Kommt es zu einem Streik, treten bei der Durchführung des Streiks eine ganze Reihe rechtlicher Probleme auf, die in den folgenden Unterpunkten im Einzelnen dargestellt sind.

3.4.1 Streikposten

Regelmäßig werden Streikposten vor dem Betrieb aufgestellt. Das Aufstellen dieser Streikposten ist rechtmäßig. Diese dürfen nicht streikenden Arbeitnehmern deutlich machen, dass ihr Verhalten von den Streikenden als unsolidarisch empfunden wird und ihr Verhalten die Arbeitgeberseite stärkt.

Den Streikposten dürfen die nicht streikenden Arbeitnehmer jedoch nicht beschimpfen oder gar am Betreten des Geländes behindern. Ebenso wäre es unzulässig, jemanden am Verlassen des Betriebsgeländes zu hindern. Arbeitnehmer haben gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch, dass dieser ihnen Zugang zum blockierten Betrieb verschafft, sie können damit nach der Arbeitskampfrisikolehre ihren Vergütungsanspruch verlieren.[1] Menschenmauern, Streikbrechergassen schikanöser Art, Kontrollen zur Personenfeststellung, Visitationen zur Feststellung mitgeführter Sachen und ähnliche Kampfmaßnahmen, die vor einem Betrieb durchgeführt werden, sind nicht durch Art. 9 GG gedeckt.[2] Arbeitgeber sollten in diesen Fällen sofort die örtliche Streikleitung bzw. den Arbeitgeberverband benachrichtigen.

Wird ein Arbeitnehmer, der als Streikposten eingesetzt ist, versehentlich von einem anderen arbeitswilligen Arbeitnehmer mit dem PKW angefahren, so handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall. Das Streikpostenstehen ist eine so genannte eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die allein dem Interesse des Arbeitnehmers und nicht dem Unternehmen dient. Damit kann der geschädigte Arbeitnehmer einen Schadens- und Schmerzensgeldanspruch gegenüber seinem Arbeitskollegen geltend machen. § 105 Abs. 1 SGB VII, der im Falle eines Arbeitsunfalls einen solchen Anspruch versagt, findet in diesen Fällen keine Anwendung.[3]

3.4.2 Absperrungen

Werden Fahrzeuge vor einer Arbeits- oder Betriebsstätte abgestellt, die die Zufahrt bzw. den Zugang unmöglich machen, so liegt eine verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) seitens der Streikenden vor, derer sich die Arbeitgeber mit Gewalt erwehren können. Derartig abgestellte Fahrzeuge sollten daher weggeschoben oder abgeschleppt werden. Ist der Zugang mit Ketten oder Schlössern verwehrt, sollten diese vom Arbeitgeber gewaltsam entfernt werden (siehe unter "Blockade und Betriebsbesetzung").

Bei derartigem Fehlverhalten der Streikposten sollte zudem unverzüglich die Streikleitung und ggf. die Polizei eingeschaltet werden.

3.4.3 Ersatzkräfte

Der Arbeitgeber kann freiwillige Ersatzkräfte einstellen, um die wirtschaftlichen Folgen eines Streik zu mindern, er darf auch durch Streik ausgefallene Arbeiten an Dritte vergeben.[1]

Wenn ein Arbeitgeber während eines Streiks für die nicht streikenden Arbeitnehmer Überstunden, Schichtverschiebungen und kurzfristige Versetzungen anordnet, so hat er dies dem Betriebsrat im Voraus unter Namensnennung mitzuteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG müssen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zurücktreten, wenn sie geeignet sind, die Arbeitskampffreiheit des Arbeitsgebers einzuschränken, so dass arbeitskampfbedingte Einstellungen, Versetzungen und Änderungen der Arbeitszeit während eines Arbeitskampfs nicht der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen. Die Abwehrmaßnahmen des Arbeitgebers werden jedoch durch die bloße Unterrichtung des Betriebsrats nicht nennenswert beeinträchtigt. Zudem ist eine Unterrichtung notwendig, damit der Betriebsrat erkennen kann, ob etwa die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden oder die Maßnahme nicht doch der Mitbestimmung unterliegt, weil sie nicht arbeitskampfbedingt ist.[2]

[2] BAG, Beschl. v. 10.12.2002 – 1 ABR 7/02,

NZA 2004, 223; zu Recht kritisch: Hermann Reichold, Der Betriebsrat – Ein "Trojanisches Pferd" im Arbeitskampf, NZA 2004, 247.

3.4.4 Betriebsversammlungen

Auch in bestreikten Betrieben können Betriebsversammlungen stattfinden, dabei behalten die teilnehmenden Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie sich ansonsten am Streik beteiligen.[1]

3.4.5 Streikbruchprämie

Einige Arbeitgeber gewähren nach einem Arbeitskampf den Arbeitnehmern, die nicht gestreikt haben, eine Streikbruchprämie. In diesem Fall haben auch am Streik beteiligte Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Verbindung mit Maßregelungsverboten Anspruch auf eine Zahlung in derselben Höhe.[1]

 
Praxis-Tipp

Als zulässig wurde jedoch die Zahlung einer Prämie an Nichtstreikende angesehen, wenn die während des Streiks arbeitenden Arbeitnehmer Belastungen ausgesetzt waren, die erheblich über das normale Maß hinausgingen, das mit jeder Streikarbeit verbunden ist. Es reicht als Begründung nicht aus, dass Arbeitnehmer auf Grund des Streiks die Arbeit von anderen Arbeitnehmern erledigen mussten.[2]

Gewährt ein Arbeitgeber nach Abschluss des ...

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