Nach § 3 Abs. 2 MuSchG dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären.

 
Praxis-Tipp

Aus Beweisgründen ist Schriftform für die Einverständniserklärung zu empfehlen. Bei einer minderjährigen Arbeitnehmerin ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Die Erklärung ist zu den Personalakten zu nehmen.

Ob aufgrund der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Hinweispflicht auf den Anspruch auf Bezug des Mutterschaftsgelds während des Beschäftigungsverbots besteht, ist streitig. Unabhängig von dem Bestehen einer Rechtspflicht ist jedoch aus Gründen der Fürsorge für die schwangere Mitarbeiterin dringend zu empfehlen, sie darauf hinzuweisen, dass ihr Anspruch auf Zahlung des Mutterschaftsgeldes gem. § 200 Abs. 4 RVO in dem Umfang ruht, wie sie aufgrund ihrer freiwilligen Weiterarbeit Arbeitsentgelt erhält. Die Bereitschaft zur Weiterarbeit kann ohne Angabe von Gründen jederzeit von der Arbeitnehmerin widerrufen werden.

Die Berechnung der Frist hat nach den Angaben in dem Zeugnis des Arztes oder der Hebamme zu erfolgen. Bei einem Irrtum des Arztes oder der Hebamme über den Zeitpunkt der Entbindung verkürzt oder verlängert sich die Frist entsprechend (§ 5 Abs. 2 MuSchG). Hat die Arbeitnehmerin kein Zeugnis vorgelegt, so ist sie dazu auf Aufforderung des Arbeitgebers verpflichtet, damit der Arbeitgeber die Frist berechnen kann. Die Frist beginnt mit dem letzten Wochentag, der mindestens 6 Wochen vor dem Termin der voraussichtlichen Entbindung liegt (vgl. §§ 187 ff. BGB). Die Kosten des Zeugnisses hat nach § 5 Abs. 3 MuSchG der Arbeitgeber zu tragen, sofern nicht die Krankenkasse die Kosten trägt.

Nach § 6 Abs. 1 MuSchG dürfen Frauen bis zum Ablauf von 8 Wochen nach der Entbindung ebenfalls nicht beschäftigt werden. Für Mütter nach Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich diese Frist auf 12 Wochen. Eine Frühgeburt ist nach der Rechtsprechung des BAG eine Entbindung, bei der das Kind, bei Mehrlingsgeburten das schwerste der Kinder, ein Geburtsgewicht unter 2.500 g hat, oder bei der das Kind trotz höheren Geburtsgewichtes wegen noch nicht voll ausgebildeter Reifezeichen oder wegen verfrühter Beendigung der Schwangerschaft einer wesentlich erweiterten Pflege bedarf.[1]

Unabhängig vom Vorliegen einer Mehrlingsgeburt oder einer Frühgeburt im medizinischen Sinne verlängert sich die 8-Wochen- bzw. 12-Wochen-Frist bei jeder vorzeitigen Entbindung zusätzlich um den Zeitraum der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG, der vor der Geburt nicht in Anspruch genommen werden konnte. Auf diese Weise wird in jedem Fall eine Dauer des Beschäftigungsverbotes von 14 Wochen sichergestellt.

 
Praxis-Beispiel
 
Mutmaßlicher Entbindungstag → 10.07.
Schutzfrist (§ 3 Abs. 2) → 29.05.–09.07. (= 42 Tage)
letzter Arbeitstag → 28.05.
tatsächlicher Entbindungstag → 30.06.
fiktiver Zeitraum der Schutzfrist (§ 3 Abs. 2) → 19.05.–29.06.
in Anspruch genommene Schutzfrist → 29.05.–29.06. (= 32 Tage)
dadurch nicht in Anspruch genommen → 19.05.–28.05. (= 10 Tage)

Die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG verlängert sich also um 10 Tage.

Diese Verlängerung der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG über die Frist von 8 bzw. 12 Wochen hinaus greift auch in dem Fall, dass die Arbeitnehmerin bis zum Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG nicht gearbeitet hat, z. B. weil sie arbeitsunfähig krank war.

Die Schutzfrist nach der Niederkunft beginnt mit dem Tag nach der Entbindung und endet 8 bzw. 12 Wochen später mit dem Tag, der in der Woche dem Tag der Entbindung entspricht. Bereits am nächsten Tag kann und muss die Arbeit wieder aufgenommen werden, soweit die Arbeitnehmerin nicht Elternzeit in Anspruch nimmt.

Während der Schutzfristen nach der Entbindung darf die Frau auch nicht mit ihrer Zustimmung beschäftigt werden. Ohne Bedeutung ist, ob die Frau ihr Kind stillt. Beim Tod des Kindes allerdings kann die Frau auf ihr ausdrückliches Verlangen schon vor Ablauf der Schutzfrist früherstens ab Beginn der dritten Woche (nicht Kalenderwoche) nach der Entbindung wieder beschäftigt werden, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht, § 6 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Sie kann ihre Erklärung jederzeit widerrufen.

Bei Fehlgeburten gilt das Beschäftigungsverbot nicht. Fehlgeburt ist die Ausstoßung der Leibesfrucht, bei der sich kein Lebensmerkmal gezeigt hat. Ist die Leibesfrucht jedoch mindestens 1.000 g schwer, so gilt sie als Totgeburt, die einer Lebendgeburt gleichgestellt ist. Haben Beschwerden infolge von Fehlgeburten Arbeitsunfähigkeit zur Folge, so greifen die Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Ist die Arbeitnehmerin nach Ablauf der Schutzfrist nicht voll arbeitsunfähig, sondern nach ärztlichem Zeugnis lediglich nicht voll leistungsfähig, so darf sie "in den ersten Monaten" nach der Entbindung nicht zu einer ihre Leistungsfähigkeit übersteigenden Arbeit herangezogen werden (§ 6 Abs. 2 MuSchG). Die verminderte Leistungsfähigke...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge