Brexit: Kündigungslockerungen für Banker?

Im Zusammenhang mit dem Brexit möchte die Bundesregierung den Kündigungsschutz für Banker lockern. Jetzt liegt ein erster  Referentenentwurf für das Brexit-Steuerbegleitgesetz vor. Rechtsanwalt Till Hoffmann-Remy erläutert, welche Änderungen geplant sind und deren konkrete Auswirkungen für die Praxis. 

Haufe Online Redaktion: Welche Regelungen bei Bankern im Zusammenhang mit dem „Brexit“ plant die Bundesregierung?

Till Hoffmann-Remy: Das Bundesministerium der Finanzen, also das BMF, hat einen ersten Referentenentwurf für das Brexit-Steuerbegleitgesetz vorgelegt. Damit soll der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition umgesetzt werden, den Kündigungsschutz für Risikoträger in Banken, sogenannte „Risk Taker“, zu lockern und diese den leitenden Angestellten gleichzustellen. Der Gesetzgeber möchte dies lösen, indem er für bestimmte Gruppen der „Risk Taker“ keinen allgemeinen Bestandsschutz mehr gewährt, sondern nur noch einen begrenzten Abfindungsschutz: Arbeitgeber können dann in Kündigungsschutzverfahren auch bei sozial ungerechtfertigten Kündigungen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragen. Insoweit ist eine Änderung des § 25a Kreditwesengesetzes, kurz KWG, geplant. Das soll erstmalig für Kündigungen gelten, die acht Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes ausgesprochen werden.

Brexit: Lockerung des Kündigungsschutzes für Risikoträger bei Banken

Haufe Online-Redaktion: Welche Änderungen im Bankenbereich bedeutet das im Vergleich zur aktuellen Rechtslage konkret?

Hoffmann-Remy: Die Regelung findet Anwendung auf Risikoträger im Sinne des § 2 Abs. 8 Institutsvergütungsverordnung, also der InstVgV, welche bei bedeutenden Instituten im Sinne von § 17 InstVgV beschäftigt sind, ohne Leitende Angestellte zu sein. Die betreffenden Personen unterliegen der geplanten Neuregelung, wenn sie eine jährliche regelmäßige Grundvergütung beziehen, die das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung überschreitet. Das sind derzeit 234.000 Euro brutto (West) beziehungsweise 208.000 Euro brutto (Ost). Sie sollen nach dem Referentenentwurf nur noch von dem in §§ 14 Abs. 2 Satz 2, 9 Abs. 1 S. 2 Kündigungsschutzgesetz niedergelegten beschränkten Abfindungsschutz profitieren. Für „Risk Taker“ unterhalb dieser Gehaltsgrenze sowie für solche, die schon jetzt „echte“ Leitende Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sind, ändert sich nichts gegenüber den derzeit geltenden Regelungen.

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Deckelung der Abfindungshöhe bei Auflösungsanträgen

Haufe Online-Redaktion: Wie schätzen Sie die konkreten Auswirkungen für die Praxis und die betroffenen Banken ein?

Hoffmann-Remy: Erst einmal scheint der Ansatz ja durchaus naheliegend: Der Gesetzgeber meint, es sei davon auszugehen, dass „Risk Taker“ hohe Beiträge zu den Geschäftszielen des Instituts leisteten und ihre berufliche Tätigkeit daher wesentliche Auswirkungen auf das Risikoprofil des Instituts habe. Entsprechend soll der Kündigungsschutz für sie gelockert werden. Das würde ein praktisches Bedürfnis adressieren: Offenkundig ist, dass „Risk Taker“ zumeist auch einen besonderen Status innerhalb einer Bank aufweisen, der sie von einem – bewusst in Anführungszeichen gesetzt – „Normalarbeitnehmer“ abhebt. Schon derzeit werden Kündigungssachverhalte bezogen auf die hier betroffene Personengruppe in vielen Fällen wirtschaftlich gelöst; dies geschieht aber häufig zu vergleichsweise astronomischen Konditionen. Der Gesetzesentwurf würde hier etwas Normalität einkehren lassen, da die Abfindungshöhe bei Auflösungsanträgen gedeckelt ist und eine Trennung dann in jedem Fall auch einseitig durchsetzbar wäre. Die Frage ist aber, ob sich die Banken darauf verlassen können, dass diese Regelung auch verfassungsrechtlich belastbar ist. Da gibt es berechtigte Bedenken.

Gleichbehandlung: Sind Profi-Fußballer kündigungsrechtlich schutzwürdiger?

Haufe Online-Redaktion: Können Sie diese verfassungsrechtlichen Bedenken konkretisieren? 

Hoffmann-Remy: Der Referentenentwurf bezieht sich zur Begründung eines „Sonderrechts für Banken“ maßgeblich auf die Systemrelevanz von Banken und deren Beitrag zur Finanzmarktstabilität. Warum aber „Risk Taker“ im Bankenbereich anders zu behandeln sein sollen als zum Beispiel im Versicherungsbereich, warum Risikoträger im Sinne des § 37 Abs. 1 S. 1 Kapitalanlagegesetzbuch ausgenommen sein sollen, obwohl sie ähnlich risikoaffine Tätigkeiten entfalten – hierauf gibt der Entwurf keine Antwort. Genau hier aber lauern Gleichbehandlungsprobleme. Der Gesetzgeber sollte sich daher genau überlegen, ob eine solche Änderung – die ja durchaus sinnvoll sein kann – nicht auf andere Personenkreise ausgedehnt werden müsste. Warum der Profi-Fußballspieler, an dem der (sportliche) Erfolg seines Vereins hängen mag, oder ein „Key Player“ in der Industrie kündigungsrechtlich schutzwürdiger sein soll als der „Risk Taker“ in einer Bank, scheint mir schwer erklärbar.

Dr. Till Hoffmann-Remy ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Kliemt Arbeitsrecht in Frankfurt am Main.

Schlagworte zum Thema:  Kündigung, Brexit