Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) war das Gesetz zur Tarifeinheit vom 3.7.2015 (Tarifeinheitsgesetz, BGBl I S. 1130). Nachdem das BAG im Jahr 2010 seine Rechtsprechung zur Tarifeinheit aufgab, griff der Gesetzgeber die Diskussion auf und schuf eine gesetzliche Regelung mit dem Ziel, "den Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen zu lenken".[1]

Die Vorschriften des Tarifeinheitsgesetzes regeln Konflikte im Zusammenhang mit der Geltung mehrerer Tarifverträge in einem Betrieb. Das Tarifeinheitsgesetz richtet sich nicht gegen die Tarifpluralität als solche, sondern regelt die Auflösung von Tarifkollisionen. Eine Tarifkollision liegt vor, wenn in einem Betrieb nicht inhaltsgleiche Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften für dieselben Beschäftigtengruppen gelten. Dies ist z. B. in kommunalen Krankenhäusern und Universitätskliniken gegeben, weil sowohl der zwischen den Arbeitgeberverbänden und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossene TVöD bzw. TV-L als auch die mit der Gewerkschaft Marburger Bund abgeschlossenen Ärzte-Tarifverträge Tarifregelungen für Ärztinnen und Ärzte enthalten.

Überschneiden sich in einem Betrieb für dieselbe Beschäftigtengruppe divergierende Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften, wird die Tarifkollision im Betrieb nach einem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip aufgelöst. Nach dem Tarifeinheitsgesetz ist grundsätzlich nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat. Der Tarifvertrag der Minderheitsgewerkschaft wird verdrängt.

Das Tarifeinheitsgesetz zielt in erster Linie darauf, Vorwirkungen zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 18/4026, S. 9, 15). Die drohende Verdrängung eines Tarifvertrags durch den Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft soll für die Gewerkschaften strukturelle Anreize setzen, die Organisation und Durchsetzung gewerkschaftlicher Interessen so zu gestalten, dass Tarifkollisionen nach Möglichkeit vermieden werden.

[1] Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – 18. Legislaturperiode, S. 50.

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