Schwerbehindertenrecht: Wer ist öffentlicher Arbeitgeber?

Öffentliche Arbeitgeber müssen grundsätzlich schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einladen. Ob eine Landtagsfraktion als öffentlicher Arbeitgeber gilt, musste das BAG im Fall eines abgelehnten Bewerbers beurteilen. Der Bewerber hatte eine Fraktion des bayerischen Landtags auf Entschädigung verklagt.

Bereits im Bewerbungsprozess müssen private und öffentliche Arbeitgeber die gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit Schwerbehinderten beachten. Eine besondere Pflicht gilt für öffentliche Arbeitgeber: Sie müssen  schwerbehinderte Bewerber grundsätzlich zum Vorstellungsgespräch einladen. In diesem Zusammenhang müssen sich Gerichte regelmäßig mit Entschädigungsklagen von nicht berücksichtigten Bewerbern befassen.

Auch im aktuellen Fall klagte ein schwerbehinderter Bewerber, weil er von seinem Wunscharbeitgeber, einer Fraktion des bayerischen Landtags, nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die Fraktion als Teil des Landtags ein öffentlicher Arbeitgeber in diesem Sinne ist. Das Gesetz kennt hier eine eigene Arbeitgeber-Definition in § 154 SGB IX.

Entschädigung wegen Benachteiligung als Schwerbehinderter?

Der Fall im Detail: Unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung hatte sich der Mann bei einer Fraktion des bayerischen Landtags beworben. Diese hatte zwei Stellen für die Position als wissenschaftlicher Mitarbeiter ausgeschrieben: zum einen für kommunale Fragen, innere Sicherheit und Baurecht sowie zum anderen für schulische und berufliche Bildung und Sport. Die Fraktion hatte ihn für beide Stellen nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Auf die Absage hin, die mit der Mitteilung erfolgte, dass man sich für einen anderen Bewerber entschieden habe, klagte der Schwerbehinderte vor Gericht.

Diskriminierung wegen fehlender Einladung zum Vorstellungsgespräch?

Der Bewerber forderte von der Fraktion eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2, Satz 1 AGG in Höhe von über 20.000 Euro. Er machte geltend, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert wurde. Die Fraktion habe gegen zahlreiche Vorgaben zum Schutz und zur Förderung von Schwerbehinderten im SGB IX verstoßen. Insbesondere sei er dadurch benachteiligt worden, dass er für beide Stellen nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Hierzu sei die Fraktion nach seiner Meinung als öffentlicher Arbeitgeber verpflichtet gewesen.

BAG: Keine Diskriminierung wegen Schwerbehinderung

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Auch die Revision vor dem BAG blieb ohne Erfolg. Die Erfurter Richter entschieden, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Die Fraktion habe keine Verfahrens- oder Förderpflichten missachtet. Insbesondere stellte das BAG klar, sei sie nicht dazu verpflichtet gewesen, den Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Hierzu führte es in der Begründung aus, dass diese Pflicht gemäß § 165 SGB IX (§ 82 Satz 2 SGB IX alte Fassung) nur für öffentliche Arbeitgeber gelte.

Fraktion hat keine Einladungspflicht

Wer öffentlicher Arbeitgeber in diesem Sinne ist, definiert § 154 Abs. 2 SGB IX (§ 71 Abs. 3 SGB IX alte Fassung). Die Fraktion sei kein öffentlicher Arbeitgeber nach dieser Vorschrift, betonte das Gericht. Insbesondere sei sie keine sonstige Körperschaft des öffentlichen Rechts, da ihr ein solcher Status nicht verliehen wurde. 

Hinweis: BAG, Urteil vom 16.05.2019, Az: 8 AZR 315/18; Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 11. 04. 2018; Az: 10 Sa 820/17


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Schlagworte zum Thema:  BAG-Urteil, Schwerbehinderte