2.1 Begriff

 

Rz. 2

Löschen bedeutet das Unkenntlichmachen gespeicherter Sozialdaten (Bieresborn, in: Udsching, SGB XI, 5. Aufl., § 107 Rz. 3; vgl. zur neuen Rechtslage Prange, in: jurisPK-SGB XI, § 107 Rz. 34.1). Erfasst werden hiervon alle Maßnahmen, die eine Rückgewinnung der ihrer Vernichtung zugeführten Informationen ausschließen, z. B. das Entfernen von Datenträgern aus der Verwaltungsakte und das anschließende Vernichten (vgl. Bay LSG, Urteil v. 31.3.2011, L 15 SB 80/06). Unerheblich ist hierbei das für die Unkenntlichmachung angewandte Verfahren. Entscheidend ist vielmehr das Ergebnis. Löschen ist daher nicht nur jede physische Vernichtung von Daten bzw. Datenträgern, sondern auch jede andere Form der Unkenntlichmachung, die eine Kenntnisnahme der betroffenen Daten für die Zukunft ausschließt (z. B. Schwärzen, Überstreichen per Tipp-Ex etc.). § 107 Abs. 1 Satz 3 lässt die Annahme zu, dass der Löschungspflicht auch durch Anonymisierung des verfügbaren Datenmaterials hinreichend Rechnung getragen wird.

2.2 Löschen von Daten

 

Rz. 3

Die Voraussetzungen der Löschungsverpflichtung von personenbezogenen Daten sind nunmehr in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO – VO (EU) 2016/679) geregelt. Zwar verweist § 107 Abs. 1 Satz 1 weiterhin unverändert auf § 84 SGB X. Allerdings ist § 84 SGB X zum 25.5.2018 an die geänderten europäischen Datenschutzvorschriften angepasst worden. Im Wesentlichen verweist § 84 SGB X selbst nur noch auf die entsprechenden Regelungen der DSGVO und nimmt bereichsspezifische Anpassungen vor (vgl. Paulus, in: jurisPK-SGB X, § 84 Rz. 8). Für die Prüfung müssen die Vorschriften der DSGVO, des § 84 SGB X sowie des § 107 daher zusammen gelesen werden, was das Verständnis erschweren dürfte.

Während die DSGVO in Art. 17 die eigentliche Löschung und in Art. 18 die Einschränkung der Verarbeitung regelt, normiert u. a. § 84 Abs. 1 SGB X den Ausschluss der Löschung zugunsten der Einschränkung der Verarbeitung im Falle eines unverhältnismäßigen Aufwandes bei nicht automatisierten Daten (z. B. Papierakten oder Mikrofiche) sowie einem geringen Interesse des Betroffenen an der Löschung. Er entspricht damit § 84 Abs. 3 Nr. 3 SGB X a. F. § 84 Abs. 2 SGB X bewirkt daneben einen Ausschluss der Einschränkung nach Art. 18 DSGVO bei bestrittenen Daten, soweit diese zur Erfüllung sozialer Aufgaben benötigt werden. Die Regelung fand sich zuvor in § 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X a. F. § 84 Abs. 5 SGB X schließt zudem das Widerspruchsrecht aus, wenn dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Gegenüber der alten Rechtslage ist zu beachten, dass die Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO die zuvor in § 84 Abs. 3 SGB X geregelte Sperrung ersetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 84 SGB X verwiesen.

In diesem Zusammenhang normiert § 107 Löschungsfristen, d. h. ein Löschungsgebot nach Ablauf der dort normierten Fristen. 

2.3 Löschungsfristen

 

Rz. 4

Abs. 1 Satz 1 legt aus Gründen der besonderen Sensibilität der Pflegedaten für deren zulässige Aufbewahrung Fristen fest. Hierbei beträgt die Löschungsfrist für Leistungsdaten nach § 102 längstens 10 Jahre (Nr. 1). Für Daten aus der Abrechnung pflegerischer Leistungen (§ 105), aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen (§ 79) sowie aus Prüfungen zur Qualitätssicherung (§§ 112, 113, 114, 114a, 115 und 117) oder aus dem Abschluss sowie der Durchführung von Verträgen (§§ 72 bis 74, 85, 86 oder 89) beträgt die Löschungsfrist längstens 2 Jahre (Nr. 2). Die Fristen für das Löschungsgebot dürfen nur insoweit ausgeschöpft werden, als die gespeicherten personenbezogenen Daten zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung auch benötigt werden (Höchstfristen). Dies wird durch den Verweis auf § 84 SGB X in Satz 1 klargestellt.

 

Rz. 5

Maßgebend für den Beginn der Löschungsfristen ist jeweils das Ende des Geschäftsjahres, in dem die Leistungen gewährt oder abgerechnet wurden (Abs. 1 Satz 2). Eine Löschung von Daten wegen Fristablaufs braucht somit nur einmal jährlich zu erfolgen.

2.4 Ausnahmetatbestände

 

Rz. 6

Von dem Löschungsgebot ausgenommen sind nach Abs. 1 Satz 3 anonymisierte Leistungsdaten. Keiner Löschungspflicht nach § 107 Abs. 1 unterliegen ferner personenbezogene Unterlagen, für die nach den Vorschriften des Bundesarchivgesetzes oder entsprechenden gesetzlichen Vorschriften der Länder eine Abgabepflicht an Archive besteht (vgl. § 84 Abs. 6 i. V. m. § 71 Abs. 1 S. 3 SGB X). Gegebenenfalls sind personenbezogene Daten bis zur abschließenden Entscheidung über ihre "Archivwürdigkeit" zu Sperren.

2.5 Wechsel der Pflegekasse

 

Rz. 7

Abs. 2 schreibt im Interesse einer nahtlosen Fortsetzung der Versichertenbetreuung fest, dass bei Zuständigkeitswechsel der Pflegekasse der neuen Pflegekasse auf Verlangen die Angaben nach § 99 und § 102 mitzuteilen sind. Damit sind zunächst ggf. auch die Löschungsfristen suspendiert (Prange, in: jurisPK-SGB XI, § 107 Rz. 27). Die Vorschrift soll dem Verlust relevanter Daten bei einem Wechsel der Pflegeversicherung entgegenwirken, um damit Verzögerungen oder Unterbrechungen im Leistungsbezug zu verhindern. Zugleich wird dadurch eine erneute Datenerheb...

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