Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung BAT; Frauendiskriminierung; Vorzimmertätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 141 EGV (vormals Art. 119 EUGV) zwingt dazu, die Tätigkeitsmerkmale der auf eigentliche Verwaltungsaufgaben zugeschnittenen Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 a BAT nicht auf Vorzimmerdamen anzuwenden.

 

Normenkette

EGVtr Art. 141; BAT §§ 22-23

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Beschluss vom 08.03.2001; Aktenzeichen 8 BV 95/00)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.01.2003; Aktenzeichen 4 ABR 18/02)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 08.03.2001 – 8 BV 95/00 d – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur korrigierenden Rückgruppierung der Arbeitnehmerin K. die bislang nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a BAT vergütet wurde, in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 BAT Teil 1 zu ersetzen ist.

Die Antragstellerin ist eine Forschungseinrichtung der öffentlichen Hand in der Rechtsform einer GmbH: Gesellschafter sind zu 90 % die B und zu 10 % das Land N. Die Antragstellerin beschäftigt ca. 4.000 Mitarbeiter. Sie ist institutionell geförderter Zuwendungsempfänger.

Gemäß § 2 des Tarifvertrages für die Angestellten der K. vom 05.09.1973 (MTV-KFA) gelten für die Beschäftigten der Antragstellerin die für die unter den Geltungsbereich des BAT fallenden Angestellten des Bundes jeweils maßgeblichen Tarifvorschriften.

Im Übrigen findet gemäß § 2 des Arbeitsvertrages von Frau K. über die Bezugnahme auf den MTV-KFA jedenfalls der BAT in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung (Anstellungsvertrag Blatt 25 d. A.). Frau K., die seinerzeit noch den Namen M. trug, wurde 1987 bei der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin nach ihrer Ausbildung zunächst als Stenotypistin beschäftigt. Seit dem 01.05.1990 ist sie als Vorzimmerkraft im Sekretariat des Leiters der Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik (MUT) tätig. Seit dem 01.09.1993 war sie in Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 a BAT eingruppiert. Dem lag ein Umgruppierungsantrag ihres Vorgesetzten vom 29.07.1993 (Blatt 27/28 d. A.) zu Grunde, der eine Tätigkeitsbeschreibung enthält, auf die Bezug genommen wird, ebenso ein Umgruppierungsvermerk der Personalabteilung vom 03.09.1993 (Blatt 29/30 d. A.) und eine Umgruppierungsmitteilung vom 16.09.1993 (Blatt 31 d. A.).

Im März 1996 überprüfte der Bundesrechnungshof die Antragstellerin. Auszüge seines Prüfungsvermerkes befinden sich auf Blatt 32 – 36 d. A. Darin stellt der Bundesrechnungshof zum Stichwort „Vorzimmerkräfte” fest:

„Die KFA hat die Vorzimmersekretärinnen in die VergGm. IVb BAT eingruppiert, ohne dass die tarifrechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Die Eingruppierungen der Sekretärinnen und die zugehörigen Stellenausweisungen sind tarifrechtlich unbegründet. Sekretärinnen, die gleichzeitig die Funktion von Vorzimmerkräften wahrnehmen, erbringen keine selbständigen Leistungen im tarifrechtlichen Sinne auf der Grundlage von gründlichen und vielseitigen oder gar umfassenden Fachkenntnissen (vgl. u. a. Böhm/Spiertz, Kommentar zum BAT, Randziffer 13 zu VergGr. VIb BAT, Seite 224, 2. und 5. Spiegelstrich). Aus diesem Grunde haben Bund und Länder übertarifliche Regelungen für diesen Personenkreis geschaffen (BMI – RdSchr. vom 13.09.1973 – D III 1 220 254/2).

So können z. B. beim Bund die ersten Vorzimmerkräfte von Staatssekretären im Regelfall in die VergGr. Vb BAT, die zweiten Vorzimmerkräfte von Ministern in die VergGr. Vc Bat und bei obersten Bundesbehörden wie auch bei Behördenleitern im nachgeordneten Bereich die Vorzimmerkraft eines Angehörigen der Besoldungsgruppe B 8 und höher ebenfalls in die VergGr. Vc BAT eingruppiert werden.”

Weiter ergibt sich aus dem Vermerk des Bundesrechnungshof, dass die Vorzimmerkräfte des Vorstandes der Antragstellerin ausnahmslos in Vergütungsgruppe IV b, während die übrigen 60 Vorzimmerkräfte in den Vergütungsgruppen V b, V c und VI b eingruppiert seien.

Ab 1997 wurden wegen dieses Berichtes des Bundesrechnungshofs von der Antragstellerin neue Tätigkeitsdarstellungen ausgestellt. Die für die Klägerin erstellte befindet sich auf Blatt 37 – 44 d. A. Die einzelnen Tätigkeiten sind dort (Blatt 40 d. A.) wie folgt dargestellt:

Sekretariatsarbeiten

45 %

– Bearbeitung von Postein- und Postausgang

– Annahme von Telefonaten und ggfs. Weiterleitung an den zuständigen Mitarbeiter, Terminkoordination, Annahme u. Bearbeitung von Literaturbestellungen Anfragen, Bearbeitung von Informationsaufgaben

– Vorbereitung und Organisation von Sitzungen u. Veranstaltungen: Zusammenstellung von Vorlagen für diverse Besprechungen, Ausschüsse, Dienstreisen, Artikel aus Büchern, Zeitschriften etc. (häufig auch in englisch)

30 %

– Deutsche und englischsprachige Korrespondenz nach Vorlage/Diktat und eigener Regie;

Schriftverkehr, Anfertigen von Folien für Vorträge, Überarbeitung von wissenschaftlichen Berichten sowie teilweise Korrekturlesen von Textbei...

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