Ausschreibungserfordernis

Nach allgemeinem Arbeitsrecht ist es nicht erforderlich, freie Stellen auszuschreiben und sie damit zur Wahrung der Chancengleichheit oder aus anderen Gründen jedermann zugänglich zu machen. Vorbehaltlich der Mitwirkungsrechte des Personal- bzw. Betriebsrates ist es daher Angelegenheit des Arbeitgebers, ob er vor einer Einstellung eine freie Stelle auf dem Stellenmarkt anbietet.

Der Betriebsrat kann jedoch verlangen, dass Arbeitsplätze allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten innerhalb des Betriebes vor ihrer Besetzung ausgeschrieben werden (§ 93 BetrVG). Diese Berechtigung des Betriebsrats bezieht sich allerdings nur auf die generelle Befugnis, entsprechende innerbetriebliche Ausschreibungen für alle betrieblichen Arbeitnehmer oder zumindest Betriebsabteilungen zu fordern. Demgegenüber hat der Betriebsrat keinen Anspruch darauf, dass nur aus Anlass der Ausschreibung einer bestimmten Stelle im Einzelfall eine innerbetriebliche Ausschreibung erfolgt. Es empfiehlt sich im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeitzwischen Arbeitgeber und Betriebsrat für die Frage der innerbetrieblichen Stellenausschreibung eine Betriebsvereinbarung zu schließen, um die Handhabung der innerbetrieblichen Stellenausschreibung und deren allgemeine Grundsätze verbindlich festzulegen.

Wird die Stelle intern wie extern ausgeschrieben, ergibt sich aus dem Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung kein Anspruch darauf, dass die Stelle dann auch tatsächlich einem Betriebsmitarbeiter zugewiesen wird. Vielmehr ist der Arbeitgeber insoweit in seiner Entscheidungsfindung frei. Allerdings kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung mit der Argumentation verweigern, die Stelle sei trotz entsprechenden Verlangens seitens des Betriebsrats oder einer entsprechenden Betriebsvereinbarung nicht innerbetrieblich ausgeschrieben worden (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG).

Keine Beteiligungsrechte bestehen im Rahmen der Stellenausschreibung für leitende Angestellte, da für diese Arbeitnehmergruppe der Betriebsrat nicht zuständig ist. Insoweit besteht auch keine Beteiligungsmöglichkeit durch die Sprecherausschüsse, da die Rechte der Sprecherausschüsse im Sprecherausschussgesetz abschließend festgelegt sind.

Dem Personalrat steht ein derartiges Recht dann zu, wenn das entsprechende Personalvertretungsgesetz dies vorsieht (z.B. § 75 Abs. 3 Nr.14 BPersVG). Soweit das Personalvertretungsgesetz auch ein Initiativrecht vorsieht (wie z.B. § 70 Abs. 1 BPersVG), hat das Mitbestimmungsrecht den gleichen Inhalt wie § 93 BetrVG: Die Personalvertretung kann also verlangen, dass Dienstposten vor ihrer Besetzung in der Dienststelle ausgeschrieben werden. Eine Ausnahme besteht lediglich für die in § 36 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzesbezeichneten Beamten und für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A16 an aufwärts (§ 77 Abs. 1 BPersVG).

Für den Öffentlichen Dienst könnte sich ein Ausschreibungserfordernis unmittelbar aus dem Grundgesetz (GG) ergeben. Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet jedem deutschen Staatsangehörigen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Vorschrift betrifft den gesamten Öffentlichen Dienst, damit auch die Einstellung und Beförderung von Arbeitern und Angestellten. Diese Norm ist nicht nur ein unverbindlicher Programmsatz, vielmehr ergeben sich aus ihr für den einzelnen Bewerber unmittelbar Rechte.[1] Der Anspruch auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt impliziert zugleich aber auch die Notwendigkeit einer Ausschreibung, da erst hierdurch der potentielle Bewerber die Kenntnis von der freien Stelle erhält, wodurch die Bewerbung faktisch erst ermöglicht wird. Der Verzicht auf Ausschreibung führt daher im Bereich des Öffentlichen Dienstes (Bund, Land, Gemeinden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts) u. U. zur Verletzung seines Anspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG. Allerdings dürfte dieser Anspruch nur dannbedeutsam werden, wenn nachgewiesen wird, dass die anderweitige Besetzung rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft war, weil der Zugang zu dem öffentlichen Amt mangels Ausschreibung unmöglich war. Dies dürfte allenfalls bei internen Bewerbern praktisch werden.

 
Praxis-Tipp

Im Bereich des Öffentlichen Dienstes (Bund, Land, Gemeinden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts) sollte einer Auswahlentscheidung eine zumindest interne Ausschreibung vorausgehen. Auf eine Ausschreibung kann allerdings verzichtet werden, wenn vorrangige Gründe der Personalplanung oder des Personaleinsatzes (z.B. Abbau von überplanmäßigem Personal/Stellen) der Ausschreibung entgegenstehen würden.

Auch soweit eine Stellenausschreibung zu erfolgen hat, ist die Dienststelle bzw. der Betrieb nicht verpflichtet, die Stelle mit einem bestimmten Beschäftigten, der sich auf die Ausschreibung gemeldet hat, zu besetzen oder ihm einen Vorrang einzuräumen. Eine Ausnahme kommt lediglich bei Bestehen einer Auswahlrichtlinie in Betracht, ...

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