Entscheidungsstichwort (Thema)

Festlegung von Raucherpausen nicht mitbestimmungspflichtig. Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Regelungen zum Arbeitsverhalten. Mitbestimmung bei Vorgaben zum Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Zulässige Festlegung von Raucherpausen auf Hafengelände. Keine gesetzliche Grundlage zum Verhältnis von Rauchen und Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anordnung einer Arbeitgeberin, dass Rauchen nur in den festgelegten Pausen gestattet ist, unterliegt regelmäßig nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da die Anordnung die Einhaltung der Arbeitszeit sicherstellen soll und somit nicht das Ordnungsverhalten, sondern das Arbeitsverhalten betrifft.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 24.06.2021; Aktenzeichen 5 BV 1/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Betriebsrats (Beteiligter zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 24.06.2021 - 5 BV 1/21 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer arbeitgeberseitigen Anweisung, nach der Rauchen nur in den Pausen gestattet ist.

Die Arbeitgeberin erbringt Logistikdienstleistungen in einem Seehafen. Umgeschlagen werden insbesondere große Mengen von Holz und Holzprodukten. Im direkten Umfeld des Seehafens befinden sich mehrere holzverarbeitende Unternehmen. Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden. Nach § 2 Nr. 2 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der Seehafen A-Stadt GmbH, gültig ab 18.11.2004, sind die regelmäßigen Arbeitszeiten wie folgt festgelegt:

"...

a) montags bis freitags:

Frühschicht: von 06.00-14.00 Uhr mit Pause von 10.00-10.30 Uhr

Tagesschicht: in der Zeit von 06.00 bis 16.00 Uhr mit einer max. täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden und einer Pause von 30 Minuten jeweils in der Mitte der Schicht.

Spätschicht: von 14.00-22.00 Uhr mit Pause von 18.00-18.30 Uhr

Nachtschicht: von 22.00-06.00 Uhr mit Pause von 02.00-02.30 Uhr

b) sonnabends:

Frühschicht: von 06.00-14.00 Uhr mit Pause von 10.00-10.30 Uhr

Spätschicht: von 14.00-20.00 Uhr mit Pause von 17.00-17.30 Uhr

Nachtschicht: von 20.00-02.00 Uhr mit Pause von 23.00-23.30 Uhr

c) sonn- und feiertags:

1. Schicht: von 06.00-12.00 Uhr mit Pause von 09.00-09.30 Uhr

2. Schicht: von 12.00-18.00 Uhr mit Pause von 15.00-15.30 Uhr

3. Schicht: von 18.00-24.00 Uhr mit Pause von 21.00-21.30 Uhr

4. Schicht: von 24.00-06.00 Uhr mit Pause von 03.00-03.30 Uhr

..."

Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem Betriebsrat am 01.09.2011 eine Betriebsordnung, in der es u. a. heißt:

"...

1.10.

Für das gesamte Betriebsgelände der Seehafen A-Stadt GmbH besteht generelles Rauchverbot. Das Rauchen ist ausdrücklich nur auf den dafür ausgewiesenen Plätzen (Raucherinseln) gestattet.

Bei Verstoß werden unverzüglich arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet.

..."

Auf dem Gelände des Seehafens sind fünf Raucherinseln eingerichtet. Im Jahr 2020 kam es bei mehreren holzverarbeitenden Unternehmen in der Nachbarschaft des Seehafens zu Bränden. Im November 2020 gab die Arbeitgeberin folgende Verhaltensmaßregeln für das Betriebsgelände des Seehafens heraus:

"...

1. Geltungsbereich

Die Verhaltensordnung umfasst allgemeingültige, für alle Mitarbeiter/innen, Kunden, Dienstleister, Besucher und sonstige Institutionen verbindliche Verhaltensregeln zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit des ungestörten Arbeitsablaufes auf dem Gelände der Seehafen A-Stadt GmbH.

2. Grundsätze

...

Folgende Regelungen sind auf dem Hafengelände zu beachten und einzuhalten:

...

• Rauchen, auch die Verwendung von E-Zigaretten, ist außerhalb der ausgeschilderten Bereiche ausdrücklich verboten, es gilt ein generelles Rauchverbot. Somit ist das Rauchen ausschließlich auf den gem. Anlage 1 aufgeführten "Raucherinseln" und ausschließlich in der tariflich vorgeschriebenen Pause gestattet.

..."

Die Arbeitgeberin forderte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf, die Kenntnisnahme dieser Anordnung durch ihre Unterschrift zu bestätigen, und drohte im Falle einer Unterschriftsverweigerung Konsequenzen an. Der Betriebsrat verlangte mit Schreiben vom 16.12.2020, die Anordnung wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrats zurückzuziehen und die Mitarbeiter entsprechend zu informieren.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Regelung zum Rauchen in der Verhaltensordnung aus November 2020 nicht hinreichend rechtssicher sei, weil ein Arbeitnehmer daraus nicht entnehmen könne, wann er sich in den Raucherinseln aufhalten dürfe und ob er zuvor ausstempeln müsse. Nach der bisherigen Betriebsordnung seien ungeplante, eingeschobene Arbeitsunterbrechungen, in denen geraucht werden konnte, grundsätzlich möglich gewesen, was nicht zu zusätzlichen Pausenzeiten geführt habe.

Der Betriebsrat (Beteiligter zu 1) hat erstinstanzlich - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, die Unterweisung zum Ver...

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