Bei ca. 15 bis 20 % aller Arbeitsunfälle ist nach Aussagen der Berufsgenossenschaften Alkohol im Spiel. Auch Wegeunfälle werden oftmals durch Alkohol verursacht.

3.1 Arbeitsunfall

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Ist Alkohol im Spiel, ist zu prüfen, ob eine versicherte Tätigkeit vorliegt oder nicht. Dabei wird zwischen Trunken- und Volltrunkenheit differenziert.

3.1.1 Volltrunkenheit

Volltrunkenheit am Arbeitsplatz schließt jeglichen Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung aus, da allein schon dieser Zustand des Arbeitnehmers eine irgendwie geartete versicherte Tätigkeit unmöglich macht.

Volltrunkenheit wird dann angenommen, wenn eine zweckgerichtete Tätigkeit gar nicht mehr möglich ist. Standardisierte "Promillegrenzen" gibt es auch im Unfallversicherungsrecht nicht; dieser Zustand ist deshalb jeweils im Einzelfall festzustellen.

 
Wichtig

Feststellung der Volltrunkenheit

Die Feststellung muss nicht nur anhand (oftmals nicht greifbarer) Blutalkoholwerte erfolgen, sondern kann sich auch aufgrund anderer Eindrücke (Beobachtungen durch Kollegen, sachverständige Beurteilung des Unfallherganges usw.) ergeben.

3.1.2 Trunkenheit

Problematisch sind die Fälle der Alkoholisierung, die nicht den Grad der Volltrunkenheit erreichen. Hier ist darauf abzustellen, ob allein die Trunkenheit Ursache des Unfalls war. Ist das der Fall, ist kein Versicherungsschutz gegeben. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Versicherte nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei derselben Sachlage wahrscheinlich nicht verunglückt oder gar nicht erst in diese Situation gekommen wäre. Auch hier wird es keine pauschale Festlegung durch eine festgestellte Blutalkoholkonzentration geben, sondern es müssen alle Umstände des Einzelfalls in die Prüfung einbezogen werden.

 
Praxis-Beispiel

Betrunkener Fahrer

Der trinkfeste Bierfahrer B. hat sein tägliches Quantum an Haustrunk (6 halbe Liter) während seiner täglichen Lieferfahrt geleert. Beim Einfahren auf den Speditionshof übersieht er eine Betonsäule und prallt mit seinem Lastwagen gegen diese. Trotz der beim Unfall erlittenen Verletzungen, sieht die Berufsgenossenschaft keine Veranlassung, Leistungen an B. zu erbringen.

In diesem Fall ist zu prüfen, ob B. dieser Unfall auch passiert wäre, wenn er nüchtern auf den Hof gefahren wäre. Hier sind also neben der alkoholbedingten Beeinträchtigung der Leistung des B. auch alle anderen Umstände, die zu dem Unfall geführt haben, genau zu untersuchen.

 
Achtung

Beschaffung von Getränken

Während der Weg zur Besorgung von nichtalkoholischen Getränken innerhalb des Betriebs unter dem Schutz der Unfallversicherung steht, hat das BSG den Weg zur Besorgung alkoholischer Getränke aus einem Getränkeautomaten auf dem Werksgelände als unversichert angesehen (Urteil v. 27.6.2000, B 2 U 22/99 R).

3.2 Wegeunfall

Während sich die Zahl der Arbeitsunfälle aufgrund präventiver Maßnahmen in den letzten Jahren sehr deutlich absenken ließ, ist die Zahl der Wegeunfälle auf relativ hohem Niveau unverändert geblieben.

Der Weg zum oder vom Arbeitsort ist in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Hat sich der Wegeunfall infolge Trunkenheit ereignet, entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Versicherte so betrunken ist, dass die Trunkenheit zur Handlungsunfähigkeit führt. Ein Leistungsausfall ist anzunehmen, wenn der Versicherte aufgrund des Alkoholpegels nicht mehr zu einem zweckgerichteten Zurücklegen des Weges in der Lage ist.

Führt der Alkoholgenuss dagegen nur zu einem Leistungsabfall, besteht i. d. R. weiterhin Versicherungsschutz. Dann ist zu prüfen, ob Gründe zu dem Unfall führten, die nichts mit dem Alkoholkonsum zu tun haben, wie z. B. Unaufmerksamkeit, Leichtsinn und Fremdeinwirkung, oder ob das Verhalten des Versicherten typisch alkoholbedingt ist.

In jedem Fall muss jedoch zunächst der Nachweis der Fahruntüchtigkeit erbracht werden. Das erfolgt durch die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration, die bei Verdacht auf Trunkenheit im Straßenverkehr regelmäßig festgestellt wird.

3.2.1 Absolute Fahruntüchtigkeit

Bei Unfällen im Straßenverkehr besteht in der Rechtsprechung die Vermutung, dass die Trunkenheit zum Unfall führte, wenn der Versicherte absolut fahruntüchtig war. Absolute Fahruntüchtigkeit liegt aufgrund einer bestimmten Blutalkoholkonzentration (BAK) vor, ohne dass es zusätzlicher Beweiszeichen bedarf. Bei dem Führer eines motorisierten Kraftfahrzeugs (Pkw, Motorrad etc.) liegt dieser Wert bei einer BAK von 1,1 Promille, während er bei Radfahrern 1,6 Promille beträgt. Diese Grundsätze der absoluten Fahruntüchtigkeit sind nicht auf Fußgänger übertragbar.

3.2.2 Relative Fahruntüchtigkeit

Die Vermutungsregel, dass die Trunkenheit zum Unfall führte, gilt auch für den Fall der relativen Fahruntüchtigkeit. Sie ist dann gegeben, wenn der Promillewert unter 1,1 Promille liegt, aber zu diesem Umstand zusätzliche Tatsachen hinzukommen (alkoholtypische Ausfallerscheinungen, z. B. Fahren von "Schlangenlinien").

3.2.3 Vorgehen der Berufsgenossenschaft

Nach der Feststellung der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit (absolut oder relativ) wird von der Berufsgenossenschaft g...

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