Entscheidungsstichwort (Thema)

Drittschuldnerklage. keine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Zusammenrechnungsbegehren

 

Orientierungssatz

1. Für den Antrag auf Zusammenrechnung mehrerer Einkommensquellen des Streitverkündeten ist nicht das Arbeitsgericht, sondern die Zivilgerichtsbarkeit, und dort konkret das Vollstreckungsgericht zuständig.

2. Bei dem Streit darum, wie der Beklagte als Drittschuldner den pfändbaren Teil der Forderung zu berechnen hat und ob er mehrere Einkünfte zusammenrechnen darf oder muß, handelt es sich nicht um eine arbeitsrechtliche Angelegenheit iSd §§ 2, 2a, 3 ArbGG. Dieser Streit beruht auf keinem arbeitsrechtlichen Ursprung. Bei dem Zusammenrechnungsbegehren nach § 850e ZPO handelt es sich um einen eigenständigen gesetzlichen Anspruch des Gläubigers auf eine bestimmte Berechnungsweise des pfändbaren Teils der abgetretenen Einkünfte. Für die Geltendmachung und Durchsetzung solcher gesetzlichen Ansprüche - unabhängig von ihrer rechtlichen Einklagbarkeit - sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig.

3. Für einen Antrag auf Zusammenrechnung von mehreren Einkünften iSd § 850e Ziff 2 ZPO ist nur das Vollstreckungsgericht, nicht jedoch das Prozeßgericht zuständig. Das gilt auch im Zusammenhang mit der Offenlegung einer Lohnabtretung. § 850e ist nicht analog anzuwenden.

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.2002; Aktenzeichen 10 AZR 42/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts E. - Az.: 3 Ca 385 e/00 - vom 20.07.2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen einer Drittschuldnerklage darum, ob der Beklagte bei der Ermittlung pfändbarer Beträge Erwerbseinkommen und Rente des Schuldners zusammenrechnen muss.

Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin der Bank der Ö. Sparkasse AG, gewährte dem Streitverkündeten, dem Schuldner K., im Oktober 1992 ein Darlehen. Im Darlehensvertrag wurde eine Lohn- und Gehaltsabtretung vereinbart. Danach trat der Streitverkündete u. a. den pfändbaren Teil seines "Arbeitsentgeltes i. S. von § 850 ZPO (insbesondere Renten-, Pensions- und Provisionsforderungen, Tantiemen, Gewinnbeteiligungen sowie Abfindungen) gegen den jeweiligen Arbeitgeber/Leistungsverpflichteten; laufende geldwerte Sozialleistungen i. S. des Sozialgesetzbuches sowie Rentenansprüche gegen den jeweiligen Versicherungs- bzw. Leistungsträger an die Klägerin ab.

Der Streitverkündete ist als Auslieferungsfahrer im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei dem Beklagten, der eine Apotheke betreibt, tätig. Er erhält monatlich 600,-- DM. Gleichzeitig bezieht er eine Rente von der BfA in Höhe von 2.351,51 DM monatlich. Der Streitverkündete hat Unterhaltspflichten. In seinem Haushalt leben seine Ehefrau, ein minderjähriges gemeinsames Kind sowie ein minderjähriges Stiefkind.

Die Klägerin legte die Abtretung sowohl dem Beklagten mit Schreiben vom 24.11.1999, als auch der BfA mit Schreiben vom 21.10.1999 vor. Beide Drittschuldner teilten unabhängig voneinander mit, dass sich kein pfändbarer Betrag ergebe.

Daraufhin erhob die Klägerin am 25.02.2000 die vorliegende Klage. Am 28.02.2000 wurde durch Beschluss des Amtsgerichtes Itzehoe (Az.: 28 IK 19/99 K) über das Vermögen des Streitverkündeten ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt D., Hamburg, zum Treuhänder ernannt. Die Klägerin hat ihre Forderung zur Tabelle angemeldet. Die Forderung wurde anerkannt.

Am 15.03.2000 vereinbarten Beklagter und Streitverkündeter ein Abtretungsverbot.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei zur Zusammenrechnung von Rente und Einkommen des Streitverkündeten gem. § 850 e ZPO und unter Berücksichtigung des Insolvenzverfahrens zur Abführung des pfändbaren Teils an den Treuhänder verpflichtet.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ab Vergütungsmonat August 2000 bei der Ermittlung pfändbarer Beträge des Einkommens des Herrn Rolf K., H., 25563 W., der diesem zustehenden monatlichen Nettovergütung aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beklagten die Rente, die Herr K. in Höhe von monatlich DM 2.351,51 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bezieht, hinzuzurechnen, aus dem sich danach ergebenden Gesamtbetrag den pfändbaren Anteil unter Berücksichtigung von Unterhaltspflichten des Herrn K. gegenüber seiner Ehefrau und einem Kind zu ermitteln und den sich daraus ergebenden pfändbaren Betrag an den Treuhänder, Rechtsanwalt Y. D., in dem Verbraucherinsolvenzverfahren, Az.: 28 IK 19/99 K des Amtsgerichtes Itzehoe abzuführen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er war der Auffassung, dass eine Zusammenrechnung der Einkommensteile nur durch das Vollstreckungsgericht erfolgen könne.

Das Arbeitsgericht E. hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2000 abgewiesen. Die Klagabweisung wurde im wesentlichen damit begründet, eine Zusammenrechnung der Einkommen könne nicht vor dem Prozessgericht, sondern nur im Zwangsvollstreckungsverfahren beantragt werden. Hinsichtlich der ...

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