Leitsatz (amtlich)

„Zumindest dann, wenn sich Parteien darüber streiten, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, ist auch für Zusammenhangsklagen nach § 2 Abs. 3 ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, ohne dass zu prüfen ist, ob das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.”

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 15.12.1999; Aktenzeichen 6 Ca 396/99)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Dezember 1999 (6 Ca 396/99) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten.

Die 63jährige Klägerin ist als Leiterin von Verkaufsstellen tätig gewesen, in der vor Allem Produkte der Beklagten verkauft wurden.

Mieterin der Verkaufsstelle, in der die Klägerin für die Beklagte arbeitete, war die Beklagte, die die Verkaufsstelle mit dem erforderlichen Inventar einschließlich Telefon ausgestattet hatte. Die Beklagte trug die Kosten der Wartung der Geräte sowie von Strom und Wasser. Zwischen der Beklagten und der Klägerin waren Pachtverträge über die Verkaufsstelle geschlossen worden.

Die Öffnungszeiten der Verkaufsstelle ergaben sich aus Vorgaben der Beklagten. Die übliche Öffnungszeit war von 6.00 Uhr bis 19.00 Uhr, teilweise auch bis 20.00 Uhr, sonnabends bis 16.00 Uhr.

Die zu verkaufenden Backwaren waren ausschließlich von der Beklagten zu beziehen. Neben den Backwaren bot die Klägerin Kaffee und andere Getränke zum Verkauf an. Für Artikel, die sie neben Backwaren anbieten wollte, musste sich die Klägerin die Zustimmung der Beklagten erteilen lassen. Die Beklagte erhielt auf den Verkauf dieser Artikel durch die Klägerin eine Provision von 20 bis 25 %.

Die Klägerin hatte der Beklagten täglich eine Abrechnung über Einnahmen, Umsatz und Retouren vorzulegen.

Die Klägerin durfte aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrages den Geschäftsbetrieb nicht veräußern oder einer dritten Person zur Nutzung überlassen.

Die Klägerin beschäftigte ihrerseits eine Verkaufskraft.

In der von der Klägerin seit dem 15. April 1989 geleiteten Verkaufsstelle, über die sie mit der Beklagten am 27. Februar 1989 einen Pachtvertrag geschlossen hatte, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30. November 1999 (Bl. 65 ff d.A.) verwiesen wird, kam es zu Verlusten, die zuletzt mehr als DM 60.000,00 betrugen. Der Pachtvertrag vom 27. Februar 1989 wurde ersetzt und ergänzt durch Vereinbarungen vom 4. und 26. Januar 1999, wegen deren Einzelheiten auf die Anlagen B 2 und B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30. November 1999 (Bl. 78 ff d.A.) verwiesen wird. Am 31. Juli 1999 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag über den für diese Verkaufsstelle bestehenden Pachtvertrag. Am 1. August übernahm die Klägerin eine andere Verkaufsstelle, über die die Parteien am 14. Juli 1999 einen Pachtvertrag geschlossen hatten. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die Anlage K 5 zum Schriftsatz der Klägerin vom 20. Oktober 1999 (Bl. 44 ff d.A.) verwiesen.

Nachdem die Beklagte die Klägerin beschuldigte hatte, einen Betrag von DM 4,60 nicht boniert zu haben, schlossen die Parteien am 20. August 1999 eine Aufhebungsvereinbarung, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K 2 zur Klagschrift (Bl. 9 f d.A.) verwiesen wird. Mit Schreiben vom 24. August 1999 fochten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Aufhebungsvertrag an.

Ferner kündigte die Beklagte mit einem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27. August 1999, der Klägerin zugegangen am 2. September 1999, vorsorglich den zwischen den Parteien bestehenden Vertrag.

Im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig. Es ist ein Betriebsrat gebildet worden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie nach der tatsächlichen Handhabung der vertraglichen Regelungen Arbeitnehmerin der Beklagten und nicht Unternehmerin gewesen sei. Unter dem Deckmantel eines Franchise-Systems würden die Filialleiterinnen so geknebelt, dass sie keine Freiräume für unternehmerische Aktivitäten besäßen, sondern als Verkaufskräfte in den Betrieb der Beklagten eingebunden seien. Verkaufskräfte könnten nur in geringem Umfang beschäftigt werden, weil die Provisionen der Beklagten unzulänglich seien. Die Verkaufspreise würden von der Beklagten vorgegeben.

Aus den vertraglichen Regelungen ergebe sich ein striktes Weisungsrecht der Beklagten. Die Klägerin sei von der Beklagten durch ein Spitzelsystem überwacht worden. Detektive wären als Testkäufer aufgetreten, um zu klären, ob die vereinnahmten Beträge verbucht und nicht ohne Zustimmung der Beklagten weitere Produkte verkauft worden seien.

Die Klägerin hat angekündigt, zu beantragen,

1) festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag vom 20. August 1999 unwirksam ist und nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geführt hat;

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