Entscheidungsstichwort (Thema)

13. Gehalt. Ablösung einer einzelvertraglichen Regelung durch Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Für Kollisionen zwischen einem Tarifvertrag und einer einzelvertraglichen Regelung gilt das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG. Dies gilt auch dann, wenn ein Haustarifvertrag zeitlich nach bestehenden vertraglichen Abmachungen abgeschlossen wird.

Bestehende einzelvertragliche Arbeitsbedingungen können auch nicht unter Bezugnahme auf das Ordnungsprinzip nachträglich durch ungünstigere Tarifverträge verdrängt werden.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Entscheidung vom 01.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 268/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.07.2001; Aktenzeichen 10 AZR 390/00)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 01.07.1999 – 3 Ca 268/99 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des der Klägerin zustehenden 13. Monatseinkommens.

Die am 14.08.1957 geborene Klägerin ist verheiratet und hat ein unterhaltspflichtiges Kind. Seit dem 23.01.1990 ist sie bei dem beklagten Verein als pädagogische Mitarbeiterin aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 25.03.1993 (Bl. 81 ff. d. A.) in der Betriebsstätte B….. O………………. beschäftigt.

Unter Ziff. 9. des Arbeitsvertrages vom 25.03.1993 hatten die Parteien folgendes vereinbart:

9.13. Gehalt

Der Arbeitnehmer erhält ein 13. Gehalt im Dezember, das 100 % des Dezembergehaltes beträgt, sofern das Arbeitsverhältnis am 31.12. des laufenden Jahres besteht.

Ist das Arbeitsverhältnis erst im Laufe des Jahres begründet worden, so erhält der Arbeitnehmer für jeden Kalendertag der Beschäftigung 1/360 des Dezembergehaltes.

Wird das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer insoweit gekündigt, das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des darauf folgenden Jahres zu beenden, ist das 13. Gehalt in voller Höhe zurückzuzahlen.

Zwischen dem beklagten Verein und der Gewerkschaft ÖTV, deren Mitglied die Klägerin ist, wurde unter dem 13.05.1998 unter anderem ein Tarifvertrag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ESTA-Bildungswerkes e. V., der als Haustarifvertrag (Bl. 21 ff. d. A.) zum 01.06.1998 in Kraft getreten ist, sowie ein Tarifvertrag über die Zahlung einer jährlichen Zuwendung (Bl. 43 f. d. A.), ebenfalls am 01.06.1998 in Kraft getreten, abgeschlossen.

In § 38 des Haustarifvertrages vom 13.05.1998 wurde eine Überleitungs- und Besitzstandsregelung getroffen, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird.

Nach § 2 des Tarifvertrages über die Zahlung einer jährlichen Zuwendung vom 13.05.1998 beträgt die Zuwendung 93,78 % des nach der jeweiligen Entgeltordnung dem einzelnen Arbeitnehmer zustehenden, auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit errechneten Monatstabellenentgeltes. Sie vermindert sich um 1/12 für jeden Kalendermonat, in dem kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt bestanden hat.

Für das Jahr 1998 zahlte die Beklagte an die Klägerin eine Zuwendung nach § 2 des Zuwendungstarifvertrages vom 13.05.1998 in Höhe von 93,78 % des auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit errechneten Monatstabellenentgeltes.

Mit Schreiben vom 21.01.1999 (Bl. 4 d. A.) machte die Klägerin die Differenz zu einem vollen 13. Monatsgehalt, berechnet nach Ziff. 9. des Arbeitsvertrages vom 25.03.1993 auf der Grundlage von 100 % des Dezembergehaltes, geltend. Der Differenzbetrag beträgt unstreitig 777,76 DM brutto.

Mit Schreiben vom 29.01.1999 (Bl. 3 d. A.) lehnte die Beklagte die Zahlung des Differenzbetrages unter Hinweis auf den bestehenden Haustarifvertrag ab.

Die Klägerin erhob daraufhin am 11.02.1999 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe nach Ziff. 9. des Arbeitsvertrages vom 25.03.1993 ein Anspruch auf Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalts in Höhe von 100 % des Dezembergehaltes zu. Diese Regelung sei weder durch den Zuwendungstarifvertrag vom 13.05.1998 noch durch den Haustarifvertrag vom 13.05.1998 wirksam abgelöst worden. § 38 des Haustarifvertrages stehe dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen, da er lediglich Überleitungs- und Besitzstandsregelungen hinsichtlich des monatlichen Entgeltes und der Eingruppierung enthalte. Im übrigen gelte nach § 4 Abs. 3 TVG das Günstigkeitsprinzip. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthalte eine günstigere Regelung als die Bestimmungen des Zuwendungstarifvertrages vom 13.05.1998.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 777,76 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag ab dem 23.02.1999 zu zahlen.

Der beklagte Verein hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass mit der Regelung des § 38 des Haustarifvertrages vom 13.05.1998 eine abschließende Regelung für die Überleitung der Einzelarbeitsverträge auf den Tarifvertrag vorgenommen worden sei. Von der Besitzstandsregelung in § 38 des Haustarifvertrages sei jedoch das 13. Monatsgehalt nicht erfasst worden. In dem eb...

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