Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: Leistungen an einen Berechtigten im Ausland

 

Leitsatz (amtlich)

Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit eine Rente nur, wenn der Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht (§§ 110 Abs. 2, 112 Satz 1 SGB VI).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.12.2016; Aktenzeichen B 5 R 218/16 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.03.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger aufgrund seines Antrags vom 09.01.2014 einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gegen die Beklagte hat.

Der 1968 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Aufgrund eines Antrags vom 29.09.2008 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg, Regionalzentrum U…, mit Bescheid vom 30.12.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (arbeitsmarktbedingt) zeitlich befristet bis zum 28.02.2009, die mit Bescheid vom 09.02.2009 verlängert wurde. Diese Rente wurde bis einschließlich Dezember 2011 von der DRV Baden-Württemberg gewährt. Mit Antrag vom 19.12.2011 wurde unter Angabe der deutschen Wohnadresse in C-Stadt ein Antrag auf Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente gestellt.

Aufgrund einer entsprechenden Postnachricht des Rentenservice der Deutschen Rentenversicherung, wonach der Kläger seinen Wohnsitz zwischenzeitlich in der Türkei genommen hätte, wurde die Rentenzahlung mit Dezember 2011 eingestellt und die Akte an die nunmehr zuständige Beklagte abgegeben.

Mit Erklärung vom 17.01.2012 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass er seit dem 30.07.2009 seinen Wohnsitz auf Dauer in die Türkei verlegt habe. Er komme einmal im Jahr nach Deutschland, um seine Medikamente zu holen. Er halte sich überwiegend in der Türkei auf, mindestens 10 Monate.

Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin wegen einer beabsichtigten Aufhebung des Rentenbescheides nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - rückwirkend ab dem 01.08.2009 an. Ab dem 01.08.2009 werde beabsichtigt, nur noch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen. Die dadurch entstandene Überzahlung sei vom Kläger zu erstatten. Wegen der genauen Höhe der Überzahlung ergehe gesonderter Bescheid. Es sei beabsichtigt, die entstandene Überzahlung gegen die laufende Rente aufzurechnen.

Mit Bescheid vom 15.03.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.08.2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer und stellte zudem eine Überzahlung in Höhe von 7.052,50 EUR fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2012 Widerspruch bei der Beklagten ein und machte des Weiteren Eingaben an das Bundessozialministerium und an das Bayerische Sozialministerium. Der Widerspruch wurde schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die dem Kläger mit Bescheid vom 30.12.2008 gewährte volle Erwerbsminderungsrente sei arbeitsmarktbedingt gewesen. Mit Wegzug in die Türkei könne diese Rente nicht mehr gewährt werden. Infolge der Verletzung seiner Mitwirkungspflichten müsse der Kläger die überzahlten Leistungen zurückerstatten.

Hiergegen erhob der Kläger sowohl Klage zum Sozialgericht Ulm als auch zum Sozialgericht Bayreuth. Das Sozialgericht Ulm hat die Klage an das örtlich zuständige Sozialgericht (SG) Bayreuth verwiesen, das beide Klageverfahren durch Beschluss vom 04.09.2012 verbunden und unter dem Az. S 16 R 810/12 geführt hatte.

Zur Prüfung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers, bezogen auf den Zeitpunkt des Verzuges in die Türkei im Juli 2008, hat das SG Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers beigezogen, wobei der Kläger nach wie vor bei seinen Ärzten in Deutschland in weiten zeitlichen Abständen in Behandlung war. Das SG holte sodann ein ärztliches Sachverständigengutachten vom Internisten und Sozialmediziner Dr. G. ein, der am 28.01.2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger seine letzte Tätigkeit als Maurer sicherlich nicht mehr verrichten könne, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens mehr als drei Stunden, jedoch unter sechs Stunden tätig sein könne. Sowohl die erste Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers sei zutreffend entsprechend den Begutachtungs-Richtlinien erfolgt. Zwischenzeitlich sei keine wesentliche Verschlimmerung eingetreten, weder hinsichtlich der Anämie noch hinsichtlich anderer Begleiterkrankungen. Der Diabetes werde mit einfacher oraler Therapie ohne Hypoglykämieneigung ausreichend behandelt. Den sozialmedizinischen Einschätzungen von Dr. Z. vom 30.01.2009 und von Dr. L. vom 24.04.2012 sei weiterhin zuzustimmen.

Nach längerem Schriftverkehr mit dem Kläger bzw. mit seinem damaligen Prozessbevollmächtigten wurde auf Anraten des SG die Klage mit Schriftsatz vom 28.04.2014 zurückgenomm...

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