3.1 Der Knackpunkt ist die Begriffsbestimmung

Die Begriffsbestimmung und vor allem die Frage, wo die Grenze von sozialadäquatem zu sozialschädlichem und verwerflichem Handeln liegt, ist bei Mobbing das größte Problem für den Personalverantwortlichen. Wäre er gehalten, bei jeder Streiterei, bei jeder Ungerechtigkeit oder bei jeder flapsigen Bemerkung "auf Antrag" oder sogar "von Amts wegen" gegen Mitarbeiter vorzugehen, wäre dies nicht nur unzumutbar, sondern würde die Fälle des wirklichen Mobbings entwerten.

 
Praxis-Beispiel

Ein Mitarbeiter beschwert sich beim Personalleiter darüber, dass ihn sein Vorgesetzter, nur weil er eine Stunde verspätet zum Dienst erschien, "nicht gegrüßt habe". Das "Schneiden von Mitarbeitern" sei eine übliche Methode des Mobbings, gegen das der Personalverantwortliche einzuschreiten habe.

Was den Hinweis auf die Methode betrifft, so hat der Mitarbeiter durchaus Recht. Die soziale Ausgrenzung ist in der Tat eine der häufigsten Mobbing-Methoden. Mobbing-Opfer werden geschnitten und berichten, dass sie von Kollegen oder Vorgesetzten "wie Luft" behandelt werden.

Das Beispiel zeigt aber auch, dass der Mitarbeiter mit dieser Schilderung, auch wenn der Wahrheitsgehalt unterstellt wird, keinen Mobbing-Vorwurf begründen kann. Mobbing liegt auch nach der soziologischen Begründung erst dann vor, wenn die Handlung des Mobbers zielgerichtet erfolgt.

Mobbing ist somit keine "Einzeltat", sondern ein Prozess, der die systematische Ausgrenzung und Erniedrigung eines anderen Menschen zum Ziel hat.

 
Praxis-Beispiel

Ein Mitarbeiter wird in eine neue Arbeitsgruppe eingeteilt. In einer Vorbesprechung hatten sich die Kollegen dagegen ausgesprochen. Sie beschließen, ihm das Leben schwer zu machen, erwidern seinen Gruß nicht, beziehen ihn nicht in die Teamgespräche ein und brechen private Unterhaltungen sofort ab, wenn der neue Kollege hinzukommt.

Während man also im ersten Beispiel ohne weitere Hinweise nicht von Mobbing sprechen kann, ist der Vorwurf im zweiten Fall eindeutig. Das Problem in der Praxis liegt aber in den unzähligen Grenzfällen, die zwischen diesen beiden Extremen liegen. Hier beginnt der Bereich der juristisch relevanten Mobbing-Definition, auf die noch zu sprechen zu kommen ist.

3.2 Erkennungszeichen – wie kann reagiert werden?

Wie kann tatsächliches Mobbing, wie können Ansätze von Mobbing im Vorfeld entdeckt werden? In soziologischer Hinsicht hat sich hier die 4-Phasen-Theorie durchgesetzt. Aus dieser zunächst rein wissenschaftlichen Betrachtung sind aber durchaus praktische Erkenntnisse und Handlungsanleitungen für den Personalverantwortlichen zu ziehen.

3.3 Die 4-Phasen-Theorie

Ausgehend von der soziologischen Forschung werden die Abläufe des Mobbings in Betrieben in 4 Phasen aufgeteilt. In der nachfolgenden Aufstellung werden dazu Handlungsanweisungen zur Mobbing-Prophylaxe und zur Reaktion auf bestehendes Mobbing hinzugestellt.

 
Mobbingphasen Aktivitäten des Personalverantwortlichen
1.

Konfliktphase

In vielen Fällen schwelt ein Konflikt, der ein Klima dafür schafft, dass Vorgesetzte oder Kollegen sich eine Person als "Sündenbock" aussuchen.

Konflikte erkennen

Gespräche führen

Diskussion versachlichen und Personifizierung nicht zulassen.
2.

Personifizierung

Hier nehmen die Mobber- und Gemobbten-Positionen konkrete Gestalt an. Der Gemobbte wird zum Außenseiter. Er wartet förmlich auf neue Angriffe.

Erkennen der Mobber- und Gemobbten-Struktur

Konfliktgespräche mit beiden Parteien

Lösungsmöglichkeiten über einvernehmliche Versetzungen.
3.

Eskalationsphase

Das Mobbing zeigt Wirkung. Das Opfer ist so verunsichert, dass ihm Fehler unterlaufen. Dies bestätigt die Mobber. Es kommt zu ersten offiziellen Beschwerden.

Arbeitsrechtliche Maßnahmen

Anhörung/Ermahnung/Information des Betriebsrats.
4.

Ausschlussphase

Der Gemobbte gibt entweder genervt selbst auf und kündigt oder die aus dem Mobbing resultierende Fehlerquote ist so hoch geworden, dass über entsprechende Abmahnungen eine leistungsbedingte Kündigung erfolgt ist. Dazwischen liegen häufig Zeiten von Arbeitsunfähigkeit. In Extremfällen führt das Mobbing auch zur Anerkennung einer Erwerbsunfähigkeitsrente.

Kommt es so weit, finden Auseinandersetzungen allenfalls noch auf der gerichtlichen Ebene statt. Hier besteht für den Personalverantwortlichen ein hohes Risiko, denn Kündigungen im Zusammenhang mit Mobbing-Fällen werden von den Gerichten ernsthaft auf ihre Wirksamkeit untersucht (vgl. die Ausführungen zu Mobbing und Arbeitsrecht).

3.4 Die Mobbing-Methoden

Was sind die häufigsten Methoden, die im Mobbing-Bereich anzutreffen sind?

Der Versager-Vorwurf

An der Arbeit eines Mitarbeiters wird ständig herumkritisiert. Vorschläge und Einwände von ihm werden abgeschnitten und von vornherein als untauglich bezeichnet. Der Gemobbte wird permanent mit Vorwürfen wie "Das wird doch wieder nichts" oder "Mal schauen, was Sie jetzt schon wieder verbockt haben" konfrontiert.

Beziehungs-Mobbing

Der Gemobbte wird geschnitten. Sein Gruß wird nicht erwidert, er wird wie Luft behandelt.

Rufmord-Mobbing

Der Gemobbte wird in seiner sozialen Stellung herabgewürdigt. Das Mobbing erfolgt indirekt durch Klatsch und falsche Gerüchte.

L...

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