrücklich fest.

Mit Bescheid vom 21.6.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin für beide Kinder Elterngeld für den ersten bis sechsten Lebensmonat unter Anrechnung der Bezüge während des Mutterschutzes. Zur Auszahlung kamen im 5. Lebensmonat 774,48 € und im 6. Lebensmonat 1659,62 € einschließlich Erhöhungsbetrag für das Zwillingskind in Höhe von 300,- monatlich.

Mit vorläufigem Bescheid vom 21.6.2007, ergänzt durch die endgültige Entscheidung vom 14.05.2008 bewilligte der Beklagte dem Ehemann der Klägerin für beide Kinder Elterngeld für den 2. bis 9. Lebensmonat (2. Lebensmonat 1.714,66 €, ab 3. Lebensmonat je 1.812,26 € einschließlich Erhöhungsbetrag von 300,- für das Zwillingskind).

In den hiergegen gerichteten Widersprüchen vom 15.7.2007 vertraten die Klägerin und ihr Ehemann weiter die Auffassung, ihnen stehe für jedes der Zwillingskinder ein eigener Anspruch auf Elterngeld zusätzlich zum Erhöhungsbetrag für Mehrlingsgeburten zu, da jeweils ein Kind betreut werde. Außerdem habe bei der Berechnung des Elterngeldes die Zahlung von Kirchensteuer nicht berücksichtigt werden dürfen.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 4.10.2007 zurück. Ein eigener Anspruch auf Elterngeld für jeden einzelnen Mehrling bestehe nicht, vielmehr werde bei Mehrlingsgeburten das Elterngeld um je 300 € für das zweite und jedes weitere Kind erhöht (§ 2 Abs. 6 BEEG). Da das Elterngeld als Entgelters...

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