Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrauensarbeitszeit. Auskunftsansprüche des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei der sog. Vertrauensarbeitszeit hat der Betriebsrat grundsätzlich einen Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, um die Einhaltung der Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZeitG und der Ruhepausen nach § 4 ArbZeitG kontrollieren zu können (im Anschluss an BAG, Beschl. v. 6.5.2003 – 1 ABR 13/02, AP Nr. 61 zu § 80 BetrVG 1972).

2. Der Umfang der Auskunft richtet sich nach der Erforderlichkeit der Angaben für die Durchführung der Kontrollaufgaben.

3. Soweit durch die im Betrieb geltende Rahmenregelung zur Vertrauensarbeitszeit die Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeiten und Ruhepausen strukturell gesichert ist, reduziert sich der Umfang des Auskunftsanspruchs.

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 07.12.2009; Aktenzeichen 15 BV 83/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 07.12.2009 – 15 BV 83/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten über die Auskunftsansprüche des antragstellenden Betriebsrats (Beteiligter zu 1.).

Die Antragsgegnerin (Beteiligte zu 2.) ist Entwicklerin und Betreiberin eines Kabelnetzes in NRW. Der Antragsteller ist der Betriebsrat für den Betrieb in Köln (Hauptverwaltung).

Für die bei ihr beschäftigten außertariflichen Angestellten (AT-Angestellte) praktiziert die Antragsgegnerin seit einigen Jahren die sogenannte Vertrauensarbeitszeit und verzichtet darauf, die genauen Arbeitszeiten dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfassen.

Zuletzt mit Schreiben vom 15.08.2008 (Bl. 42 d. A.) verlangte der Antragsteller, ihm monatlichen Angaben zu jedem AT-Angestellten zu liefern zu Beginn der täglichen Arbeitszeit, Ende der täglichen Arbeitszeit und Lage der arbeitstäglichen Pausen.

Mit Schreiben vom 15.09.2008 (Bl. 43 d. A.) teilte die Antragsgegnerin mit, dass die vom Antragsteller gewünschte Dokumentation nicht existiere und verwies auf die vorliegenden Zeiterfassungsbögen der AT-Angestellten.

Mit Schreiben vom 09.04.2009 (Bl. 44 d. A.) forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin nochmals auf, ab sofort entsprechende Informationen vorzulegen. Die Antragsgegnerin beschränkte sich jedoch darauf, Arbeitszeiterfassungsbögen (wie Anlage 1 Bl. 69 d. A.) vorzulegen.

Mit dem seit dem 23.04.2009 anhängigen Beschlussverfahren verfolgte der Antragsteller sein Begehren weiter.

Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, er wolle anhand der begehrten Auskünfte die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nach § 5 Abs. 1 AZG (Ruhezeiten) und § 4 AZG (gesetzliche Ruhepausen) überwachen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie könne den begehrten Auskunftsanspruch aus tatsächlichen Gründen nicht erfüllen. Die AT-Mitarbeiter hätten eine individuell vereinbarte Vertrauensarbeitszeit. Eine Dokumentation existiere nicht. Es sei Sinn und Zweck der Vertrauensarbeitszeit, dass Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und die Lage der Pausen nicht erfasst würden. Dies sei eine unternehmerische Entscheidung, die so auch schon seit Jahren umgesetzt werde.

Durch Beschluss vom 07.12.2009 hat das Arbeitsgericht der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Antragsteller für jeden Monat Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten (sämtliche Arbeitstage des Monats) der AT-Angestellten, die nicht leitende Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sind, sowie die Lage der arbeitstäglichen Pausen der AT-Angestellten zu geben.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegt Beschwerde der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin verweist zur Begründung ihrer Beschwerde darauf, dass die AT-Mitarbeiter einen vorgegebenen zeitlichen Rahmen hätten, in dem sie ihre Arbeitsziele erreichen müssten. Es bestehe weder eine bestimmte Anwesenheitspflicht noch eine Kernarbeitszeit. Die konkrete zeitliche Befassung der Arbeitnehmer mit ihren Arbeitsaufgaben sowie Beginn und Ende der Arbeitszeit würde nicht dokumentiert. Die Antragsgegnerin verzichte jedoch nicht auf eine Kenntnisnahme der tatsächlichen Arbeitszeit der AT-Mitarbeiter. Vielmehr nehme die Antragsgegnerin Kenntnis über die Arbeitszeiterfassungsbögen gemäß § 16 Abs. 2 AZG, die die AT-Mitarbeiter auszufüllen hätten. Die Antragsgegnerin nimmt insoweit Bezug auf die Arbeitszeiterfassungsbögen (Anlage BF 3 a, 3 b – Bl. 274 f. d. A.).

Der Betriebsrat könne nicht Anspruch auf Daten erheben, die der Arbeitgeber selbst nicht erfasse. Auskunft müsse nur über vorhandene Daten und Informationen gegeben werden. Die erstinstanzliche Entscheidung habe die Antragsgegnerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Denn die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts erschöpften sich darin, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 05.06.2003 – 1 ABR 13/02 zu zitieren. Mit den ablehnenden Stimmen im Schrifttum habe sich das Arbeitsgericht nicht auseinandergesetzt und zudem die Besonderheit des vorliegend...

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