Berechtigte Kritik an der Personalabteilung ist kein Kündigungsgrund
Die Auszahlung der Überstunden eines Straßenbahnfahrers zog sich derart in die Länge, dass er schließlich Dienstaufsichtsbeschwerde erhob. Darin behauptete er, dass die Mitarbeiter der Personalabteilung seine Bezüge veruntreuen und sich somit strafbar machen würden. Der Arbeitgeber reagierte darauf mit der fristlosen Kündigung. Zu Unrecht, befand das LAG Düsseldorf. Im Hinblick auf die gerichtliche Einschätzung und die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, einigten sich die Parteien mit einem Vergleich.
Fristlose Kündigung wegen Kritik an Personalabteilung?
Der Straßenbahnfahrer, der seit 2016 bei einem öffentlichen Nahverkehrsunternehmen beschäftigt war, wurde bei einem Dienstunfall 2017 arbeitsunfähig. Er ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Bei der Personalabteilung mahnte er mehrfach die Auszahlung seiner Überstunden aus dem Jahr 2017 an. Konkret ging es um die Zahlung von 200 Euro für insgesamt 13,5 Stunden. Da bis Anfang März 2019 keine Auszahlung erfolgte, kontaktierte der Mann Mitte März 2019 erneut eine Mitarbeiterin der Personalabteilung. Diese verwies ihn im Telefonat darauf, sie müsse die Sache erst mit einem anderen Mitarbeiter abklären.
Dienstaufsichtsbeschwerde als Kündigungsgrund?
Der Arbeitnehmer forderte daraufhin - durchaus sehr vehement - eine Entscheidung noch am selben Tag und zumindest eine sofortige Teilzahlung. Als er keine Rückmeldung erhielt, erhob er am selben Abend Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiterin und den stellvertretenden Leiter der Personalabteilung. Darin stellte er seine Sicht der Dinge dar und bezichtigte die Mitarbeiter, seine Bezüge zu veruntreuen und sich somit strafbar zu machen. Im April 2019 bezahlte der Arbeitgeber die Überstunden und kündigte dem Mann fristlos wegen des „aggressiven Tons beim Telefonat“ sowie der Dienstaufsichtsbeschwerde.
Berechtigte Kritik ist kein Grund für fristlose Kündigung
Das LAG Düsseldorf hielt die Kündigung, wie bereits die Vorinstanz, für unwirksam. Aus Sicht der Richter, habe es für den Arbeitnehmer einen berechtigten Anlass gegeben, sich zu beschweren.
Die Vorwürfe des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe die Mitarbeiterin im Telefonat genötigt und die Mitarbeiter der Personalabteilung zu Unrecht einer Straftat, nämlich der Untreue bezichtigt, ließ das Gericht nicht gelten.
Vorgesetzte zu Unrecht einer Straftat bezichtigt?
Zwar dürfe der Arbeitnehmer Vorgesetzte nicht wider besseres Wissen einer Straftat bezichtigen. Im konkreten Fall sei jedoch aus der Dienstaufsichtsbeschwerde eindeutig erkennbar, dass es dem Arbeitnehmer nur darum gegangen sei, seine Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung deutlich zu machen. Nur diese habe er wertend und auch für den Arbeitgeber erkennbar rechtlich unzutreffend als Untreue bezeichnet. Für die Richter war das Verhalten des arbeitsunfähigen Straßenbahnfahrers zwar eine deutliche Kritik, aber aufgrund des Gesamtzusammenhangs ebenso wie die Beschwerde, die aus berechtigtem Anlass, erfolgte, kein Kündigungsgrund.
Vergleich beendet Arbeitsverhältnis: Arbeitgeber zahlt Abfindung
Beide Seiten beendeten das Arbeitsverhältnis durch einen Vergleich. Der Arbeitgeber, ein Nahverkehrsunternehmen, verpflichtete sich darin, dem Arbeitnehmer eine Abfindung von 30.000 Euro zu zahlen und die noch offenen 50 Urlaubstage abzugelten.
Hinweis: LAG Düsseldorf, Az: 8 Sa 483/19, Vorinstanz: ArbG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2019, Az: 7 Ca 2147/19
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