Befristete Teilzeit: Personalplanung wird erschwert

Arbeitsministerin Andrea Nahles hat einen ersten Entwurf für ein Gesetz zur sogenannten befristeten Teilzeit vorgelegt. Welche neuen rechtlichen Vorgaben dadurch entstehen und was diese für Arbeitgeber bedeuten würden, erläutert die Arbeitsrechtlerin Marion Bernhardt.

Haufe Online-Redaktion: Arbeitsministerin Andrea Nahles hat nun einen Referentenentwurf zur befristeten Teilzeit vorgelegt, oft wird diesbezüglich auch von einem "Rückkehrrecht in Vollzeit" gesprochen. Welche Änderungen sieht der Referentenentwurf vor?

Marion Bernhardt: Der Referentenentwurf sieht im Wesentlichen das Recht auf eine zeitlich befristete Teilzeit vor. Bisher hatten Arbeitnehmer nur Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit dauerhaft zu reduzieren. Das soll nun auch für einen begrenzten Zeitraum ermöglicht werden. Anschließend soll dann die ursprüngliche Arbeitszeitregelung wieder aufleben. Von einem "Rückkehrrecht in die Vollzeit" zu sprechen ist insofern etwas missverständlich.

Haufe Online-Redaktion: Unter welchen Bedingungen soll eine solche befristete Teilzeit künftig möglich sein?

Bernhardt: Der Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit soll an die gleichen Voraussetzungen geknüpft werden, die auch jetzt schon für die unbefristete Reduzierung der Arbeitszeit gelten: Der Arbeitnehmer muss mindestens sechs Monate im Betrieb beschäftigt gewesen sein und die Teilzeit drei Monate vorher beantragen. Eine erneute Stundenreduzierung nach Rückkehr zur alten Arbeitszeit soll frühestens nach einem Jahr möglich sein. Kleinunternehmer, die nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen, bleiben auch weiterhin von den Regelungen zum Anspruch auf Teilzeit ausgenommen. Unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten soll der Arbeitgeber aber verpflichtet sein, den Umfang der Arbeitszeit mit seinen Mitarbeitern zu erörtern, wenn diese ihre Arbeitszeit verändern möchten.

Befristete Teilzeit: mehr Aufwand, mehr Planung

Haufe Online-Redaktion: Welche Schwierigkeiten ergeben sich daraus für Arbeitgeber?

Bernhardt: Neben dem hierdurch entstehenden zusätzlichen bürokratischen Aufwand wird die Personalplanung deutlich erschwert, wenn Arbeitnehmer vermehrt zwischen Voll- und Teilzeit wechseln. In Zeiten von Fachkräftemangel lassen sich außerdem qualifizierte Ersatzkräfte häufig nicht auf befristete Verträge ein. Es werden also gegebenenfalls unbefristete Einstellungen vorgenommen werden müssen. Wenn der Teilzeitmitarbeiter dann wieder aufstockt, hat der Arbeitgeber also quasi eineinhalb Mitarbeiter, gegebenenfalls aber nur Arbeit für einen. Daraus können natürlich arbeitsrechtliche Fragestellungen folgen. Wer geht dann? Kann eine Beendigungs- oder muss eine Änderungskündigung ausgesprochen werden? Wie ist die Sozialauswahl zu treffen? Das Bundesarbeitsgericht hat jüngst darauf hingewiesen, dass auch deutliche Unterschiede in der Betriebszugehörigkeit durch stärkere Unterhaltspflichten aufgewogen werden können.

Mit dieser Problematik sind Arbeitgeber aber auch heute schon konfrontiert, denn Beschäftigte haben während der Elternzeit – und das dürfte absehbar der Hauptanwendungsfall von Teilzeitarbeit bleiben – ja schon jetzt einen Anspruch auf zeitlich befristete Teilzeit.

Haufe Online-Redaktion: Wie steht es um momentan in Teilzeit Beschäftigte: Haben diese einen Anspruch auf eine mögliche frühere Vollzeitstelle?

Bernhardt: Einen Anspruch auf eine Vollzeitstelle für Arbeitnehmer, die derzeit in Teilzeit arbeiten, wird es auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes nicht geben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer zuvor in Vollzeit gearbeitet haben, oder auf einer Teilzeitstelle eingestiegen sind. Allerdings soll auch dieser Gruppe der Weg zur Vollzeit zumindest erleichtert werden: Schon heute sind Teilzeitkräfte bei Besetzung von Vollzeitstellen bevorzugt zu berücksichtigen. Aktuell ist es aber an ihnen, nachzuweisen, dass ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht und sie für diesen auch geeignet sind.

Der Referentenentwurf sieht für diese Situation eine Beweislastverlagerung auf den Arbeitgeber vor: Künftig soll dieser das Fehlen eines Arbeitsplatzes beziehungsweise der Eignung des Arbeitnehmers darlegen müssen. Das ist natürlich aus Arbeitgebersicht in den Fällen misslich, in denen eine Aufstockung arbeitgeberseitig – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewünscht sein sollte. In der Praxis gibt es mit Aufstockung aber häufig gar kein Problem: Meistens sind gerade die Arbeitgeber daran interessiert, dass die Mitarbeiter Vollzeit arbeiten.

Wunsch nach Teilzeit: Anlass für flexiblere Arbeitszeit und Homeoffice?

Haufe Online-Redaktion: Nach alledem: Wie sollten Arbeitgeber auf eine mögliche neue Situation, die durch ein solches Gesetz entstehen könnte, vorbereiten?

Bernhardt: Zunächst bleibt abzuwarten, wie hoch die Wellen tatsächlich sind, die das neue Gesetz schlagen wird. Eine ähnliche Regelung gibt in der Elternzeit schon. Ein explosiver Anstieg der Teilzeitbegehren ist wohl eher nicht zu erwarten, da die meisten Beschäftigten schon allein aus finanziellen Gründen eine Vollzeitstelle weiterhin vorziehen werden. Im Übrigen gilt: Ist die Beschäftigung von Teilzeitkräften mit der betrieblichen Organisation nicht vereinbar, sollten Arbeitgeber sich vorausschauend darauf vorbereiten, dies gegebenenfalls auch nachvollziehbar darlegen zu können. Betriebliche Gründe können dem Teilzeitbegehren entgegenstehen.

Einige Teilzeitbegehren wird man auch zum Anlass für insgesamt flexiblere Regelungen nehmen können: In Zeiten, in denen das "Mobile Office" zunehmend Einzug hält und neue Arbeitsformen gängig werden, wird man in dem ein oder anderen Fall stattdessen mit einer Flexibilisierung von Präsenzzeiten und Homeoffice-Angeboten bessere Ergebnisse für beiden Seiten erzielen können.

Prof. Dr. Marion Bernhardt ist Rechtsanwältin und Partnerin bei CMS Hasche Sigle in Berlin.
Das Interview führte Michael Miller.

Schlagworte zum Thema:  Teilzeit, Arbeitszeiterfassung