Unwirksame Kündigung einer Datenschutzbeauftragten

Betriebliche Datenschutzbeauftragte haben einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung einer Teamleiterin, die als Datenschutzbeauftragte bestellt war, hat das Bundesarbeitsgericht nach einem Umweg über den EuGH für unwirksam erklärt.

Wenn Unternehmen verpflichtet sind, einen internen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, müssen sie den Sonderkündigungsschutz nach dem deutschen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beachten: Eine Kündigung darf gemäß § 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 BDSG nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen. Auch für eine Abberufung braucht es einen wichtigen Grund.

Der deutsche Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte ist mit der europäischen DSGVO vereinbar. Das hat der EuGH in seinem Urteil vom 22. Juni 2022 klargestellt, nachdem das Bundesarbeitsgericht bei dieser Frage zunächst um Klärung gebeten hatte. In dem konkreten Fall wurde einer internen Datenschutzbeauftragten betriebsbedingt gekündigt, um die Aufgabe an externe Datenschutzbeauftragte zu verlagern. Jetzt hat das BAG in dieser Sache wenig überraschend zugunsten der Datenschutzbeauftragten entschieden.

Der Fall im Detail: Kündigung einer internen Datenschutzbeauftragten

Der Arbeitgeber war zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG verpflichtet. Anfang 2018 wurde die Arbeitnehmerin für den Bereich Recht als Teamleiterin eingestellt und zudem als betriebliche, interne Datenschutzbeauftragte bestellt. Außerdem übernahm sie die Aufgabe einer externen Datenschutzbeauftragten für die Tochterunternehmen des Arbeitgebers. Mitte August 2018 wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt, hilfsweise die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten widerrufen. Grund war eine unternehmerische Entscheidung, nach der die Funktion der Datenschutzbeauftragten künftig ausgelagert und von einer externen Person ausgeübt werden sollte.

Sonderkündigungsschutz Datenschutzbeauftragter nicht EU-konform?

Hiergegen wehrte sich die Datenschutzbeauftragte, da aus ihrer Sicht der Sonderkündigungsschutz vom Arbeitgeber nicht beachtet wurde. Der Arbeitgeber trug dagegen vor, dass der besondere Kündigungsschutz des BSDG der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) widerspreche. Die Kündigung sei aus organisatorischen, finanziellen und personalpolitischen Gründen erfolgt. Die Abberufung als Datenschutzbeauftragte sei wegen des relativ hohen Risiko- und Haftungspotenzials für Anwendungs- und Ausführungsfehler im Bereich Datenschutz und einer notwendigen Professionalisierung für den Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten erforderlich gewesen.

EuGH: Sonderkündigungsschutz nach BDSG verstößt nicht gegen DSGVO

Die Vorinstanz, das LAG Nürnberg, hielt die Kündigung der Datenschutzbeauftragten für unzulässig, da zum Zeitpunkt der Kündigung für die Arbeitnehmerin der besondere Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte nach §§ 38 Abs. 2, 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG gegolten habe. Das infolge mit der Sache befasste Bundesarbeitsgericht legte die Frage vor seiner Entscheidung zunächst dem Europäischen Gerichtshof vor. Dieser urteilte, dass jeder EU-Mitgliedsstaat grundsätzlich frei sei, strengere Regelungen hinsichtlich der Kündigung eines Datenschutzbeauftragten zu treffen, als es die DSGVO vorsieht.

BAG: Keine Kündigung der Datenschutzbeauftragten ohne wichtigen Grund 

Unter dieser Voraussetzung entschied das BAG nun, dass die ordentliche Kündigung der Datenschutzbeauftragten zu Unrecht erfolgte. Zum Zeitpunkt der Kündigung war die Mitarbeiterin verpflichtend zur internen Datenschutzbeauftragten bestellt. Daher habe der Arbeitgeber ihr nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen dürfen. Die ordentliche betriebsbedingte Kündigung war daher gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 4 Satz 2 BDSG, § 134 BGB nichtig.

Das BAG stellte zudem klar, dass der deutsche Sonderkündigungsschutz für betriebliche Datenschutzbeauftragte nicht nur mit Unionsrecht, sondern auch mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zu letzterem führten die Erfurter Richter aus, dass der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Unternehmen als verhältnismäßig angesehen werden könne. Von den Verantwortlichen werde nichts Unzumutbares verlangt: Zwar sei die Kündigung und auch die Abberufung des Datenschutzbeauftragten erschwert, aber nicht völlig ausgeschlossen. Aus wichtigem Grund, also bei Pflichtverletzungen, könnten Datenschutzbeauftragte durchaus entlassen werden.


Hinweis: BAG, Urteil vom 25. August 2022, Az: 2 AZR 225/20; LAG Nürnberg, Urteil vom 19.02.2020, Az: 2 Sa 274/19


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