Im Berufsalltag ergeben sich regelmäßig Situationen, in denen aus personalwirtschaftlichen/organisatorischen (sachlichen) Gründen Mitarbeitern vorübergehend (§ 24 Abs.1 BAT) oder vertretungsweise (§ 24 Abs.2 BAT) für einen überschaubaren Zeitraum eine Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als der vorliegenden Vergütungsgruppe entspricht. In diesen Fällen greift nicht der Grundsatz der Tarifautomatik. Jedoch hat der Angestellte im Gegensatz zum Beamten bei der vorübergehenden oder vertretungsweisenWahrnehmung höherwertiger Aufgaben nach Ablauf festgelegter Fristen Anspruch auf Zahlung einer persönlichen Zulage.

§ 24 BAT sieht grundsätzlich für die vorübergehende, aus sachlichen Gründen notwendige Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit keine zeitliche Begrenzung vor.

 
Wichtig

Die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit beinhaltet eine zeitliche Begrenzung und damit eine Befristung. Nach bisheriger Rspr. des BAG erfolgte eine Rechtsmissbrauchskontrolle.[1] Die nur vorübergehend erfolgende Übertragung bedurfte einer sachlichen Rechtfertigung. Die sachliche Rechtfertigung bestimmte sich danach, ob eine freie Stelle auf Dauer zu besetzen war und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers einer sofortigen Übertragung der Tätigkeit auf Dauer nicht entgegenstanden.[2]

Diese strengen Anforderungen hat nunmehr das BAG gelockert. Der Arbeitgeber muss nunmehr billiges Ermessen entsprechend § 315 BGB walten lassen. Hierzu muss er vor allem das Interesse des Arbeitnehmers, die höherwertige Tätigkeit auf Dauer zu erhalten, und das Interesse des Arbeitgebers, die Tätigkeit nicht auf Dauer zu übertragen, gegeneinander abwägen.[3]

Beachten Sie, dass auch billiges Ermessen bei Willkür nicht gegeben ist. Ein sachlicher Grund für die zeitliche Begrenzung der Tätigkeitsübertragung ist nach wie vor erforderlich. Dies ist z.B. gegeben, wenn der Arbeitsplatz für einen vorübergehend abwesenden oder besser qualifizierten Arbeitnehmer, der alsbald zur Verfügung steht, freigehalten werden soll, oder weil zunächst noch eine Ausschreibung vorgenommen werden soll oder der Arbeitnehmer noch nicht ausreichend qualifiziert ist. Die Gestaltungsmöglichkeiten des § 24 BAT stellen eine Ausnahmeregelung dar, die nicht rechtsmissbräuchlich zur Umgehung einer tarifgemäßen Vergütungbenutzt werden dürfen.

Entspricht die vorübergehende Übertragung nicht billigem Ermessen, ist die Tätigkeit auf Dauer übertragen.[4]

Wird eine etwaig notwendige Beteiligung der Personalvertretung nicht beachtet, führt dies nicht dazu, dass ein zuvor materiell-rechtlich nicht bestehender individualrechtlicher Anspruch auf dauerhafte Übertragung der höherwertigen Tätigkeit neu begründet wird.[5]

In der Praxis gibt es oftmals Probleme, ob ein Angestellter die Tätigkeit vorübergehend (§ 24 Abs. 1) oder vertretungsweise (§ 24 Abs. 2) auszuüben hat. Dieses Problem hat das BAG[6] wie folgt entschieden:

"Ein Fall der Vertretung liegt vor, wenn der Inhaber einer Stelle die ihm übertragene Tätigkeit vorübergehend nicht wahrnehmen kann, z.B. wenn er durch Krankheit, Urlaub, Abordnung oder ähnliche Gründe an der Dienstleistung verhindert ist. All diesen Fällen ist gemeinsam, dass der Arbeitgeber über den Arbeitsplatz des Vertretenen nicht frei verfügen kann. Von einer Vertretung kann dann nicht gesprochen werden, wenn der Inhaber eines Arbeitsplatzes aus der Dienststelle endgültig ausgeschieden und in Folge dessen niemand vorhanden ist, für den ein anderer als Vertreter tätig werden könnte. Überträgt in einem solchen Fall der Arbeitgeber die Aufgaben des frei gewordenen Dienstpostens einem Angestellten vorübergehend, z.B. bis zur endgültigen Wiederbesetzung aufgrund einer Ausschreibung, so wird der Beauftragte nicht vertretungsweise, sondern vorübergehend tätig."

 
Praxis-Beispiel

Die Angestellte C ist bei der Stadt D seit mehreren Jahren beschäftigt. Zum 15.02.00 wurde sie im gegenseitigen Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber zum Innenministerium des Freistaates Sachsen nach Dresden abgeordnet. Zu diesem Zeitpunkt war sie in Vergütungsgruppe III, Fallgruppe 1b der Vergütungsordnung VkA eingruppiert. Nachdem die Abordnung lediglich vom 15. Februar bis 31. Mai 00 erfolgen soll, wird kein neuer Mitarbeiter eingestellt, sondern der Angestellte G mit den Aufgaben der Angestellten C betraut. Der Angestellte G ist in Vergütungsgruppe Vb eingruppiert.

In diesem Fall handelt es sich unter Berücksichtigung der Entscheidung des BAG um den Fall einer vertretungsweisen Ausübung einer Tätigkeit, da der Angestellte G die Tätigkeit der Angestellten C während ihrer Verhinderung wahrnimmt. Da die Vertretungstätigkeit länger als 3 Monate andauert, erhält G für den letzten Kalendermonat – hier also den Mai – eine persönliche Zulage gemäß § 24 Abs.2 BAT.

Gehört die Vertretung zur ständigen Aufgabe des Angestellten – was sich z.B. aus der Geschäftsverteilung/der Arbeitsplatzbeschreibung ergibt – besteht kein Anspruch auf eine Zulage nach § 24 Abs.2 BAT. Die Vertretu...

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