Schwerbehinderung: Einladung zum Vorstellungsgespräch

Öffentliche Arbeitgeber sind grundsätzlich dazu verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Eine zulässige Ausnahme davon gibt es in einem sogenannten gestuften Ausschreibungsverfahren. Das zeigt ein nun veröffentlichtes Urteil des LAG Schleswig-Holstein. 

Prinzipiell müssen öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Bewerber gemäß § 165 SGB IX zum Vorstellungsgespräch einladen. Unterbleibt die Einladung zum Vorstellungsgespräch, kann dies bei einer AGG-Klage als Indiz für eine Diskriminierung durch den Arbeitgeber gelten.

Im konkreten Fall vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein haben die Richter jedoch – trotz ausgebliebener Einladung – eine solche Indizwirkung abgelehnt, da es sich um ein sogenanntes gestuftes Ausschreibungsverfahren handelte. Dabei steht die externe Ausschreibung unter dem Vorbehalt, dass externe Bewerber nur zum Zuge kommen sollen, wenn sich nicht genug interne Bewerber finden. In einem solchen Fall muss der öffentliche Arbeitgeber einen schwerbehinderten externen Bewerber nicht zwingend zum Vorstellungsgespräch einladen, entschied nun das LAG.  

AGG-Klage: Diskriminierung einer externen schwerbehinderten Bewerberin?

Im konkreten Fall konnte der öffentliche Arbeitgeber - eine Gebietskörperschaft - in dem gestuften Ausschreibungsverfahren alle intern wie extern ausgeschriebenen Stellen mit internen Bewerbern besetzen. Die klagende externe Bewerberin, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, (Lesen Sie hier mehr zur Schwerbehinderteneigenschaft) erhielt eine Absage auf ihre Bewerbung, ohne zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Daraufhin klagte sie vor Gericht auf eine Entschädigung in Höhe von fünf Monatsgehältern. Der Umstand, dass sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, sei ein hinreichendes Indiz für eine Diskriminierung. 

Gestuftes Ausschreibungsverfahren: Interne Bewerber haben Vorrang

Der Arbeitgeber erachtete seine Praxis, externe Bewerber prinzipiell und unabhängig von einer Schwerbehinderung nicht einzuladen, als rechtmäßig. Er machte geltend, dass zumindest das Indiz einer Benachteiligung aus zulässigen formalen Gründen – also der Vorrang interner Bewerber wegen des gestuften Ausschreibungsverfahrens – widerlegt sei.

Das LAG Schleswig-Holstein folgte der Auffassung des Arbeitgebers. Die Richter stellten klar: Die Tatsache, dass der potenzielle Arbeitgeber die Bewerberin nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen habe, sei kein Indiz für eine Diskriminierung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft. Die schwerbehinderte Bewerberin habe die formale Voraussetzung als interne Bewerberin nicht erfüllt und eine Einladungspflicht von externen schwerbehinderten Bewerbern in einem internen Bewerbungsverfahren bestehe nach § 165 SGB IX gerade nicht. Die nicht erfolgte Einladung sei daher als Indiz für eine Diskriminierung ungeeignet.

Kein Vorstellungsgespräch: Schwerbehinderung war nicht entscheidend

Darüber hinaus führte das Gericht jedoch – ähnlich der Argumentation des Arbeitgebers – aus: Selbst wenn davon ausgegangen würde, die nicht erfolgte Einladung stelle doch ein Indiz für eine Diskriminierung dar, hätte der Arbeitgeber eine solche Wirkung zumindest widerlegt. Die Richter waren nämlich überzeugt, dass die Einladung zum Vorstellungsgespräch alleine deshalb ausgeblieben war, weil es sich um eine externe Bewerbung gehandelt hatte. Die klagende Bewerberin sei also – wie alle anderen externen Bewerber – nur aus diesem Grund nicht eingeladen worden. Die Schwerbehinderung sei daher weder kausal noch mitursächlich dafür gewesen, die Bewerberin nicht zum Gespräch einzuladen, stellte das LAG fest.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das LAG Schleswig-Holstein hat die Revision nicht zugelassen.

Hinweis:  LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. 12. 2018, Az: 1 Sa 26 öD/18 


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