Der BAT regelt den Sonderurlaub in § 50.

In den ersten beiden Absätzen der Vorschrift wird unterschieden zwischen Sonderurlaub aus familiären Gründen und Sonderurlaub aus anderen wichtigen Gründen.

Die Gewährung von Sonderurlaub aus familiären Gründen ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet, die

Gewährung von Sonderurlaub aus sonstigen wichtigen Gründen als Kann-Vorschrift.

Beiden Regelungen ist gemeinsam, dass der Arbeitgeber bei entgegenstehenden dienstlichen bzw. betrieblichen Belangen den Antrag auf Sonderurlaub ablehnen kann.

10.1 Sonderurlaub aus familiären Gründen (§ 50 Abs. 1 BAT)

Durch die seit 1. Januar 1996 geltende Neuregelung des § 50 Abs. 1 BAT sind die wichtigen Gründe für Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge im familiären Bereich konkretisiert worden. Es handelt sich insoweit um eine spezielle Regelung des Sonderurlaubs aus wichtigem Grund (§ 50 Abs. 2 BAT). Die Neuregelung ist eng an die Teilzeitregelung des § 15 b angelehnt (vgl. "Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit").

10.1.1 Voraussetzungen

Abweichend vom Wortlaut des § 15b BAT hat jeder Angestellte, also auch der Teilzeitbeschäftigte, einen Anspruch auf Gewährung von Sonderurlaub. Die Gewährung von Sonderurlaub unter Verzicht auf die Bezüge ist nach § 50 Abs. 1 BAT an zwei Voraussetzungen gebunden: Zum einen muss ein wichtiger familiärer Grund vorliegen und zum anderen dürfen keine dringenden dienstlichen bzw. betrieblichen Belange entgegenstehen.

Ein wichtiger familiärer Grund kann in einer Kindesbetreuung oder der Pflege eines Angehörigen liegen.

  • Kindesbetreuung

Der/die Angestellte muss nach Buchstabe a mindestens ein Kind unter 18 Jahren tatsächlich betreuen oder pflegen. Der Begriff "Kind" ist nicht im BAT definiert. Es bietet sich jedoch an, auf § 2 BKGG Bezug zu nehmen, wie dies z.B. § 29 Abschnitt B Abs. 3 BAT tut. "Kind" i.S.d. BKGG sind

  1. im 1. Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder (eheliche, für ehelich erklärte, nichteheliche Kinder sowie angenommene Kinder nach § 1755 BGB)
  2. Kinder des anderen Ehegatten, sofern sie in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind
  3. Pflegekinder, sofern die in § 32 Abs. 1 Ziffer 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. hierzu Der Kind-Begriff)
  4. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.

Auch beim Kind ist das sog. "Territorialitäts-Prinzip" zu beachten. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt

  • in der Bundesrepublik Deutschland,
  • in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder
  • in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,

haben, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl. näher hierzu die Darlegungen bei Der Kind-Begriff).[1]

Entgegen der früheren Regelung in § 50 Abs. 2 BAT erscheint somit auch die persönliche Entscheidung, sein Kind z.B. in Spanien erziehen zu wollen, als möglich.[2]

  • Pflegebedürftige Angehörige

Der Buchstabe b des § 50 Abs. 1 BAT erfasst die tatsächliche Pflege eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen. Hinsichtlich des Begriffs des sonstigen Angehörigen kann die Legaldefinition des § 20 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes herangezogen werden. Diese Vorschrift lautet wie folgt:

"Angehörige . . . sind":

  1. der Verlobte,
  2. der Ehegatte,
  3. Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
  4. Geschwister,
  5. Kinder der Geschwister,
  6. Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
  7. Geschwister der Eltern,
  8. Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).

Angehörige sind die in Satz 1 aufgeführten Personen auch dann, wenn

  1. in den Fällen der Nrn. 2, 3 und 6 die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht;
  2. in den Fällen der Nr. 3-7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kinder erloschen ist;
  3. im Fall der Nr. 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sondern die Personen weiterhin wie Eltern und Kinder miteinander verbunden sind.

Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird § 14 SGB XI – Sozialversicherung – (Art. 1 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26.05.1994 BGBl. I S. 1014) entnommen werden können. Sie ist anzunehmen, wenn die betroffene Person infolge ihrer körperlichen, seelischen und/oder geistigen Behinderung zu den Verrichtungen des täglichen Lebens aus eigener Kraft nicht imstande ist. Die Pflegebedürftigkeit näher zu bestimmen, bleibt letztlich einem ärztlichen Gutachten vorbehalten.

 
Praxis-Tipp

Besteht für einen Angehörigen ein Pflegegeldanspruch, so wird der die Pflege leistende Arbeitnehmer in der Regel einen Anspruch auf Sonderurlaub haben.

Der Arbeitnehmer muss die Betreuung oder Pflege tatsächlich durchführen. Nicht erforderlich ist, dass die Pflege oder Betreuung gerade durch diesen Angestellten zwingend geboten ist oder dass der Sonderurlaub deshalb notwendig ist, weil keine andere Person hierfür zur Verfügung steht.

  • Antragstellung

Der Sonderurlaub kann nur auf Initiative des Angestellten gewährt werden. Es genügt eine ausdrückliche, wenn auch formlose Willenserklärung des Angestellt...

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