Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht auf Erneuerung einer Arbeitserlaubnis. Fortsetzung der Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

1.

Artikel 6 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei ist dahin auszulegen, daß er einem türkischen Staatsangehörigen, der Absolvent einer Hochschule ist und aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung für zwei Jahre und entsprechender Arbeitserlaubnisse, die ihm zur Vertiefung seiner Kenntnisse im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit oder eines fachbezogenen Praktikums erteilt worden sind, länger als ein Jahr bei einem Arbeitgeber und anschließend etwa zehn Monate lang bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist, kein Recht auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei seinem ersten Arbeitgeber verleiht.

2.

Die genannte Bestimmung soll nämlich nur die Fortsetzung einer Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber gewährleisten und ist daher nur anwendbar, soweit der türkische Arbeitnehmer die Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber über die ursprüngliche Dauer ordnungsgemäßer Beschäftigung von einem Jahr hinaus beantragt. Würde die Anwendung dieser Bestimmung auf den Fall ausgedehnt, daß ein türkischer Arbeitnehmer nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung den Arbeitgeber gewechselt hat und Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis beantragt, um wieder in dem Betrieb seines ersten Arbeitgebers zu arbeiten, könnte dieser Arbeitnehmer aufgrund dieser Bestimmung vor Ablauf der im zweiten Gedankenstrich vorgeschriebenen drei Jahre den Arbeitgeber wechseln, und die Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten verlören den Vorrang, den ihnen der zweite Gedankenstrich für den Fall gegenüber dem türkischen Arbeitnehmer einräumt, daß dieser seinen Arbeitgeber wechselt.

3.

Ein türkischer Staatsangehöriger, der die tatbestandlichen Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei erfüllt und der sich demzufolge in dem betreffenden Mitgliedstaat auf jedes Stellenangebot bewerben kann, kann sich aufgrund dessen auch auf diese Vorschrift berufen, um eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken.

4.

Artikel 7 Absatz 2 verleiht nämlich seinem Wortlaut nach klar, eindeutig und ohne daß dies an Bedingungen geknüpft wäre, d.h. mit unmittelbarer Wirkung, den Kindern türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, das Recht, sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot zu bewerben, sofern ein Elternteil dort seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war. Ebenso wie das Recht auf Aufnahme und Ausübung jeder Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ohne Aufenthaltsrecht nicht denkbar ist, beinhaltet das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, zwangsläufig die Anerkennung eines Aufenthaltsrechts des Bewerbers.

 

Normenkette

EWGAssRBes 1/80 Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 2

 

Beteiligte

Hayriye Eroglu

Land Baden-Württemberg

 

Verfahrensgang

VG Karlsruhe (Entscheidung vom 26.05.1993; Aktenzeichen 10 K 1347/93)

 

Fundstellen

EuGHE I 1994, 5113

NVwZ 1995, 53

DVBl 1994, 1402

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