Entscheidungsstichwort (Thema)

Besetzung einer Einigungsstelle zu psychischen Gefährdungsbeurteilungen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Einigungsstelle zu psychischen Gefährdungsbeurteilungen kann wegen der Erforderlichkeit sowohl juristischen als auch fachlichen arbeitspsychologischen Sachverstands eine Festlegung der Beisitzerzahl auf drei geboten sein. (Anschluss an LAG Düsseldorf 7. April 2020 - 3 TaBV 1/20 - und LAG Köln 20. Oktober 2017 - 9 TaBV 69/17 -)

 

Normenkette

ArbGG § 100 Abs. 2; BetrVG § 76 Abs. 2; ZPO § 308 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Entscheidung vom 14.07.2020; Aktenzeichen 6 BV 2/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 14.07.2020 (6 BV 2/20) abgeändert.

Die Zahl der Beisitzer der von der Arbeitgeberin angerufenen Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen" wird für den Betriebsrat und für die Arbeitgeberin auf jeweils drei festgelegt.

 

Gründe

A

Die Beteiligten streiten über die Zahl der in eine Einigungsstelle zu bestellenden Beisitzer.

Die Beteiligte zu 2 (nachfolgend: Arbeitgeberin) ist eine Krankenhausgesellschaft der K. S. GmbH (K.). Sie betreibt Krankenhäuser in C. und N..

Der Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Betriebsrat) ist der im Betrieb des Krankenhauses C. gebildete Betriebsrat.

Die Beteiligten führten Verhandlungen zum Zwecke des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung psychischer Gefährdungsbeurteilungen. Im Rahmen der Verhandlungen war insbesondere streitig, mit welcher methodischen Vorgehensweise die Gefährdungsfaktoren ermittelt werden sollen. Die Arbeitgeberin favorisiert eine Realisierung der Gefährdungsbeurteilungen mit der Fa. F., die auch im anderen Betrieb der Arbeitgeberin und in anderen Betrieben der anderen Unternehmen der K. tätig ist oder nach Wunsch der K. tätig werden soll. Der Betriebsrat befürwortet dagegen eine Beauftragung des Instituts G..

Die Arbeitgeberin erklärte die Verhandlungen für gescheitert. Sie rief die Einigungsstelle an. Die Beteiligten einigten sich darauf, dass Herr Dr. C. L. den Vorsitz der Einigungsstelle übernehmen solle.

Über die Beisitzer tauschten sich die Beteiligten wie folgt aus.

Mit E-Mail vom 9. Juni 2020 schrieb die stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin Personal Frau S. an die Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats: "... Pro Seite hatten Sie 4 Beisitzer vorgeschlagen. Dies ist für uns akzeptabel, solange drei Beisitzer innerbetrieblich sind...".

Hierauf antwortete die Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats mit E-Mail vom 26. Juni 2020, dass der Betriebsrat beschlossen habe, zwei der vier Beisitzerpositionen mit externen Beisitzern besetzen zu wollen, nämlich mit der Prozessbevollmächtigten, Frau Rechtsanwältin M., und mit Herrn Dr. G. des Instituts G..

Hierauf erwiderte wiederum Frau S., dass die Arbeitgeberin mit zwei externen Beisitzern auf Betriebsratsseite und insbesondere mit Herrn Dr. G. als Beisitzer nicht einverstanden sei und einem zweiten externen Beisitzer aus Kostengründen ablehne. Man werde sich deshalb "zunächst über die Besetzung der Einigungsstelle auseinandersetzen müssen".

Der Betriebsrat meinte erstinstanzlich, die Einigungsstelle sei mit vier Beisitzer je Seite zu besetzen. Hierzu hätte die Arbeitgeberin mit E-Mail vom 9. Juni 2020 bereits ihr Einverständnis erteilt. Der Arbeitgeberin stehe nicht zu, auf die Personen der vom Betriebsrat zu bestellenden Beisitzer Einfluss zu nehmen.

Die Bestellung von vier Beisitzern je Seite sei wegen der Komplexität des Regelungsgegenstands "psychische Gefährdungsbeurteilung" in Abweichung von der "Regelbesetzung" auch geboten. Erforderlich sei, dass sowohl externer juristischer Sachverstand als auch externer fachlicher arbeitspsychologischer Sachverstand in der Einigungsstelle vorhanden seien, neben einer Kenntnis der betrieblichen Gegebenheiten, die von internen Beisitzern eingebracht werden könnte. Auch die von der Arbeitgeberin mitgeteilten vorgesehenen Beisitzer Herr O. und Frau S. würden juristischen Sachverstand und Frau D.-C. als Gesundheitsmanagerin und Herr W. als Leiter des Sicherheitsmanagements fachlichen Sachverstand mit einbringen. Die externen Bestellungen auf Betriebsratsseite seien daher zur Herstellung einer Waffengleichheit erforderlich.

Der Betriebsrat beantragte:

Die Zahl der Beisitzer der von der Arbeitgeberin angerufenen Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung von psychischen Gefährdungsbeurteilungen" wird für den Betriebsrat und für die Arbeitgeberin auf jeweils vier festgelegt.

Die Arbeitgeberin beantragte,

die Anzahl der Beisitzer für die Einigungsstelle auf zwei je Seite festzulegen.

Die Arbeitgeberin trug vor, sie sei mit einer Bestellung von vier Beisitzern je Seite nur unter der Bedingung einverstanden gewesen, wenn nur ein externer Beisitzer bestellt werde und drei interne Beisitzer ohne Honoraranspruch bestellt würden. Hieran...

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