Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. objektive Verfügbarkeit. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Minderung der Leistungsfähigkeit. Nahtlosigkeitsregelung. eigenständige Prüfung der subjektiven Verfügbarkeit durch die Arbeitsverwaltung. arbeitsamtsärztliche Begutachtung. Prognoseentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schließt die Verfügbarkeit nicht von vornherein aus, da sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in aller Regel nur auf die bisher ausgeübte Tätigkeit bezieht.

2. Die Nahtlosigkeitregelung nach § 145 SGB 3 setzt voraus, dass die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich Dauer und Umfang der Leistungsminderung zu der Einschätzung gelangt, dass diese nicht nur vorübergehender Natur ist. Dafür sind unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 20 SGB 10) entsprechende eigene Ermittlungen anzustellen. Insbesondere ist zeitnah eine arbeitsamtsärztliche Begutachtung anzustreben.

3. Ohne diese Prognoseentscheidung wirkt dagegen die Nahtlosigkeitregelung des § 145 SGB 3 fort.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 07. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im einstweiligen Rechtsschutz ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 25.10.2012 streitig.

Der Antragsteller war seit 02.11.2011 arbeitsunfähig krank geschrieben und bezog bis 31.08.2012 Krankengeld. Mit Schreiben vom 24.08.2012 teilte die Krankenversicherung des Antragstellers und Beschwerdeführers diesem mit, dass aufgrund der Feststellungen des medizinischen Dienstes die Arbeitsunfähigkeit am 31.08.2012 ende.

Am 25.10.2012 meldete sich der Antragsteller bei der Agentur für Arbeit A-Stadt arbeitslos. Dabei verwies der Antragsteller auf seine bestehende Arbeitsunfähigkeit. Die Fragen in dem unterschriebenen Antrag wurden in der Eingangszone der Agentur vom zuständigen Sachbearbeiter M. R. gestrichen. Es sei nach ihm üblicher Praxis den Angaben im Antrag auf Arbeitslosengeld nicht weiter nachzugehen, wenn die fehlende Verfügbarkeit bereits in der Eingangszone aufgeklärt werden könne. Zugleich wurde dem Antragsteller ein Ablehnungsbescheid vom 25.10.2012 übergeben. Mit Schreiben vom 26.10.2012 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch und erklärte, sein Mandant stelle seine Arbeitsleistung - soweit ihm dies gesundheitlich zumutbar sei - zur Verfügung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller, der seit längerem arbeitsunfähig erkrankt sei, habe sich bei der Arbeitslosmeldung nicht für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestellt. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass eine Erklärung zur Arbeits- beziehungsweise Vermittlungsbereitschaft nur durch die persönliche Vorsprache des Widerspruchsführers erfolgen könne. Eine schriftliche Erklärung reiche nicht aus.

In einer Zweitschrift des Formulars zum Arbeitslosenantrag vom 25.10.2012, die am 27.12.2012 unterschrieben wurde, verneinte der Antragsteller die Frage in Feld 2 a ("ich werde alle Möglichkeiten nutzen, um meine Beschäftigungslosigkeit zu beenden"). Mit Ablehnungsbescheid vom 27.12.2012 wurde der Antrag auf Arbeitslosengeld vom 25.10.2012 erneut abgelehnt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde eine eidesstattliche Versicherung vom 15.01.2013 von Frau J. P. vorgelegt. Darin führte diese aus: "am 27.12.2012 begab ich mich gemeinsam mit Herrn A., ....., in die Dienststelle der Agentur für Arbeit in A-Stadt. Dort meldete sich Herr A. arbeitslos. Der zuständige Mitarbeiter, ein Herr R., meinte, dass im Fall des Herrn A. ein Formular nicht ausgefüllt werden müsse. Herr A. bestand jedoch auf dem Ausfüllen des Formulars, was ihm dann von Herrn R. ermöglicht wurde. Weil Herr A. unsicher war, was er bei Ziff. 2a ankreuzen sollte, fragte er Herrn R.. Dieser kreuzte daraufhin von sich aus die Antwort "nein" an. Im Anschluss an die Vorsprache übergab uns Herr R. einen Ablehnungsbescheid."

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 wurde der Widerspruch vom 02.01.2013 zurückgewiesen. Nach § 44 Abs. 1 SGB X könne ein Verwaltungsakt nur dann zurückgenommen werden, wenn bei dessen Erlass das Recht nicht richtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Es sei nichts vorgetragen worden, dass für die Unrichtigkeit der Entscheidung spreche.

Am 05.11.2012 hat der Antragsteller beim Sozialgericht München beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab 25.10.2012 Arbeitslosengeld zu gewähren. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, ein Anspruch ergebe sich aus § 145 Abs. 1 S. 1 SGB III. Diesen Antrag hat das Sozialgericht München mit Beschluss vom 07.12.2012 abgelehnt. Auf den Beschluss wird Bezug genommen.

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 02.01.2013, eingegangen beim Baye...

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