Job endet automatisch mit Eintritt ins Rentenalter

Ein Arbeitnehmer wollte über die Grenze von 67 Jahren hinaus weiterarbeiten, weil ihm seine Rente zu niedrig erschien. Er klagte daher gegen den „Automatismus“, dass das Arbeitsverhältnis mit 67 Jahren endet - ohne Erfolg!

Der EuGH hat aktuell entschieden: Die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 67. Lebensjahres trotz niedriger Rente stellt dann keine Altersdiskriminierung dar, wenn die nationale Maßnahme durch ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik gerechtfertigt ist und ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels darstellt.

Arbeitnehmer wollte länger arbeiten, um die Rente zu verbessern

Ein schwedischer Arbeitnehmer war im Postdienst beschäftigt. Aufgrund der in Schweden geltenden "67-Jahre-Regelung", die im einschlägigen Tarifvertrag und in den anwendbaren Regeln zum Kündigungsschutz niedergelegt ist, endete das Arbeitsverhältnis automatisch mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer das 67. Lebensjahr vollendet hat.

Da sich die Arbeitgeberin darauf berief, dass das Arbeitsverhältnis geendet habe, klagte der Arbeitnehmer auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezog der Arbeitnehmer eine Altersrente, die sich auf monatlich umgerechnet ca. 700 EUR belief. Er war der Auffassung, dass die Regelung eine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle. Insbesondere führte er aus, dass sich seine Altersrente, bestünde sein Arbeitsverhältnis noch zwei oder drei Jahre fort, auf ca. 940 EUR erhöhen würde. Für Arbeitnehmer, die daher länger arbeiten wollten, sei eine Ausnahme von der 67-Jahre-Regelung zuzulassen.

Der EuGH: Die automatische Beendigung ist zulässig

Der EuGH entschied dass die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Eintritt in das Rentenalter zulässig sei, wenn die Regelung ihrerseits ein angemessenes und erforderliches Mittel ist, um ein legitimes Ziel zu erreichen. Die Höhe der Altersrente sei dabei nicht zu berücksichtigen.

Die schwedische Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis automatisch mit Vollendung des 67. Lebensjahres endet, stelle zwar eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters dar. Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (Anti-Diskriminierungsrichtlinie) sind solche Ungleichbehandlungen wegen des Alters jedoch dann keine Diskriminierung, wenn sie objektiv erforderlich und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind, was nach Ansicht des EuGH bei der zu prüfenden Regelung der Fall war. Der schwedische Gesetzgeber hatte mehrere Ziele genannt, die sich auf die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik beziehen. Die Regelung diene dazu, die künftige Rente zu verbessern, den Arbeitskräftemangel auszugleichen und Platz für jüngere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Dabei stellte der EuGH klar, dass sich dieses legitime Ziel nicht aus dem Wortlaut der Regelung selbst ergeben müsse, sondern auch der gesamte Kontext zu berücksichtigen sei.

Der EuGH hat auch eine übermäßige Beeinträchtigung der Interessen von älteren Arbeitnehmern verneint. Denn es reiche aus, dass einem Mitarbeiter nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses überhaupt ein finanzieller Ausgleich zustehe, nämlich die Altersrente. Die Höhe dieser Altersrente spiele dabei aber keine Rolle.

Folgen für die betriebliche Praxis

Die Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen Palacios (Urteil vom 16.10.2007 – C 411/05) und Rosenbladt (Urteil vom 12.10.2010 – C 45/09) zum Thema Altersdiskriminierung durch gesetzliche und tarifliche Altersgrenzen.

Weiterhin ungeklärt bleibt aber die Frage, ob eine einzelvertragliche Regelung, die die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Renteneintrittsalter vorsieht, zulässig ist.

Hierfür spricht, dass nach § 10 Satz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), welches ebenfalls unter anderem auf der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG basiert, eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch in Deutschland zulässig ist, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. In § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG ist ausdrücklich die Beschäftigungspolitik geregelt.

Auch wenn der EuGH im vorliegenden Fall nicht über eine einzelvertragliche Regelung zu entscheiden hatte, sprechen aufgrund der Parallelität der Regelungen bei der Verfolgung legitimer Ziele, die sich auf die Beschäftigungspolitik beziehen, gute Gründe dafür, dass auch entsprechende einzelvertragliche Regelungen wirksam vereinbart werden können (EuGH, Urteil 5.7.2012, C 141/11).

 

Informationen zum Autor:

Dr. Christian Maron, Associate, Hogan Lovells (München)

Schlagworte zum Thema:  EuGH, Arbeitsvertrag