0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch Art. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung v. 17.7.2023 (BGBl. I Nr. 191) mit Wirkung zum 1.4.2024 in Kraft getreten. Eine Vorgängervorschrift existierte nicht. Berufsorientierungspraktika waren bislang nicht gesetzlich normiert.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt die Einführung eines Berufsorientierungspraktikums. Abs. 1 bestimmt allgemein die Voraussetzungen der am Übergang von der Schule in die Ausbildung ansetzenden Förderung. In Abs. 2 ist der für die Durchführung eines Berufsorientierungspraktikums geltende inhaltliche und zeitliche Rahmen beschrieben. Schließlich ist in Abs. 3 der Umfang der finanziellen Förderung beschrieben. Förderadressat ist der junge Mensch, nicht aber der Arbeitgeber.

 

Rz. 3

Erfahrungen durch Betriebspraktika sind neben Beratung und Unterrichtung durch die Agentur für Arbeit, die Schulen und Kammern zentral für die Berufsorientierung junger Menschen. Bei einem Praktikum werden viele Erfahrungen gesammelt, die im Rahmen der Berufsorientierung eine große Hilfe sein können. Junge Menschen gewinnen auf diese Weise einen direkten Einblick in die täglichen Abläufe von Betrieben und können theoretische Kenntnisse in der Praxis festigen. Die in § 48a geregelten Berufsorientierungspraktika sind inhaltlich offen gestaltet. Wichtig ist, dass nach der Gesetzesbegründung Schülerpraktika nicht durch das Berufsorientierungspraktikum ersetzt werden.

2 Rechtspraxis

2.1 Förderung eines Berufsorientierungspraktikums (Abs. 1)

 

Rz. 4

Nach Abs. 1 Satz 1 kann die Agentur für Arbeit für junge Menschen, die ihre Berufswahl noch nicht abschließend getroffen haben, durch ein Berufsorientierungspraktikum fördern, um sie beim Übergang in eine Berufsausbildung zu unterstützen. Junge Menschen i. S. v. Abs. 1 Satz 1 sind nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII Personen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (SG Hannover, Urteil v. 23.3.2017, S 8 AL 351/16; Krickrehm, in: jurisPK-SGB III, § 52 Rz. 7; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 52 Rz. 5). Die Fördermöglichkeit nach § 52 besteht auch für Menschen mit Behinderungen und im Rechtskreis des SGB II nach § 16 SGB II.

 

Rz. 5

Eine Förderung nach § 48a kommt für junge Menschen in Betracht, die ihre Berufswahlentscheidung noch nicht abschließend getroffen haben. Gemeint sind damit junge Menschen, die noch keinen Ausbildungsplatz oder Studienplatz gefunden haben. Die reine Bewerbung um einen Ausbildungs- bzw. Studienplatz ist kein Ausschlusskriterium für eine Förderung nach § 48a, da in diesem Zeitpunkt noch eine andere Berufswahlentscheidung getroffen werden kann. Das Vorliegen einer Bewerbung auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz kann aber bei der Ermessensentscheidung der Agentur für Arbeit berücksichtigt werden.

 

Rz. 6

Voraussetzung für eine Förderung ist nach Abs. 1 Satz 2, dass die jungen Menschen die Voraussetzungen nach den Nr. 1 bis 3 erfüllen. Die Voraussetzungen sind nur gegeben, wenn die Ziffern 1 bis 3 kumulativ vorliegen.

 

Rz. 7

Nach Nr. 1 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen die Vollzeitschulpflicht nach den Gesetzen der Länder erfüllt haben. Die in einigen Ländern auch als "allgemeine Schulpflicht" bezeichnete Vollzeitschulpflicht ist von der sich daran anschließenden Teilzeitschulpflicht zu unterscheiden.

Baden-Württemberg: Abschluss Grundschule (i. d. R. 4 Jahre) und 5 Jahre weiterführende Schule (§§ 73 bis 76 BW SchG; zusätzlich Berufsschulpflicht für 3 Jahre oder bis zum 18. Lebensjahr bzw. Besuch einer weiterführenden Schule, §§ 77 f. BW SchG)

Bayern: 9 Jahre (zusätzlich 3 Jahre Berufsschulpflicht oder ein Berufsvorbereitungsjahr, Art. 7 bis 9 BayEUG)

Berlin: 10 Jahre (§ 42 BerlinerSchulG)

Brandenburg: 10 Jahre (§ 39 BbgSchulG) Berufsschulpflicht bis zum Ende des Schuljahres, in dem der Schüler das 18. Lebensjahr vollendet hat

Bremen: 10 Jahre (§§ 52 ff. BremSchulG)

Hamburg: 9 Jahre (Berufsschulpflicht für 2 Jahre oder bis zum Ende des Schuljahres, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird, § 39 HmbSG)

Hessen: 9 Jahre (§ 59 Hess.Schulgesetz)

Mecklenburg-Vorpommern: 9 Jahre (§§ 41 ff. MV SchG)

Niedersachsen: 9 Jahre (oder weniger nach § 65 Abs. 2 NSchG)

Nordrhein-Westfalen: 10 Jahre (Berufsschulpflicht bei Beginn einer Ausbildung im dualen System vor dem 18. Lebensjahr bis zum Ende der Ausbildung – auch über das 18. Lebensjahr hinaus) (§§ 37, 38 SchulG NRW)

Rheinland-Pfalz: 9 Jahre (§§ 59ff. RP SchulG)

Saarland: 9 Jahre (§ 4 Schulpflichtgesetz)

Sachsen: 9 Jahre (Berufsschulpflicht bis zum 18. Lebensjahr, § 28 SchuG Sachsen)

Sachsen-Anhalt: 9 Jahre (bei einer Absolvierung von nur 9 Jahren ist ein Berufsvorbereitendes Jahr Pflicht, §§ 36 ff. SchuG SA)

Schleswig-Holstein: 9 Jahre (§ 21 SH SchuG)

Thüringen: 10 Jahre (§ 19 Thür. SchG).

 

Rz. 8

Nach Nr. 2 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen keine Schule besuchen. Unter dem Begriff "Schule" sind sowohl die allgemeinbildenden als auch die berufsbildenden Schulen zu verstehen. Nach Nr. 3 ist Voraussetzung, dass die jungen Menschen bei der Agentur für Arbeit ausbildungsuchend gemeldet sind. Nach § 15 Satz 1 ist ausb...

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