3.1 Höchstdauer von 6 Monaten

 

Rz. 38

Der Anspruch auf Pflegezeit besteht für höchstens 6 Monate (§ 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG), und zwar für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Nicht ausdrücklich geregelt ist, ob das PflegeZG einem beschäftigten Arbeitnehmer erlaubt, Pflegezeit für ein und denselben nahen Angehörigen mehrfach in Anspruch zu nehmen. Das BAG hat diese Frage verneint. Im konkreten Fall war die Mutter des Klägers pflegebedürftig. Der Kläger nahm zunächst 5 Tage Pflegezeit in Anspruch. Der weiteren Mitteilung, erneut 2 Tage Pflegezeit nehmen zu wollen, widersprach der Arbeitgeber. Nach dem BAG lässt das PflegeZG nach § 4 Abs. 1 PflegeZG eine einmalige Pflegezeitnahme, nicht aber eine Aufteilung der Pflegezeit in mehrere getrennte Abschnitte zu. Hat der Beschäftigte die Pflegezeit durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber in Anspruch genommen, ist sein Anspruch erloschen, sofern sich die Pflegezeit auf denselben Angehörigen bezieht (sog. einmaliges Gestaltungsrecht). Das gilt nach dem BAG auch dann, wenn die in Anspruch genommene Pflegezeit kürzer als 6 Monate ist (BAG, Urteil v. 15.11.2011, 9 AZR 348/10, Rz. 31[1]). Ausdrücklich offengelassen hat es der zuständige Neunte Senat, ob es mit § 3 Abs. 1 PflegeZG vereinbar ist, dass der Arbeitnehmer die Pflegezeit im Wege einer einmaligen Erklärung auf mehrere getrennte Zeitabschnitte verteilt (BAG, Urteil v. 15.11.2011, 9 AZR 348/10, Rz. 31). Die Bestimmung in § 4 Abs. 1 PflegeZG ist § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG nachgebildet. § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 PflegeZG regeln ausdrücklich nur die Verlängerung der Pflegezeit, jedoch nicht die Aufteilung auf mehrere Zeitabschnitte, zwischen denen eine Unterbrechung liegt. Insofern weicht die Regelung des PflegeZG also gerade von der entsprechenden Regelung für die Elternzeit in § 16 Abs. 1 Satz 5 BEEG ab. Bei einem auf die Möglichkeit einer Aufteilung gerichteten gesetzgeberischen Willen wäre zu erwarten gewesen, dass eine § 16 Abs. 1 Satz 5 BEEG entsprechende Regelung in § 4 PflegeZG aufgenommen worden wäre.[2] Auch deutet der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 ("längstens 6 Monate") auf einen einheitlichen, ununterbrochenen Zeitraum hin.

[1] NZA 2012, 323.
[2] So zu Recht LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 31.3.2010, 20 Sa 87/09, Rz. 42, BB 2010, 1541; ebenso ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 4 PflegeZG , Rz. 1.

3.2 Verlängerung bis zur Höchstdauer

 

Rz. 39

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 PflegeZG kann die für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Einen zustimmungsfreien Anspruch auf Verlängerung räumt das Gesetz dem Arbeitnehmer nur in den Fällen ein, in denen ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann (§ 4 Abs. 1 Satz 3 PflegeZG). Es ist also nicht erforderlich, dass bei der (ersten) Ankündigung der Höchstzeitraum von 6 Monaten geltend gemacht wird. Der Beschäftigte kann selbst bestimmen, für welchen Zeitraum er Pflegezeit in Anspruch nehmen will.

Unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die Zustimmung erteilen muss oder verweigern darf, ist im Gesetz nicht geregelt. Wie bei der Entscheidung über die Verlängerung der Elternzeit ist der Arbeitgeber hier bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs in seiner Entscheidung frei. Er muss hier kein "billiges Ermessen" (§ 315 BGB) etwa wie bei der Entscheidung über die Übertragung eines Teils der Elternzeit ausüben.[1] Der Schutz der Disposition des Arbeitgebers hat Vorrang.

 

Rz. 40

Einen Anspruch auf Verlängerung hat der Beschäftigte allerdings ausnahmsweise, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Darlegungs- und beweispflichtig sowohl für die ursprüngliche Absicht des Wechsels in der Person des Pflegenden als auch für den (nachträglich) eingetretenen wichtigen Grund, der den Wechsel unmöglich gemacht hat, ist der Beschäftigte. Ein wichtiger Grund liegt zum Beispiel vor, wenn die Person, die die Pflege übernehmen sollte, selbst schwer erkrankt.[2] Die Regelung ist in § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG nachgebildet. Zur Bestimmung des Begriffs des wichtigen Grundes kann deshalb auf die für die Elternzeit entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden.

[1] ErfK/Gallner, 21. Aufl. 2021, § 4 PflegeZG, Rz. 1; Küttner/Poeche, Personalbuch 2021, 28. Aufl. 2021, Pflegezeit, Rz. 28; für die Anwendung von § 315 BGB und die Notwendigkeit billigen Ermessens aber Schwerdle, ZTR 2007, 655, 659.
[2] BT-Drucks. 16/7439 S. 92, zu § 4 Abs. 1.

3.3 Vorzeitige Beendigung der Pflegezeit

 

Rz. 41

Das PflegeZG sieht eine Beendigung der Pflegezeit bereits vor Ablauf des ursprünglich geltend gemachten Zeitraums für 2 Fälle vor, nämlich wenn

  • der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder
  • die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar geworden ist.
 

Rz. 42

Dem Beschäftigten wird die Pflege beispielsweise unmöglich, wenn der nahe Angehörige vor Ablauf der Pflegezeit verstirbt oder in eine stationäre Pflegeeinrichtung aufgenommen werden muss. Eine Unzumutbarkeit soll nach der Gesetzesbegründung vorliegen,...

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