Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 30.11.1993; Aktenzeichen 1 Ca 4873/93)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 30. November 1993 – 1 Ca 4873/93 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 30. Juni 1993 geendet hat.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Leiterin des Kindergartens P. vorläufig weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses.

Die am 23. Mai 1949 geborene Klägerin ist Kindergärtnerin. Sie war seit 1967 im Kindergarten der Gemeinde P. tätig, und zwar zuletzt als Leiterin des Kindergartens.

Bis 30. Juni 1991 war der Landkreis L. Träger des Kindergartens. Gemäß § 8 Abs. 2 des am 1. Juli 1991 im Freistaat Sachsen in Kraft getretenen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen – SäKitaG – vom 3. Juli (GVBl. S. 237) übernahm die beklagte Gemeinde am 1. Juli 1991 die Trägerschaft des Kindergartens.

Vor Inkrafttreten des SäKitaG kam es im Hinblick auf die bekannt gewordene geplante gesetzliche Neuregelung zu Gesprächen zwischen den kreisangehörigen Gemeinden und Vertretern des Landkreises L. Die Bürgermeister machten dabei deutlich, daß aufgrund der schlechten finanziellen Lage der Gemeinden einzelne Einrichtungen geschlossen werden bzw. die Betreuungszeiten reduziert werden müßten. Der Landrat des Landkreises L. hat sich daraufhin mit dem Arbeitsamt L. in Verbindung gesetzt. Von dort wurden finanzielle Hilfen im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Aussicht gestellt.

Nach diesen Gesprächen zwischen der Beklagten und dem Landratsamt L. trat die Beklagte an die Klägerin heran und erklärte, die Klägerin könne wegen der bestehenden finanziellen Notlage der Beklagten über den 30. Juni 1991 hinaus nicht von der Beklagten weiterbeschäftigt werden. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, vom Arbeitsamt eine Förderung im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu erhalten. Zu diesem Zweck müsse das bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst werden. Im unmittelbaren Anschluß könne es dann mit der Beklagten fortgesetzt werden. Wegen der nur befristeten Mittelbewilligung durch das Arbeitsamt müsse das Arbeitsverhältnis zunächst befristet werden.

Nach diesem Gespräch schloß die Klägerin am 24. Juni 1991 mit dem damaligen Träger des Kindergartens, dem Landkreis L. einen Auflösungsvertrag. Darin wurde vereinbart, daß die Klägerin mit Ablauf des 30. Juni 1991 im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 6 d. A. verwiesen). Gleichzeitig wurde zwischen der beklagten Gemeinde und der Klägerin vereinbart, daß die Klägerin ab 1. Juli 1991 als Leiterin des Kindergartens nach der SR 2 y BAT für die Zeit bis zum 30. Juni 1993 eingestellt wird (wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 7/8 d. A. verwiesen).

Nach Unterzeichnung des befristeten Arbeitsvertrages zwischen den Parteien beantragte die Beklagte beim Arbeitsamt L. die Zuweisung der Klägerin im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Mit Bescheid vom 26. Juni 1991, bei der Beklagten am 1. Juli 1991 eingegangen, erklärte das Arbeitsamt L., daß die beantragte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme „Zusätzliche Betreuung von Kindern von zwei Jahren bis zum Schuleintritt” ab 1. Juli 1991 beginnen könne. Mit Bescheid vom 10. Juli 1991 wies das Arbeitsamt L. der Beklagten als allgemeine Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung zwei Arbeitnehmer, darunter die Klägerin, mit einem Fördersatz von 100 % zu.

Der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme lag ein Erlaß des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit vom 3. Juli 1991 zugrunde, in dem u. a. ausgeführt ist:

„Die gemäß Art. 31 Abs. 3 des Einigungsvertrages vorgeschriebene Beteiligung des Bundes an den Kosten der Einrichtungen zur Tagesbetreuung von Kindern ist bis 30.06.1991 befristet.

Zur Förderungsfähigkeit von ABM bei derartigen Einrichtungen gebe ich folgende Hinweise:

Solange keine landesgesetzlichen Regelungen zum Betrieb und zur Finanzierung der Einrichtungen für die Tagesbetreuung von Kindern bestehen, kommt eine Förderung im Rahmen von ABM in Betracht, wenn

– ein Trägerwechsel von der Kreisebene auf die kommunale Ebene oder einen freien Träger stattfindet,

…”.

Die Klägerin arbeitete – wie auch bereits zuvor – vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1993 als Leiterin des Kindergartens der Beklagten. In dieser Zeit, von Juli 1991 bis Juni 1993, waren neben der Klägerin in dem Kindergarten eine weitere vollzeitbeschäftigte Kindergärtnerin sowie zwei Kindergärtnerinnen beschäftigt, die sechs Stunden täglich arbeiteten. Von diesen teilzeitbeschäftigten Kindergärtnerinnen wurde eine im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt. Die Kinderbetreuung erfolgte im gleichen Umfang wie vor dem 1. Juli 1991.

Am 25. Mai 1993 teilte der Bürgermeister der Beklagten der Klägerin mit, daß nach Ablauf der Arbeit...

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