Mit Urteil vom 25.4.2013 hat das BAG[1] hierzu entschieden, dass bei Stunden, die im Schichtplan festgelegt sind ("2. Fallkonstellation"), Überstunden nur dann entstehen können, wenn mehr Stunden vorgesehen sind, als ein Vollbeschäftigter nach § 6 Abs. 1 TVöD erbringen müsste. Ob tatsächlich Überstunden geleistet worden sind, ergibt sich in diesem Fall erst aus dem am Ende eines Schichtplanturnus vorzunehmenden Abgleich zwischen der tatsächlichen Arbeitsleistung und der von einem Vollbeschäftigten in diesem Zeitraum geschuldeten Arbeit. Wird bezogen auf den Schicht­planturnus als Ausgleichszeitraum die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten eingehalten, liegen bei im Schichtplan vorgesehenen Stunden keine Überstunden vor.

Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass Schichtplanturnus i. S. v. § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD der Zeitraum ist, für den ein Schichtplan im Vorhinein aufgestellt ist. Das BAG schließt es in seiner Argumentation aus, dass der Tariftext so zu verstehen sei, dass Überstunden immer erst dann vorlägen, wenn zusätzlich zu den im Schichtplan festgesetzten Arbeitsstunden noch weitere Arbeit angeordnet würde. Dies hätte nämlich zur Konsequenz, dass Stunden, die über die regelmäßige Wochenarbeitszeit hinaus schichtplanmäßig geleistet werden müssen, nie Überstunden sein könnten. Maßgebliche Bezugspunkte seien die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit i. S. v. § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD und daneben der Schichtplanturnus. Insofern entstünden Überstunden erst, aber auch immer dann, wenn die im Schichtplan eingeplanten Arbeitsstunden nicht innerhalb des Schichtplanturnus so ausgeglichen werden, dass im Durchschnitt dieses Turnus die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD erreicht wird.

Nach Auffassung des BAG ergebe § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD nur bei folgender Leseart Sinn:

"Abweichend von Abs. 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind, und/oder die im Schichtplan vorgesehenen (festgesetzten) Arbeitsstunden, die – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (i. S. v. § 6 Abs. 1 TVöD) – im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden."

Diese "Leseart" ist bei näherer Betrachtung ein völlig neuer Wortlaut. Das BAG legt damit § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD im Sinne des Gebots der Normenklarheit nicht aus, sondern formuliert die Norm vollständig um. Die Norm wird dadurch aber nicht verständlicher. Das zeigt schon die Formulierung "und/oder". Benannt werden 2 Sachverhalte: Anordnung von Arbeitsstunden über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden und Ausgleich bzw. Nicht-Ausgleich im Schichtplanturnus bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit i. S. v. § 6 Abs. 1 TVöD. Beide Sachverhalte werden mit den Worten "und/oder" verbunden.

Mit dieser vom BAG "neu geschriebenen" Formulierung ergeben sich 2 eigenständige Regelungsalternativen, die jeweils getrennt voneinander anwendbar sind. Insofern kommt es bei der 1. Alternative nur auf die Anordnung von zusätzlichen Arbeitsstunden an, die über die in einem Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden vorgesehen sind. Ein Ausgleich ist hier nicht möglich. Bei der 2. Alternative entscheidet dann der Stundenausgleich im Schichtplanturnus auf Basis der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit i. S. v. § 6 Abs. 1 TVöD.

Auf der Basis dieser neuen Rechtsprechung des BAG hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil v. 19.12.2018, 2 Sa 341/18, entschieden, dass die Zahlung von Überstundenzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD für sog. geplante Überstunden i. S. v. § 7 Abs. 8 Buchst. c 2. Alternative TVöD voraussetzt, dass die über der Sollarbeitszeit liegenden Ist-Arbeitsstunden tatsächlich geleistet wurden. Zeiten des Urlaubs oder der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gelten insofern nicht als geleistete Arbeitsstunden.

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