Coronavirus: Maskenpflicht am Arbeitsplatz trotz Attest?

Ein Arbeitgeber muss einen Mitarbeiter, dem ein ärztliches Attest bescheinigt, dass er am Arbeitsplatz keine Maske tragen kann, nicht im Betrieb beschäftigen – auch nicht im Homeoffice. Das entschied das Arbeitsgericht Siegburg im Hauptsacheverfahren.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat damit die Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt. Wie bereits im Eilverfahren verlangte der Mitarbeiter eines Rathauses auch in der Hauptsache, ohne Maske am Arbeitsplatz oder im Homeoffice beschäftigt zu werden. Zudem forderte er Vergütung in Form von Annahmeverzugslohn wahlweise Schadensersatz, obwohl er seit Dezember 2020 nahezu durchgehend krankgeschrieben war.

Arbeitnehmer fordert Beschäftigung ohne Maske oder im Homeoffice

Vorausgegangen war folgender Sachverhalt: Der Arbeitgeber hatte im Frühjahr 2020 in den Räumlichkeiten des Rathauses das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte angeordnet. Der Verwaltungsmitarbeiter wehrte sich gegen diese Pflicht und machte im Eilverfahren gerichtlich geltend, ohne Gesichtsbedeckung im Rathaus beschäftigt zu werden oder alternativ im Homeoffice arbeiten zu dürfen.

Arbeitnehmer legt Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht vor

Dazu legte er dem Arbeitgeber zunächst ein Attest vor, das ihn von der Maskenpflicht befreite. Gründe für eine Befreiung von der Maskenpflicht wurden in dem Attest nicht genannt. Als der Arbeitgeber den Mitarbeiter daraufhin anwies, beim Betreten des Rathauses, in Gemeinschaftsräumen sowie bei Gängen über die Flure ein Gesichtsvisier zu tragen, legte er ein neues Attest vor, das ihn wiederum ohne Angabe von Gründen von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite.

Arbeitgeber verweigert Homeoffice und Beschäftigung ohne Maske

Der Arbeitgeber akzeptierte diese Atteste nicht - ohne Gesichtsbedeckung wollte er den Mitarbeiter nicht im Rathaus beschäftigen. Der Streit landete erst vor dem Arbeitsgericht Siegburg und dann in zweiter Instanz vor dem LAG Köln. Der Mitarbeiter verlangte vom Arbeitgeber, seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung ausüben zu dürfen. Andernfalls müsse er im Homeoffice beschäftigt werden.

ArbG Siegburg: Gesundheitsschutz von Kollegen und Dritten geht vor

Der Mitarbeiter hatte mit seinen Anträgen wie schon vor dem Arbeitsgericht Siegburg auch vor dem LAG Köln keinen Erfolg. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts überwiegt der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Verwaltungsmitarbeiters an einer Beschäftigung am Arbeitsplatz ohne ein Gesichtsvisier oder eine Mund-Nasen-Bedeckung.

Die Richter der ersten Instanz hatten zudem Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Atteste. Aus Sicht des Gerichts müsse ein solches Attest konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten, warum eine Maske nicht getragen werden könne. 

LAG Köln: Arbeitnehmer ohne Maske ist arbeitsunfähig

Das LAG Köln bestätigte, dass die Anordnung des Arbeitgebers einer Maskenpflicht am Arbeitsplatz zulässig war. Zusätzlich sei diese Anordnung vom Direktionsrecht gedeckt, da das Tragen einer FFP2-Maske dem Infektionsschutz sowohl der Mitarbeiter und Besucher des Rathauses als auch des Mitarbeiters selbst diene. Sei dieser aber - ärztlich attestiert - nicht zum Tragen der Maske in der Lage, ist er aus Sicht der Richter arbeitsunfähig und deshalb nicht zu beschäftigen.

ArbG Siegburg: Mitarbeiter mit Maskenpflichtattest sind arbeitsunfähig

Das Arbeitsgericht Siegburg schloss sich dieser Auffassung nun im Hauptsacheverfahren an. Es urteilte, dass der Mitarbeiter, da er ärztlich attestiert nicht zum Tragen der Maske in der Lage sei, damit arbeitsunfähig sei. Daher habe er keinen Anspruch auf Beschäftigung und Annahmeverzugslohn oder Schadensersatz.

Auch kein Anspruch auf Homeoffice

Einen Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verneinte die Kammer ebenfalls. Zumindest Teile seiner Aufgaben müssten im Rathaus erledigt werden. Eine partielle Tätigkeit zu Hause würde die bestehende Arbeitsunfähigkeit des Rathausmitarbeiters nicht beseitigen; eine partielle Arbeitsunfähigkeit kenne das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.


Hinweis: Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 18.08.2021, Az:  4 Ca 2301/20, Entscheidungen im Eilverfahren: LAG Köln, Urteil vom 12.4.2021, Az: 2 SaGa 1/2; Vorinstanz: Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 16.12.2020, Az: 4 Ga 18/20


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Schlagworte zum Thema:  Direktionsrecht, Coronavirus, Urteil