Betriebsräte werden Leiharbeit künftig kritischer prüfen
Haufe Online-Redaktion: Herr Horst, nach der aktuellen Entscheidung des BAG (7 ABR 91/11): Drohen Unternehmen beim Einsatz von Leiharbeitnehmern nun häufiger Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat?
Henning Horst: Zunächst einmal gilt: Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG ist der Betriebsrat eines Entleiherbetriebs vor der Übernahme von Leiharbeitnehmern zur Arbeitsleistung stets nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Das Gremium kann danach die Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt.
Einen solchen Gesetzesverstoß hat das BAG nun gesehen. In der Entscheidung vom 10. Juli wollte ein Unternehmen freiwerdende Arbeitsplätze dauerhaft mit Leiharbeitskräften besetzen. Dies ist nach Ansicht des BAG unzulässig, da eine Überlassung von Arbeitnehmer an Entleiher gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nur "vorübergehend" erfolgen könne. Eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sei gerade nicht zulässig. Der Betriebsrat habe daher seine Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitskräften rechtmäßig verweigert.
Haufe Online-Redaktion: Welche Auswirkungen hat das für Arbeitgeber?
Horst: Aus rein rechtlicher Sicht werden durch die Entscheidung des BAG die Prüfungskompetenzen und Handlungsalternativen eines Betriebsrats zwar nicht erweitert. Es ist allerdings zu erwarten, dass die Betriebsräte einen Leiharbeitnehmereinsatz künftig kritischer prüfen und konsequenter von einem Zustimmungsverweigerungsrecht Gebrauch machen werden.
Haufe Online-Redaktion: Was bedeutet das Urteil für die Zukunft der Zeitarbeit? Sind künftig nur noch befristete Überlassungsverträge möglich?
Horst: Unternehmen ist zu raten, Leiharbeitnehmer nur noch vorübergehend einzusetzen. Das Problem ist jedoch: Wann von einem nur vorübergehenden Leiharbeitnehmereinsatz ausgegangen werden kann, wird im Gesetz nicht definiert und unter Juristen kontrovers diskutiert. Auch das BAG hat die Frage bisher nicht abschließend beantwortet.
Mit befristeten Überlassungsverträgen kann ein vorübergehender Einsatz durchaus umgesetzt werden. Auch die Ausgestaltung einer sogenannten Konzernleihe sollte kritisch geprüft werden. Zahlreiche Unternehmen gehen zudem bereits andere Wege. Es ist zu beobachten, dass vermehrt Tätigkeiten im Rahmen von Werkverträgen fremdvergeben werden und auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern weitgehend verzichtet wird.
Henning Horst ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Arbeitsrechtskanzlei Reckler & Horst.
Das Interview führte Michael Miller.
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