Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld: Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt bei Verlusten aus selbstständiger Nebentätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anschlussrechtsprechung zu BSG, 21. Juni 2016, B 10 EG 8/15 R, BSG, 27. Oktober 2016, B 10 EG 4/15 R und BSG, 27. Oktober 2016, B 10 EG 5/15 R.

2. Der Senat teilt die Ansicht des BSG, dass der Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt auch dann nach § 2b Abs. 3 BEEG (letzter abgeschlossener steuerlicher Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes), und nicht nach § 2b Abs. 1 BEEG (letzte zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes) festzulegen ist, wenn aus der daneben ausgeübten selbständigen Tätigkeit lediglich negative Einkünfte resultieren.

3. Eine besondere Härte, die möglicherweise eine Abweichung davon verfassungsrechtlich gebieten könnte, liegt nicht schon dann vor, wenn die selbständige Tätigkeit noch vor Beginn des Zwölfmonatszeitraums nach § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG beendet war.

4. Die in § 2b Abs. 3 BEEG getroffene Regelung zum Bemessungszeitraum begegnet vor allem deshalb keinen Bedenken in Bezug auf den allgemeinen Gleichheitssatz, weil es rein vom Zufall abhängt, ob sie sich für eine individuelle Person günstig oder ungünstig auswirkt; die Regelung hat keine benachteiligende Tendenz.

5. Der Gesetzgeber war nicht von Verfassungs wegen gehalten, für Fälle wie dem vorliegenden ein Wahlrecht bezüglich des Bemessungszeitraums einzuräumen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Januar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, höheres Elterngeld zu erhalten.

Die 36-jährige Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist Mutter des Kindes B. A., geb. 17.06.2013. Mit dem Vater des Kindes lebten die Klägerin und der Junge im maßgebenden Zeitraum, dem Bezugszeitraum, in einem Haushalt zusammen; weitere Kinder waren nicht vorhanden. Die Klägerin und der Vater waren damals nicht miteinander verheiratet.

Bis einschließlich 13.05.2012 war die Klägerin ausschließlich selbständig tätig ("Tätigkeit im Marketingbereich; Durchführung von Marktrecherchen, Wettbewerbsanalysen, Preiskalkulationen, Businessplänen, Marketingplänen; Durchführung von Marktforschungen; Durchführung von Verkaufsförderungsmaßnahmen; Durchführung von Vorträgen, Seminaren, Kursen"). Von 01.01.2012 bis 13.05.2012 betrug ihr Gewinn daraus Null.

Ab 14.05.2012 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis. Zunächst arbeitete sie bei T. GmbH. Dieses Arbeitsverhältnis dauerte bis Ende August 2012. Ab 01.09.2012 war ihre Arbeitgeberin die K. Vertrieb und Service GmbH. Bei K. erzielte die Klägerin ein relativ hohes Arbeitsentgelt; ihr monatliches Tarifgehalt belief sich dort auf 3.895,00 EUR brutto (ab April 2013 auf 4.000,50 EUR).

Die Entgeltabrechnungen der Klägerin von Mai bis einschließlich August 2012 (T.) weisen folgende Positionen als laufende Bezüge aus:

* Lohnart 100 "Normalstunden": Mai 1.279,08 EUR, Juni 2.922,25 EUR, Juli 2.170,88 EUR, August 2.565,83 EUR

* Lohnart 103 "Gleitzeit": Juli 142,12 EUR, August 56,10 EUR

* Lohnart 112 "Überstundenzuschlag": Juni 130,90 EUR

* Lohnart 130 "Feiertag": Mai 147,92 EUR, Juni 154,65 EUR, August 152,03 EUR

* Lohnart 160 "Krank": Juli 305,56 EUR

* Lohnart 165 "Urlaub": Juli 458,34 EUR, August 302,94 EUR

* Lohnart 415 "Verpflegungszuschlag steuerpflichtig": August 54,00 EUR

* Lohnart 520 "GZ Stunden Abgeltung Bez.": August 1.181,47 EUR.

Einmalige Bezüge gab es in Form von Lohnart 213 "Prämie" im August. Ohne Steuerabzug wurden gewährt Lohnart 411 "VMA frei" in jedem der vier Monate.

Die Entgeltbescheinigungen September bis einschließlich Dezember 2012 (K.) weisen durchgehend ein "Tarifgehalt" von 3.895,00 EUR aus. Für Oktober sind 44,00 EUR für "Jobticket" vermerkt. In der Novemberabrechnung sind "GwV Reisekosten" 1,57 EUR angegeben, die die Arbeitgeberin zwar nicht zum "Gesamtbrutto", jedoch zum "Steuerbrutto" zählte.

Die Klägerin bezog vor der Geburt vom 06.05. bis 16.06.2013 Mutterschaftsgeld, nach der Geburt bis 12.08.2013. Parallel dazu erhielt sie den Arbeitgeberzuschuss nach § 14 des Mutterschutzgesetzes.

Am 01.07.2013 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für den ersten bis neunten sowie den zwölften Lebensmonat von B.. Im Verwaltungsverfahren hat sie die auf den 19.07.2013 datierte, von der Landeshauptstadt B. ausgestellte Zweitschrift einer Gewerbeabmeldung vorgelegt, in welcher der 13.05.2012 als Datum der Betriebsaufgabe genannt wird. Als Abmeldungsgrund ist angeben "Vollständige Aufgabe des Betriebs", "wirtschaftliche Schwierigkeiten".

Mit vorläufigem Bescheid vom 24.07.2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den ersten bis neunten sowie den zwölften Lebensmonat von B.. D...

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