3.1 Voraussetzungen

 

Rz. 3

Die Wahl des Wahlvorstands durch Betriebsversammlung ist vom Gesetz als eine nachrangige Lösung ausgestaltet worden. Gehört der betriebsratslose Betrieb zu einem Unternehmen mit Gesamtbetriebsrat oder – falls dies nicht der Fall ist – gehört das Unternehmen mit dem betriebsratslosen Betrieb in einen Konzernverbund mit Konzernbetriebsrat, so haben zunächst Gesamt- oder Konzernbetriebsrat den Vorrang für die Bestellung des Wahlvorstands.[1] Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können grundsätzlich nur dann zur Wahl des Betriebsrates in einer Wahlversammlung einladen, wenn weder Gesamtbetriebsrat noch Konzernbetriebsrat existieren.

Als Ausnahme von diesem Grundsatz darf die Betriebsversammlung nur und erst einberufen werden, wenn Gesamt- oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands unterlassen. Das Gesetz lässt offen, wann dieser Zeitpunkt eintritt. Gesamt- oder Konzernbetriebsrat können frühestens aktiv werden, wenn der Betrieb gegründet wird oder in anderer Weise in den Unternehmens- oder Konzernverbund gelangt. Ferner ist erforderlich, dass der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat Kenntnis von dem betriebsratslosen Betrieb erlangt. Selbst nachdem dies der Fall ist, schreibt § 17 Abs. 1 BetrVG nicht vor, dass der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand in dem betriebsratslosen Betrieb unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) zu bestellen habe. Es ist damit in das Ermessen des Gesamt- oder Konzernbetriebsrates gestellt, mit welcher Gewichtung er seine Aufgaben erfüllt. Dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat ist daher mindestens die Zeitspanne zu gewähren, die dem Betriebsrat für die Alleinzuständigkeit für die Bestellung des Wahlvorstands durch § 16 Abs. 1 BetrVG einerseits und § 16 Abs. 2 und 3 BetrVG andererseits gewährt wird. Ab Zugang der Information über die Betriebsratlosigkeit eines Betriebes haben Gesamt- oder Konzernbetriebsrat demzufolge mindestens vier Wochen Zeit, in alleiniger Kompetenz einen Wahlvorstand zu bestellen. Erst im Anschluss daran kann eine Betriebsversammlung durchgeführt werden.

[1] Siehe oben Rz. 2.

3.2 Einberufung und Durchführung der Betriebsversammlung

 

Rz. 4

Nach § 17 Abs. 3 BetrVG können (mindestens) 3 wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu einer Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands einladen. Nach der Klarstellung in § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG, dass im Betrieb eingesetzte Zeitarbeitnehmer bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten mitzählen, erhebt sich die Frage, ob die Zahl "3" auch ein solcher Schwellenwert ist – m.a.W., ob im Extremfall auch 3 Zeitarbeitnehmer alleine zu einer Wahlversammlung einleiten und sich dann selbst als Wahlvorstand einsetzen können. Auf den ersten Blick scheint das der Fall zu sein. § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG will aber lediglich anordnen, dass die Zeitarbeitnehmer bei Schwellenwerten mitzählen. Aktive Rechte sollen ihnen wohl nicht zukommen. Daher wird § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG einschränkend dahin auszulegen sein, dass Zeitarbeitnehmer überall dort nicht automatisch einbezogen werden, wo die festgelegte Zahl das reine Zählen hinaus weitergehende Rechte mit sich bringt; das Gesetz bringt das zum Ausdruck, indem es anordnet, die Leiharbeitnehmer seien (nur) zu berücksichtigen. Das ist hier der Fall.

Vorschriften für die Einladung bestehen grundsätzlich nicht. Damit kann jede Form gewählt werden. Allerdings ist nach allgemeiner Ansicht so rechtzeitig einzuladen, dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer rechtzeitig über den Termin der Betriebsversammlung und ihren Gegenstand informiert werden und an der Betriebsversammlung teilnehmen können (BAG, Beschluss v. 19.11.2003 7 ABR 24/03, LAG Hamm, Beschluss v. 13.4.2012, 10 TaBV 109/11, LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 29.6.2011, 5 TaBVGa 1/11). Eine Betriebsversammlung, die unter Missachtung dieser Vorgabe durchgeführt wird, kann nicht wirksam einen Wahlvorstand wählen, dessen Wahl ist vielmehr nichtig (LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 29.6.2011, 5 TaBVGa 1/11). Allerdings lässt die Rechtsprechung "nur" fehlerhafte Prognosen über die Rechtzeitigkeit nicht für die Nichtigkeit genügen (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 25.3.2020, 7 TaBVGa 2/20). Ein Aushang genügt in der Regel für die Bekanntmachung, es sei denn, nicht alle Arbeitnehmer sind in der fraglichen Zeit im Betrieb und haben Gelegenheit, den Aushang rechtzeitig zur Kenntnis zu nehmen. Zumindest in den Zeiten eingeschränkten Betriebs insbesondere während der Corona-Pandemie ließen einzelne Arbeitsgerichte auch die Bekanntmachung in sozialen Medien unter ergänzender Mund-zu-Mund-Propaganda genügen (ArbG Weiden, Beschluss v. 18.12.2020, 3 BVGa 2/20).

Bei Einladung durch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einladungsschreiben der Gewerkschaft an die Arbeitnehmer zu übersenden. Die Gewerkschaft hat aber keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber, die vollständige Anschriftenliste der Beschäftigten zu bekommen. Dies wäre ein Verstoß gegen §...

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