Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung, fristlose. Außerordentliche Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Legt ein Musikpädagoge im Lauf des Unterrichts einer Schülerin die Hände an den Hals, um damit ein Würgen anzudeuten, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten in einem so erheblichen Maß, dass dieses Verhalten eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen vermag.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 15.05.2008; Aktenzeichen 2 Ca 1837/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 15.05.2008 – 2 Ca 1837/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist die von dem Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Der Kläger ist am 01.01.1960 geboren. Seit 01.09.1991 war er bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten, dem Landkreis A-Stadt und nach Übernahme des Betriebes durch den Beklagten ab 01.09.1996 bei diesem als Musikschullehrer beschäftigt. Sein Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.275,76 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Bestimmungen des BAT VKA bzw. des TV ÖD Anwendung.

Der Beklagte hatte am 06.06.2006 das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt. Im Rahmen dieser Kündigung warf der Beklagte dem Kläger vor, in einem privaten Brief vom 27.11.2005 an die Arbeitnehmer der Musikschule Tatsachen über einen Rechtsstreit unzutreffend wieder gegeben zu haben, den Arbeitgeber und den Rechtsanwalt in massiver Form beleidigt zu haben. Auch habe er den Brief nebst Anlagen auf den Kopierer des Beklagten vervielfältigt und trotz ausdrücklichen Verbots die Frankiermaschine benutzt.

Im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Trier 2 Ca 944/06 einigten sich die Parteien am 07.11.2006 vergleichsweise darauf, dass das klägerische Schreiben vom 27.11.2005 zu den Personalakten des Klägers genommen wird unter dem Gehalt einer Abmahnung sowie unter der übereinstimmenden Bewertung, dass hierin eine Verletzung der arbeitsrechtlichen Treuepflichten zu erkennen ist.

Mit Schreiben vom 08.12.2007 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut außerordentlich, die Kündigungserklärung ist unterzeichnet vom stellvertretenden Vorsitzenden und einem weiteren Vorstandsmitglied. Gegenstand des Kündigungsschreibens ist der gegenüber dem Kläger erhobene Vorwurf im Umgang mit der 14-jährigen Gitarrenschülerin S. S. bezüglich deren religiöser Überzeugungen und den Umgang mit der Gitarrenschülerin L.L., welcher der Kläger als „kratzbürstig” und als „lahme L.” bezeichnet habe.

Gegen diese Kündigung hat der Kläger mit am 13.12.2007 eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.

Er hat bestritten, dass ein satzungsmäßiger Beschluss des Vorstandes über die Kündigung getroffen worden sei.

Der Beklagte sei kein Tendenzbetrieb. Zu seinen Gunsten seien die Drittwirkung der Grundrechte aus Art. 4 und 5 GG sowie die Regelungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu berücksichtigen. Er könne und wolle Kindern in Glaubensdingen nicht hineinreden oder den Glauben entfremden, auch ein Jugendlicher könne allerdings nicht zum Glauben gezwungen werden. Er habe lediglich geäußert, dass sich Berufswünsche in dem Alter des Kindes noch ändern könnten. Auch habe er gesagt, ein Kreuz wie es sich im Unterrichtsraum befände finde er nicht schön, für ihn hätte es etwas Perverses, sich die brutale Gewalt vor Augen zu führen. Weiter habe er erzählt, dass er vor 20 Jahren, als er aus der Kirche ausgetreten sei, seinen Freunden ein Essen versprochen habe, wenn sie sich ebenso entschieden. Hiermit habe er jedoch keinen Erfolg gehabt. Die Zeugin S. habe er weder berührt, angefasst oder gar gewürgt. Das Gespräch über die Religion sei von der Schülerin begonnen worden, die ihn auf seine religiöse Haltung angesprochen habe. Im Gespräch mit der Mutter der Zeugin habe er erklärt, deren Vorstellung zu akzeptieren, er werde sich aber nicht in den Unterricht hineinreden lassen.

Die Schülerin L. L. sei demotiviert, übe nicht, grüße nicht, sehe ihn nicht einmal an. Ein sinnvoller und erfolgversprechender Unterricht mit ihr sei nicht möglich. Als L. zusammen mit S. Unterricht gehabt habe und die eine immer zu langsam und die andere zu schnell gespielt habe, habe er von der schnellen S. und lahmen L. gesprochen, was aber in der nächsten Stunde schon wieder vergessen sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten durch die schriftliche fristlose Kündigung, datiert auf den 08.12.2007, ihm zugegangen am selben Tag, nicht aufgelöst worden ist,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 08.12.2007 hinaus fortbesteht.
  3. den Beklagten zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Musiklehrer an der Musikschule A-Stadt bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellu...

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